«Schweizer Bauer»: Die Fenaco hat ihren Aktienanteil an der Barto AG von 36,3 Prozent auf fast 69 Prozent erhöht. Was bedeutet das?
Stefan Gfeller: Durch die Erhöhung des Aktienkapitals kann Barto weiterentwickelt und besser an die Strukturen in der Schweiz angepasst werden. Die Weiterentwicklung der Grundsoftware 365farmnet wurde ja von Claas beendet und von Barto übernommen. Es ist ein Signal, dass an der Software Barto festgehalten werden will und ein Zeichen, dass man weiter machen möchte.
Was für Vorteile gibt es für die Landwirte?
Für Landwirte, die ihre Datenerfassung über Barto machen, bedeutet dies, dass sie nicht auf ein anderes System umstellen müssen und ihre Betriebsdaten nach wie vor so digital erfassen können. Es gab in der Vergangenheit einige Module, die abgestellt worden sind. Vielleicht werden in Zukunft Bausteine nachgeführt, beispielsweise das Daten vom «My John Deere» direkt an Barto übermittelt werden, das würde zu einem Mehrwert für die Aufzeichnungen führen.
Was sind die Risiken?
Mit der Übernahmen der Grundsoftware 365Farmnet hat man sich eine Herkulesaufgabe angetan und ist ein Risiko eingegangen. So wie ich es sehe, gibt es immer Risiken, wenn man eine Software übernimmt. Die Gefahr besteht immer, dass das einte oder andere ausgemistet wird oder gewisse Dienstleistungen nicht mehr angeboten werden.
Es gibt Landwirte und Landwirtinnen, die sich davor fürchten, dass die Fenaco über Barto an persönliche Daten von ihnen gelangt. Was sagen Sie dazu?
Solange die Barto AG innerhalb der Fenaco ein eigenständiger Konzern ist, ist der Zugriff auf Daten in dieser Form so nicht möglich. Solange sich daran also nichts ändert, ist die Angst unbegründet. Wäre die Barto AG nicht mehr eigenständig, dann müsste man diese Diskussion sicher noch einmal führen.
Was wäre dann?
Der einzelne Landwirt müsste dann entscheiden, ob, wie und welche Daten er freigeben möchte. Auf jeden Fall kann die Datenfreigabe nicht einfach so geschehen, ohne dass man als Nutzer darüber informiert wird. Das würde in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), resp. in der Datenschutzerklärung stehen. Wenn man angeblich so grosse Angst vor Datenmissbrauch und der Verwendung von persönlichen Daten im Netz hat, dann darf man sich gerne einmal die AGB, resp. das Datenschutzkonzept zu Gemüte fügen und man tut gut daran, keine Suchmaschinen mehr zu benutzen.
Wie meinen Sie das?
Ich kann via einer Analyse über persönliche Google-Nutzung mehr über Sie und Ihr Leben erfahren, als sie jemals dachten. Haben Sie schon einmal die Datenschutzerklärung bei Google genau durchgelesen?
Nein. Das habe ich nicht.
Sehen Sie. Wer liest sich schon solche Dokumente bei Google durch? Wenn der Nutzen genügend gross ist -in ihrem Fall, wenn sie etwas via Google erfahren wollen- dann fragt sich niemand mehr, was eigentlich in der Datenschutzerklärung steht und was mit den Daten geschieht. Bei der Suchanfrage in einer Suchmaschine überlege ich mir nicht eine Sekunde, was mit meinen Daten geschieht und wie sie verwendet werden. Vielleicht müsste man sich hier einmal hinterfragen. Bei Barto oder anderen Aufzeichnungsprogrammen ist die Angst, dass persönliche Daten missbräuchlich verwendet werden, erstaunlicherweise viel grösser. Obwohl die Daten hier viel besser geschützt sind und ohne Einverständnis des Nutzers nicht weitergegeben werden dürfen.
Auf vielen Plattformen werden die Daten anonymisiert weiterverwendet. Was bedeutet das für den Bauern?
Als Beispiel: Max Muster hat auf der Parzelle «Hinter dem Haus» 50 Kilo Stickstoff gedüngt und xx-Tonnen geerntet. Die anonymisierten Daten geben nicht an, dass es Max Muster war, der auf der Parzelle «Hinter dem Haus» gedüngt hat. Durch das Sammeln und Auswerten von anonymisierten Daten, bekommt man extrem viele Infos von vielen Bauern und kann so beispielsweise Modelle wie Düngernormen optimieren, von dem dann die Landwirtschaft im Gesamten und jeder einzelne Betrieb profitieren kann. Es ist im Interesse des Landwirts, das die Daten auch wirklich anonymisiert weitergegeben werden.
Auf Facebook beispielsweise werden die persönlichen Daten weiterverwendet.
FB ist etwas ganz anderes als Barto. Ich sage immer: Wenn du nicht für das Produkt bezahlen musst, dann bist du das Produkt. FB ist gratis, also bist du das Produkt, die Daten werden zwar auch in einer Art anonymisiert, trotzdem werden dann zugeschnittene Werbepost geschalten, es steckt eine ganze Werbebranche dahinter. Barto hat ganz andere Absichten und das Ziel mit der digitalen Datenaufzeichnung eine bezahlte Dienstleistung anzubieten.
Dann muss man nicht Angst haben, auf einmal von Fenaco-Werbung beeinflusst zu werden?
Barto auf den basierenden Bausteinen, die jetzt verfügbar sind, birgt keine Gefahr dafür. Es ist aber sicher nicht von der Hand zu weisen, dass jemand, der die Düngungsplanug gratis zur Verfügung stellt, ein Interesse daran hat, den Dünger zu verkaufen, dasselbe Beispiel gilt auch wenn mir jemand gratis den Futterplan berechnet, auch hier besteht vermutlich ein Interesse daran, im Anschluss ergänzende Futtermittel verkaufen zu können. Es ist meiner Meinung nach für den Betrieb viel praktischer -insofern die Betriebsdaten eben erfasst sind- Pläne von Programmen berechnen zu lassen. Wenn dann am Schluss noch ein entsprechendes Produkt und die nötige Menge mit einem Klick angewählt werden kann, erleichtert das eigentlich nur den Geschäftsprozess.
Stimmt. Vielleicht haben die Landwirte und Landwirtinnen bei der ganzen Fenaco-Barto-Geschichte auch einfach Angst vor einer zu grossen Marktmacht seitens Fenaco und einer zu grossen Abhängigkeit.
Vielleicht. Wo bestellt und bezieht ein Grossteil der Landwirte sein Saatgut? Die Düngemittel? Die Pflanzenschutzmittel? Und so weiter, und das alles unabhängig von Barto.
In welche Richtung wird sich der Umgang mit Daten aus der Landwirtschaft weiter entwickeln?
Man kann keine Daten essen. Die landwirtschaftliche Produktion steht nach wie vor im Vordergrund. Durch die Analyse von Daten kann die Produktion optimiert werden. Schon heute werte ich als Landwirt meine Daten aus. Zum Beispiel über die Buchhaltung, ich schaue mir an, welche Betriebszweige sich in diesem Jahr gelohnt haben. Datenanalyse mache ich als Landwirtin oder Landwirt also schon immer. Es kann spannend sein, die Daten in ein Tool einzugeben, die gesamtschweizerisch ausgewertet werden, um daraus gewisse Schlüsse zu ziehen. Es gibt Plattformen, auf denen mehrere Daten miteinander verglichen werden. Aber in der Regel wird bisher nicht wirklich viel mit den betriebseigenen Daten gemacht. Ziel soll es sein durch das Erfassen und Analysieren von Daten Arbeits- und Geschäftsprozesse auf dem Betrieb zu verbessern.
Welche Alternativen gibt es zu Barto?
Natürlich der klassische, handgeschriebene Feldkalender. Im Schweizer Ackerbau ist der E-Feldkalender sehr verbreitet, oder neu Smartfarm von IP-Suisse, sowie Agroplus, ist zwar eine etwas ältere Software, aber auch auf dem Markt, im Gemüsebau ist «Leguma» sehr verbreitet. In der Westschweiz ist Geofolia von Isagri recht präsent. Dann gibt es noch die klassische Exceltabelle für Aufzeichnungen oder einzelne Softwares aus dem Ausland welche in der Schweiz auch verwendet werden.
Wird es Barto in fünf Jahren noch geben?
Es ist sicher ein Risiko, die Software von Claas zu übernehmen. Barto nutzt die Smart-Farming-Plattform 365FarmNet und hat sie auf Schweizer Bedingungen angepasst. Der Unterhalt und die Weiterentwicklung von Softwares sind kostspielig. Es wird sich zeigen, ob Anzahl Nutzer der Plattform genügend hoch ist, damit sich der finanzielle Aufwand für die Fenaco schlussendlich lohnt. Softwares kommen und gehen, es wird sich zeigen, in welche Richtung Barto sich entwickelt.
Beenden Sie die Sätze….
Barto ist… eine digitale Aufzeichnungshilfe, welche weiterentwickelt werden muss.
Die Erhöhung der Aktienanteile durch die Fenaco ist… ein klares Zeichen, dass an Barto festgehalten werden soll.
Daten in der Landwirtschaft sind… nützlich, wenn sie entsprechend aufgezeichnet, analysiert und interpretiert werden.
Landwirtschaft ist… die leidenschaftliche Arbeit von Menschen, die mit Herz und Hand die natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Pflanzen nutzen, um nachhaltig Lebensmittel, Rohstoffe und Energie für die Gesellschaft zu produzieren und unsere Verbindung zur Natur lebendig zu halten.
Leider habe ich gerade mit dem UFA GalloSupport etwas anderes erlebt.
Hierwurden Daten gesammelt, ausgewertet und im UFA-Revue publiziert.
Genau diese Zahlen (höhere Legeleistung, Mortalität, etc.)wurden uns dann von unseren Abnehmern bei der Preisverhandlung vorgelegt. Wohl eher zu unseren UN-gunsten... So viel zum Thema Datenunabhängigkeit, Datensicherheit und Glaubwürdigkeit.
Nutzen der Digitalisierung und Vergleich mit ERP-Systemen in KMUs
Ein sinnvoller Vergleich ist der Einsatz von ERP-Systemen in KMU-Betrieben mit bis zu fünf Mitarbeitenden. In solchen Unternehmen rechnet sich eine umfassende digitale Lösung nur dann, wenn sie messbare Vorteile bringt – etwa durch klare Zeitersparnis, eine Vereinfachung von Prozessen oder Kostensenkungen. Kleine Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe sind oft pragmatisch: Sie greifen lieber auf einfache, kostengünstige Lösungen wie Excel oder handschriftliche Aufzeichnungen zurück, wenn diese ihre Anforderungen ausreichend erfüllen.
Ähnlich verhält es sich mit Barto. Die Digitalisierung eines Feldkalenders oder eines Auslaufjournals klingt zwar modern, doch der praktische Mehrwert bleibt fraglich. Wenn bewährte Systeme wie ein handschriftliches Journal genauso effizient sind, warum sollten Betriebe dann in teure digitale Lösungen investieren? Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Es braucht Lösungen, die konkret auf die Bedürfnisse der Betriebe zugeschnitten sind – und nicht lediglich bestehende Systeme digitalisieren, ohne echte Verbesserungen zu liefern.
Die Rolle von Fenaco und DigiFLUX
Hier kommt die Rolle von fenaco und Programmen wie DigiFLUX ins Spiel. Es scheint naheliegend, dass fenaco ein starkes Interesse daran hat, die Digitalisierung der Landwirtschaft möglichst weit voranzutreiben. Denn je mehr landwirtschaftliche Betriebe von digitalen Lösungen abhängen, desto grösser wird die Verbreitung von Software wie Barto – und desto profitabler kann diese für fenaco betrieben werden.
Diese Entwicklung birgt jedoch Gefahren. Bauern könnten in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt werden, in dem sie gezwungen sind, kostspielige Software zu nutzen, die nur wenig Mehrwert bietet. Die Kosten tragen am Ende die Betriebe, während Unternehmen wie fenaco die Gewinne einstreichen. Besonders kleinere Betriebe, die ohnehin mit knappen Ressourcen arbeiten, könnten dadurch zusätzlich belastet werden.
Digitalisierung als Chance – aber mit Bedacht
Die Digitalisierung bietet zweifellos Chancen, auch für die Landwirtschaft. Doch diese müssen sinnvoll genutzt werden. Technologien sollten echte Probleme lösen, Prozesse effizienter machen und den Landwirten spürbare Vorteile bringen. Dies könnte beispielsweise durch innovative Lösungen im Bereich der Automatisierung von Routineaufgaben geschehen.
Was wir jedoch nicht brauchen, ist eine Digitalisierung, die vor allem als Geschäftsmodell für Drittanbieter dient. Die Interessen der Bauern müssen im Zentrum stehen – nicht die Gewinnmaximierung grosser Unternehmen. Digitalisierung sollte ein Mittel zur Stärkung der Landwirtschaft sein, nicht eine weitere Belastung.
Fazit
Die Digitalisierung in der Landwirtschaft ist eine komplexe Angelegenheit, die mit Augenmass angegangen werden muss. Ein Vergleich mit KMU-Betrieben zeigt, dass digitale Lösungen für kleine und mittlere Betriebe nur dann sinnvoll sind, wenn sie klare und direkte Vorteile bieten. Die aktuellen Entwicklungen um Barto (und DigiFLUX) lassen jedoch Zweifel aufkommen, ob dies hier der Fall ist. Statt Bauern mit zusätzlichen Kosten und Abhängigkeiten zu belasten, sollten digitale Lösungen ihre Arbeit vereinfachen und die Rentabilität verbessern. Ohne diese Zielsetzungen wird Digitalisierung nicht zum Fortschritt, sondern zur zusätzlichen Bürde.
DigiFLUX ist die Aufgab vom Bund. Wenn die Entwickler vom Bund gute Arbeit leisten und eine durchdachte, praxisnahe Lösung anbieten, wird Barto überflüssig. Eine zentrale, unabhängige Plattform mit klaren Vorteilen für alle Landwirte ist die sinnvolle Alternative zu kostspieligen und profitorientierten Einzelangeboten wie Barto.
Persönliche Einschätzung
Ich finde, dass die Fachmedien unverhältnismässig stark über Barto berichten. Auch der Schweizer Bauernverband (SBV) scheint Barto zu bevorteilen, was ich insgesamt kritisch sehe. Es gibt viele andere digitale Ansätze und Lösungen, die ebenso eine Berücksichtigung verdienen, aber kaum die gleiche Aufmerksamkeit erhalten. Solche einseitige Berichterstattung wirkt fast wie Werbung und lässt Zweifel an der Unabhängigkeit und Objektivität der Berichterstattung aufkommen.
Ich halte es für wichtig, dass Digitalisierung in der Landwirtschaft breit und transparent diskutiert wird – und dass die Betriebe am Ende frei entscheiden können, welche Lösungen für sie den grössten Nutzen bringen. Alles andere wäre unfair gegenüber den Landwirten, die auf neutrale Informationen angewiesen sind.