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«Wir müssen die Stalltüren öffnen»

Wie soll die Landwirtschaft kommunizieren, um die Bevölkerung zu erreichen? Proaktiv, offen und transparent, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Diskussionsrunde der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (Hafl) einig.

Jonas Ingold, lid |

«Uns ist es sehr wichtig, eine Kommunikations-Aufgabe für die Landwirtschaft wahrzunehmen», sagt Barbara Schwab Züger. Die Bevölkerung wisse nicht mehr so viel und haben nicht mehr dasselbe Verständnis für die Landwirtschaft wie noch vor 20, 30 Jahren. Deshalb sei das Kommunizieren umso wichtiger, sagt die Betriebsleiterin des Beerenlandes in Gimmiz: «Es ist unsere Pflicht, zu helfen und positive Gefühle zur Landwirtschaft zu vermitteln.»

Realität zeigen

Auf ihrem Betrieb kann Schwab Züger diese positiven Botschaften an ihre Produkte knüpfen. Dabei setzt sie auf eine offene Kommunikation: «In Zeitschriften und in der Werbung wird oft eine romantisierte Landwirtschaft dargestellt, die nicht der Realität entspricht.» Die echte Landwirtschaft – etwa der Anbau der Beeren im geschützten Anbau – müsse gezeigt werden.

«Es ist elementar, die Landwirtschaft zu zeigen, wie ist. Und zu sagen, weshalb sie so ist», sagt Schwab Züger. Das gelte auch für den Pflanzenschutz, um den sich im Beerenland die meisten Fragen der Kundinnen und Kunden drehen. Und: «Jede Person, die positiv gestimmt vom Hof geht, ist ein Gewinn. Und das nicht nur, weil sie wiederkommt und Erdbeeren kauft.»

In Zeitschriften und in der Werbung wird oft eine romantisierte Landwirtschaft dargestellt, die nicht der Realität entspricht.

Barbara Schwab, Züger Beerenland AG

SBV: «Kommunizieren proaktiv»

Ob der Schweizer Bauernverband zu oft nur reagiere, statt zu agieren, fragte Moderator Michael Flückiger Urs Schneider, den stv. Direktor des Schweizer Bauernverbandes (SBV). Die Landwirtschaft kommuniziere sehr proaktiv, so Schneider. Er verwies dabei auf die Basiskommunikation «Schweizer Bäuerinnen und Bauern».

Diese langfristig ausgelegte, proaktive Kommunikation sei äusserst wichtig, um der Bevölkerung die Landwirtschaft näher zu bringen. Aber tatsächlich sei es so, dass die steten Initiativen den Bauernverband immer wieder zum Reagieren zwängen. «Das bedaure ich. Aber wir wollen, wenn immer möglich, agieren statt reagieren. Nicht immer haben wir den Entscheid aber selbst in der Hand.»

Gutes Image der Bauernfamilien

Für Schneider ist klar, dass die die Kommunikationsstrategie des SBV Erfolge zeitigt. «Das Image der Bauernfamilien ist gut, das zeigen die Umfragen und Studien.» Man sehe dies ebenso am Einkaufsverhalten, wo zahlreiche Konsumentinnen und Konsumenten auf die Schweizer Herkunft achteten. «Und wenn das Image der Schweizer Bauernfamilien schlecht wäre, wären solche Abstimmungserfolge wie bei den Pflanzenschutzinitiativen nicht möglich», ist Schneider überzeugt. Da dürfe der Bauernverband stolz darauf sein.

Eines aber ärgert Schneider: «Wir werden oft als konservativ und rückwärtsgewandt wahrgenommen. Das stimmt schlicht nicht.» Er verweist auf den deutlichen Rückgang beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und von Antibiotika oder den zahlreichen Biodiversitätsmassnahmen der Bauernfamilien. Diese Fortschritte würden in der Öffentlichkeit zu wenig honoriert. «Wir dringen mit diesen Botschaften noch nicht genügend durch, daran müssen wir arbeiten», so Schneider.

Hartnäckig bleiben

Jürg Vollmer, Chefredaktor der landwirtschaftlichen Fachzeitschrift «Die Grüne», sieht das Problem darin, dass es in den Publikumsmedien keine Landwirtschaftsexperten mehr gibt. «Die Journalistinnen und Journalisten in diesen Redaktionen haben schlicht keine Ahnung von der Landwirtschaft. Sie leben in einer Blase und der grösste landwirtschaftliche Kontakt mag der gelegentliche Hofladen-Besuch sein.» Er rief die Studentinnen und Studenten dazu auf, auf die Medienschaffenden zuzugehen. «Ladet sie ein, zeigt ihnen euren Hof», so Vollmer. Wie man bei der Kontaktaufnahme vorgehen solle, lautete die Frage einer Studentin. «Bleibt dran, fragt immer wieder. Und nervt sie damit», so Vollmers Rat.

Urs Schneider sieht die Problematik der fehlenden Landwirtschaftskenner in den Redaktionen ebenfalls als Herausforderung. Der SBV investiere aber dennoch viel in die Kontaktpflege mit den Journalistinnen und Journalisten, was auch zu Erfolgen führe. «Es ist schwierig, in die Medien zu kommen. Aber das geht nicht nur der Landwirtschaft so, sondern auch den anderen Branchen.» Umgehen könne man die Problematik etwa, indem man auf soziale Medien setze und damit eine jüngere Bevölkerung erreiche. An die Studentinnen und Studenten gerichtet: «Da könnt ihr uns helfen, ihr Jungen könnt da viel bewegen.»

Jahre später kommen die damaligen Kinder auf mich zu und erzählen von den positiven Erinnerungen.

Gabi Schürch-Wyss, Schweizerischer Bäuerinnen- und Landfrauenverband

Früher Kontakt zur Landwirtschaft

Gabi Schürch-Wyss, Vizepräsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen und -landfrauenverbandes (SBLV), sieht die junge Bevölkerung ebenfalls als wichtige Zielgruppe. Es sei besonders bedeutend, dass bereits Kinder erführen, was auf einem Bauernhof geschehe. «Auf unserem Betrieb konnten Kinder ihren Geburtstag feiern. Das war stets ein grossartiges Erlebnis für alle. Und noch heute, Jahre später, kommen die damaligen Kinder auf mich zu und erzählen von den positiven Erinnerungen», so Schürch-Wyss.

Für entscheidend für den Kommunikations-Erfolg hält Schürch-Wyss auch die gute Zusammenarbeit innerhalb der Landwirtschaft. «Der SBLV arbeitet sehr gut mit verschiedenen Politikerinnen und Politikern, dem Bauernverband sowie anderen Verbänden und Organisationen zusammen», so die Bäuerin. Das habe zu Erfolgen geführt, wie etwa dem Minipaket bezüglich sozialer Absicherung, das aus der sistierten Agrarpolitik 2022+ entstanden ist.

Ebenfalls ein grosser Erfolg sei es, dass es immer mehr Betriebsleiterinnen gebe. «Und solange Frauen und Männer noch nicht gleichberechtigt sind, ist es wichtig, dass sich unser Verband weiterhin für alle Frauen vom Land stark macht und Verbesserungen für die Frauen erreichen kann», stellt Schürch-Wyss klar. Wenn man sich einig sei – wie in den meisten, aber nicht allen Fällen – machen laut Schürch-Wyss auch gemeinsame Auftritte mit dem Bauernverband Sinn, um Synergien zu nutzen und die Landwirtschaft zu stärken.

Wir müssen die Stalltüren öffnen und transparent sein. Damit es kein Schock mehr für die Leute ist, wenn sie von Ställen mit 5000 Hühnern hören.

Daniel Würgler, Präsident Gallosuisse

Falsche Vorstellungen von der Landwirtschaft

Daniel Würgler ist Präsident von Gallosuisse, dem Eierproduzentenverband. Er habe wohl am meisten mit Vorurteilen zu kämpfen und die schwierigste Aufgabe?, fragte Michael Flückiger. «Tierhaltung weckt Emotionen», sagt Würgler. Die Fragen der Konsumentinnen und Konsumenten wolle Gallosuisse positiv nutzen.

«Es ist aber schwierig mit den Konsumentinnen und Konsumenten in Kontakt zu treten, weil sie eine ganz andere Vorstellung der Landwirtschaft haben als sie in Realität ist», sprach auch Würgler das verzerrte Bild der Bevölkerung an, welches Barbara Schwab Züger ebenfalls wahrnimmt.

«Wir müssen deshalb die Stalltüren öffnen und transparent sein. Damit es kein Schock mehr für die Leute ist, wenn sie von Ställen mit 5000 Hühnern hören.» Die Massentierhaltungs-Initiative sei deshalb auch eine Chance gewesen, die Journalistinnen und Journalisten auf die Betriebe zu bringen.

Eine wichtige Rolle komme den Bauernfamilien zu: «Die Medien wollen authentische Bäuerinnen und Bauern zeigen. Sie wollen nicht die Präsidenten oder die Politiker hören.» Die Produzentinnen und Produzenten sollten sich hinstellen und die Türen offen. «Sie müssen nichts inszenieren, nur sich selbst sein. Das ist der Schlüssel zum Erfolg», ist Würgler überzeugt.

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