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Nebenverdienst macht Betrieb fast klimaneutral

Michael Götz |

 

Mit einer Photovoltaikanlage lässt sich nicht nur Geld verdienen, sondern auch ein Beitrag zur Klimaneutralität eines Landwirtschaftsbetriebes leisten. So wie beispielsweise bei der Familie Obrecht in Paspels GR.

 

Im Jahre 2018 wurde die Kostendeckende Einspeisevergütung KEV durch Einmalvergütungen abgelöst und ab 2023 treten neue Tarife und Fördermassnahmen der Energieförderungsverordnung für Photovoltaik- oder PV-Anlagen in Kraft. Familie Obrecht in Paspels im Domleschg GR erzählt von ihren Erfahrungen, die sie mit ihren PV-Anlagen und den bisherigen Förderungen gemacht hat.

 

Bereits früh eingestiegen

 

Die PV-Anlage auf dem Hof Sins zählt zu den ersten, die von der kostendeckenden Einspeisevergütung profitierten. Im Jahre 2002 liessen sich Andreas und sein Bruder Christian Obrecht von der Idee inspirieren, auf dem nach Süden ausgerichteten Stalldach und auf dem Flachdach einer kleinen Remise eine Indach-PV-Anlage zu installieren. Eine solche Anlage wäre mit wenig täglicher Arbeitszeit verbunden und würde ein Einkommen neben der landwirtschaftlichen Tätigkeit generieren.

 

 

«Es hätte sich damals aber noch nicht rentiert», sagt der Landwirt rückblickend. Im Jahre 2007, als das Elektrizitätswerk Zürich EWZ Strom aus privaten PV-Anlagen nachfragte und die staatliche Förderungen ins Gespräch kamen, machten die beiden Brüder eine Baueingabe. Als im Jahre 2009 die Kostendeckende Einspeisevergütung KEV eingeführt wurde, verfügten sie schon über eine Baubewilligung und gehörten zu den ersten Antragstellern, denen die KEV zugesprochen wurden.

 

Hoher Einstiegspreis dank KEV

 

In den Jahren 2010 und 2013 erstellte Andreas Obrecht auf seinem eigenen Hof in Grava auf der dortigen Remise und dem Stall zwei weitere PV-Anlagen als Aufdach. Die erste Anlage in Sins kostete ca. 8'000.- Fr./kWp. Heute käme die Anlage bedeutend günstiger. Man rechne mit 2'000.- Fr/kWp, sagt Andreas Obrecht. Dank der KEV erhalten sie für die ersten Investitionen während 25 Jahren einen Strompreis von 76 Rappen, 66 Rappen als Grundtarif und weitere 10 Rappen als Zuschlag für eine Indach-Anlage.

 

Christian und Andreas Obrecht vor dem Stall
Michael Götz

 

Der Maschinenring Thurgau, heute die MBRsolar AG, plante und montierte die Anlage. Wie berechnet führte die Investition zu einer jährlichen Rendite des Kapitals von 8 % und war nach 12 Jahren amortisiert. Somit ist die Anlage seit zwei Jahren in der Gewinnzone. Inzwischen hat Christian Obrecht iunior den Betrieb Sins übernommen. Die beiden Betriebe Sins und Grava bilden eine ÖLN-Gemeinschaft. Zusammen kommen sie auf eine Leistung ihrer Anlagen von 190 kWp und produzieren im Durchschnitt 220'000 kWh Strom je Jahr. Der Strompreis im Durchschnitt aller drei Anlagen liegt bei 50 Rappen/kWh.

 

Freier Markt: Risiken und Chancen

 

«Mit dem Strompreis ist es wie mit dem Benzinpreis an der Tankstelle», sagt Obrecht. Er ist je nach Nachfrage und Angebot starken Schwankungen unterworfen. Die lange Vertragsdauer der KEV, die inzwischen von einer Einmalvergütung abgelöst ist, macht Obrechts für 25 Jahre unabhängig von den Schwankungen des Strompreises. Ab 2034 ist auch ihr Strom dem freien Markt ausgesetzt.

 

Es gibt, wie Andreas Obrecht ausführt, Betriebe, die nur 11 Rappen/kWp als KEV erhalten, da sie zu einem späteren Zeitpunkt eingestiegen, als nur noch eine geringe KEV bezahlt wurde. Dieser Betrag liegt unter dem aktuellen Marktpreis von etwa 25 Rappen, den die Netzbetreiber den Solarstromproduzenten pro produzierte Kilowattstunde zahlen. Man kann aus dem KEV-Vertrag aussteigen, aber man kann nicht mehr zurück, ist also den Schwankungen des Strompreises ausgesetzt.

 

Sämtlicher Strom muss verkauft werden

 

Bedingung für die KEV war, dass der Betrieb den gesamten Strom ins Netz speist. «Wir dürfen nichts selbst verbrauchen», fasst Andreas Obrecht zusammen. Könnten sie den Strom selber nutzen, dann würden sie nicht nur den Strompreis sparen, sondern auch die Netzgebühren, die beim Strombezug anfallen und teils höher sind als der reine Strompreis. Andreas Obrecht überlegte sich deshalb, an seiner Stallfassade eine weitere PV-Anlage anzubringen, um deren Strom für das Wohnhaus zu nutzen. Ziel wäre eine Inselanlage mit einer Batterie gewesen.

 

Da die Kosten einer Batterie hoch sind und der Überschussstrom – man rechne dabei mit etwa zwei Drittel des Stromanfalles – hätte sehr billig abgesetzt werden müssen, verzichtete er darauf. Das Wichtigste beim Bau einer PV-Anlage ist, sich vorher gut beraten zu lassen und eine Rentabilitätsrechnung zu machen, betont Obrecht. Voraussetzung ist, dass eine dem Stromanfall entsprechende Leitung oder eine Trafostation vorhanden ist, die den Strom ins Netz speisen kann. Ein guter Partner kenne die Verpflichtungen der Netzbetreiber und könne sie besser einfordern als ein einzelner Solarstromlieferant.

 

Der Heulüfter zieht die Luft unter den Modulen an. Dadurch erwärmt sich die Luft und die Stromproduktion wird effizienter
Michael Götz

 

Indach mit Heubelüftung kombiniert

 

Zusammen mit der PV-Indach-Anlage haben Obrechts auch ein Unterdach für die Heubelüftung angebracht. So können sie die Abwärme unter den Modulen zum Erwärmen der Trocknungsluft verwenden. Indem die Luft die Wärme unter den Modulen abführt, lässt sich der Wirkungsgrad der Heutrocknung um 7 % erhöhen. «Somit schlägt man zwei Fliegen auf einen Schlag», freuen sich die Betreiber der PV-Anlage. «Die Anlage funktioniert einwandfrei», sagt Christian Obrecht. Die MBRsolar AG überwacht per digitaler Fernwartung die Wechselrichter. Auch können die Landwirte selbst die erzeugte Strommenge an den Wechselrichtern ablesen und kontrollieren, ob die verschiedenen Einheiten gleich gut arbeiten.

 

Andreas und Christian Obrecht bei den Wechselrichtern.
Michael Götz

 

Bis jetzt musste noch kein Modul ausgewechselt werden. Wichtig sei, dass die Module sauber sind. Während auf dem steilen Stalldach auf dem Hof Sins der herunterrutschende Schnee die Module reinigt, müssen diejenigen auf den flacheren Dächern auf dem Hof Grava alle zwei Jahre von einer Firma mit Spezialgeräten gereinigt werden, was schnell einmal ein paar Tausend Franken kostet. Die erzeugte Strommenge variiert entsprechend der Sonnenstunden von Jahr zu Jahr. Unter dem Jahr ist der Stromertrag in den Monaten Dezember bis Februar am geringsten, nicht nur wegen der Schneedecke, sondern auch wegen der kurzen Tageslänge.

 

Leistung ist wichtige Grundlage

 

Obrechts haben für ihre PV-Anlagen etwa eine Million Franken investiert. Andreas Obrecht betont, dass es eine unternehmerische Entscheidung ist, die gut überlegt sein will und nur auf Grund einer positiven Rentabilitätsberechnung sinnvoll ist. Eine Voraussetzung ist, dass die Summe der Sonneneinstrahlung über das ganze Jahr hinweg genügend gross ist. Die PV-Firmen können anhand der Exposition des Daches, der Höhenlage und der Gelände-Gegebenheiten berechnen, welche Leistung im Durchschnitt zu erwarten ist. Der Stall Sins ist frei gegen Süden ausgerichtet. Es gibt keine Berge, welche die Sonneneinstrahlung beeinträchtigen. Die zu erwartende Leistung ist eine wichtige Grundlage für die Berechnung der Rentabilität der Anlage.

 

Dank Sonneneinstrahlung bleibt der Schnee nicht lange auf dem Dach liegen.
Michael Götz

 

Für die beiden biologisch bewirtschafteten Betriebe mit je 45 ha landwirtschaftliche Fläche, 25 Mutterkühen, 80 Bio-Weide Beef Rindern sowie mit 20 ha Ackerbau ist die Stromgewinnung ein Nebenverdienst. «Für mich ist es auch eine Solarrente», fügt Andreas Obrecht an. Die beiden Landwirte haben ihr Kapital in einen Betriebszweig investiert, den sie ohne viel Arbeit betreiben können und von dem sie hoffen, dass er auch langfristig rentabel ist. Ziel der Arbeitsgemeinschaft Obrecht ist ausserdem, die Landwirtschaft nicht zuletzt dank der Stromerzeugung aus Sonnenenergie klimaneutral zu betreiben. Denn dank der PV-Anlagen sparen sie etwa 127 Tonnen CO2/Jahr ein.

 

Betriebsspiegel

 

ÖLN-Gemeinschaft Andreas und Christian Obrecht in Paspels GR, Bergzonen I-IV, Hof auf 778 m ü. M.
Zwei biologisch geführte Betriebe mit je 45 ha, davon 20 ha Getreidebau, 70 ha Futterbau
Tierbestand: 25 Mutterkühe, 80 Bio Weide-Beef-Rinder
Arbeitskräfte: Zwei Betriebsleiterfamilien, ein Lehrling, Vater Christian Obrecht zu 80 %

 

Die ÖLN-Gemeinschaft ist einer von insgesamt 52 Pilotbetrieben, die am Projekt «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden» teilnehmen

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