Im Sommer 2022 mussten zahlreiche Alpen mit Wasser versorgt werden, teils sogar mit dem Helikopter. Die Schweizer Berghilfe und Agridea zeigen auf, welche Massnahmen Alpbetriebe ergreifen können. Die Berghilfe hilft mit, grosse Investitionen zu finanzieren.
Der Sommer 2022 fiel in einigen Regionen der Schweiz sehr trocken aus. Auf mehrere Alpen in der Schweiz, beispielsweise in den Kantonen Obwalden, Bern und Freiburg, musste die Armee Wasser einfliegen, damit die Rinder genügend zu trinken hatten.
Immer weniger Wasser
Doch nicht nur das Vieh, auch Alpkäsereien und Alpbeizen sind auf Wasser angewiesen. Mit dem fortschreitenden Klimawandel gehen Forschende davon aus, dass sich im Sommer vermehrt Trockenperioden und Hitze einstellen wird und im Winter die Schneefallgrenze immer weit noch oben geht. Der Wasserspeicher in Form von Schnee dürfte damit zurückgehen. Das hat Auswirkungen auf das Schmelzwasser.
«Plötzlich sitzen dann auch Alpen auf dem Trockenen, die früher nie mit Wassermangel zu kämpfen hatten», schreibt die Berghilfe in einer Mitteilung. Ein sparsamer Umgang mit Wasser und eine clevere Wassersammlung und -verteilung auf den Alpen werden deshalb immer wichtiger. Eine Studie der Schweizer Berghilfe und der landwirtschaftlichen Beratungszentrale Agridea liefert Antworten, wie Alpbetriebe diese Herausforderungen meistern können.
Agridea-Mitarbeitende nahmen fünf Alpen aus der ganzen Schweiz unter die Lupe. Sie zeigen auf, mit welchen unterschiedlichen Massnahmen diese die neuen Herausforderungen anpackten. Die Palette reicht von der Erschliessung neuer Quellen, über den Bau von Wasserreservoirs, der Installation einer Solarpumpe bis hin zum Aushub eines Speichersees.
Fünf Beispiele
Auf der Alp Selamatt im Toggenburg SG schafften neue Reservoirs und der Ersatz des undichten Leitungsnetzes Abhilfe. Ausserdem konnte mit dem benachbarten Skigebiet eine Abmachung getroffen werden, dass bei extremer Trockenheit die Infrastruktur der Beschneiungsanlage genutzt werden darf.
Auf der Alp Le Suchet im Waadtländer Jura wiederum waren andere Lösungen gefragt, weil es kein Oberflächenwasser gibt. Deshalb wurde mit dem gesammelten Regen- und Schmelzwasser gearbeitet. Als dessen Menge zurückging, hatte die Alp ein Problem. Ein neuer Speichersee brachte nun eine deutliche Entspannung der Situation.
Karl Betschart
In Muotathal/SZ wurden die drei Alpeinheiten - Unter Schinboden, Ober Schinboden und Guetentalboden – neu versorgt. Die obere Schinboden Quelle, die bei länger anhaltender Trockenperioden versiegt, wird nicht mehr gefasst. Dafür wird die untere konstantere Quelle optimal genutzt. Dies bedeutet, dass diese Quelle neu gefasst und in ein neues Reservoir geleitet wird. Von diesem Reservoir aus wird dann ein Teil des Wassers zum Ober Schinboden hochgepumpt und ein anderer Teil wird zum Unter Schinboden geleitet. Dank dem neuen Leitungssystem kann hier ein kleines Wasserkraftwerk betrieben werden, um die beiden Alpeinheiten mit Strom zu versorgen.
Philip Messerli
Im Breccaschlund oberhalb Plaffeien/FR hat das Wasser zwar Tränke- aber nicht Trinkqualität. Im Karstgebiet hat es im Sommer oft zu wenig Wasser. Das Projekt beinhaltet die Neuerstellung eines Wasserversorgungsnetzes für die Alpen im Breccaschlund mit zwei Pumpwerken und einem Reservoir im Gebiet Cerniets. Die beiden Pumpwerke versorgen mehrere Alpen. Um die Trinkwasserqualität sicherzustellen, soll das Wasser beider Quellen mit UV-Anlagen aufbereitet werden. Neben der Wasserversorgung wird im Rahmen des Projekts auch ein Stromversorgungsnetz erstellt.
Gemeinde Untervaz
Bei Untervaz GR musste auf der Hinteren Alp die Wasserversorgung für die oberen Weidetränken und die Alpkäserei gesichert werden. Dafür wurde von der bestehenden Wasserleitung eine neue Verbindungsleitung zum Reservoir Tschidera erstellt. Ab einer bestimmten Füllmenge im Reservoir Thalbrünnen wird nun automatisch über Wasserdruck auch das Reservoir Tschidera mit Wasser gefüllt, welches dann die Weidetränken versorgt. Sanierungsbedürftige Brunnen wurden durch neue Betonelementbrunnentröge mit einem schwimmergesteuertem Zufluss ersetzt. Ausserdem wurden zusätzliche Druckreduzierventile, Abstellhähne und Schwimmer eingebaut, was allesamt den sparsamen Umgang mit Wasser erhöht.
Berghilfe hilft finanziell
Nicht alle Alpen sind gleichermassen von Wassermangel betroffen. Doch es lohne sich, die Wasserversorgung zu überprüfen. «Ich empfehle allen Älplerinnen und Älplern dringend, jetzt die Sicherstellung der künftigen Wasserversorgung anzugehen. Solche Projekte dauern in der Planung und Umsetzung oft lange», sagt Leslie Berger, Projektleiterin Landwirtschaft bei der Schweizer Berghilfe.
Die vorgestellten Lösungsansätze haben Gemeinsamkeiten. Sie wirken langfristig, und sie erfordern manchmal grosse Investitionen. Diese übersteigen oft aber die finanziellen Möglichkeiten von Älplerinnen und Älplern oder Alpgemeinschaften. In solchen Fällen übernimmt die Schweizer Berghilfe mit teilweise namhaften A-fonds-perdu-Beiträgen die schwierige Restfinanzierung.