Jürg und Pascale Strauss aus Rickenbach ZH erhalten den Grand Prix Bio Suisse 2022. Mit dem Getreideabo sind sie den Weg in der Direktvermarktung weiter gegangen. Sie setzen auf multifunktionale Agroforstfelder.
«BIO-Hofladen» auf dem Schild, die grüne Knospe-Tafel prominent platziert, die Website heisst bioagrikultur.bio: Dass Pascale und Jürg Strauss nach biologischen Kriterien wirtschaften, machen sie nach aussen deutlich. Schon seine Eltern Silvia und Max Strauss haben den Hof in Rickenbach ZH nordöstlich von Winterthur ZH im Jahr 2000 auf Knospe-Landbau umgestellt.
Darauf konnten die beiden aufbauen, als sie im Jahr 2016 den Betrieb mit aktuell 9 Hektaren Eigenland und 3 Hektaren Pachtland übernahmen, übrigens in achter Generation Strauss. Etwa im Weinbau, der in der Region eine grosse Tradition hat: Dort hatte bereits die Elterngeneration auf pilzwiderstandsfähige Piwi-Sorten, naturnahe Eigenkelterung und Direktvermarktung gesetzt. Pascale und Jürg haben zusammen mit BirdLifeZH und dem Naturschutzverein Rickenbach die Rebberge (rund 1 Hektare insgesamt) ökologisch aufgewertet und mit anderen Kulturen ergänzt, etwa Mini-Kiwi.
Bestellt wird online
In ihrer Bewerbung für den Grand Prix Bio aber fokussierte das Paar auf das Getreideabo, das sie seit zwei Jahren anbieten. Hier erfassen Abonnenten via Website noch vor der Ernte ihren Jahresbedarf und wählen Gebinde (von 1 bis 25 kg) und Lieferrhythmus (von 1x bis 4x im Jahr). Den Kundinnen wird garantiert, dass sie ausschliesslich Strauss-Getreide erhalten, das in der Mühle Heitertal bei Winterthur ZH und in der Mühle Entenschiess, Oberneunforn TG, verarbeitet wird. Bezahlt wird auf einmal im Voraus.
Im Angebot sind Mehle von Weizen, Dinkel und Buchweizen, Körner von Weizen, Dinkel und Hafer, Kerne von Sonnenblumen und Lupinen, Haferflocken, Teigwaren, die von Aemisegger Teigwaren in St. Gallen hergestellt werden, und hofeigene Bio-Eier im 6er-Karton. Geliefert wird in einem Radius von 20 Kilometern rund um Rickenbach ZH, das umfasst Winterthur und reicht bis an die Stadt Zürich.
Ernte 2022 ist ausverkauft
Die Nachfrage hat sich gut entwickelt, die Ernte 2022 ist ausverkauft, eine Abo-Anmeldung ist erst wieder ab 1. Februar 2023 möglich. Vermarktet wird auf dem Abo-Weg rund die Hälfte der Ernte von 5 Hektaren Getreideanbau, der Rest geht via Landi Marthalen an die Biofarm.
Ihr Ziel, nahe an die Konsumentinnen und Konsumenten zu kommen und sie über ihre Anbauform zu informieren, erreicht das Ehepaar Strauss mit Hofspaziergängen, die im Getreideabo inbegriffen sind. «Da können Kundinnen ‹ihr› Getreide besichtigen und erfreuen sich zudem an unseren Agroforstfeldern und Permakultur-Rebbergen. Das hat einen grossen Kundenbindungseffekt», sagt Pascale Strauss.
Agroforstflächen stossen auf grosses Interesse
Jürg Strauss
Vor vier Jahren hat die Familie Strauss eine 1,4 Hektaren grosse Agroforstfläche angelegt, die sowohl bei Kunden wie Leute aus der Landwirtschaft auf Faszination und Interesse stösst. «Heuer habe ich über 30 Führungen gemacht. Die Agroforstflächen sind eine wunderbare Plattform, um unsere Kombination von Lebensmittelproduktion und Biodiversitätsleistung zu erklären», so Jürg Strauss. Gepflanzt wurden Apfelbäume, für dessen Ernte die Mosterei Ramseier AG einen langfristigen Abnahmevertrag offeriert hat, zwischen den Baumreihen wuchsen heuer Sonnenblumen, vorher Dinkel und Soja.
Nun ist die Familie daran, auf neuem Pachtland, für das sie einen langfristigen Vertrag erhalten haben, eine weitere Agroforstfläche aufzubauen, die noch mehr Biodiversitätselemente enthalten soll. Ihr Ziel ist, möglichst viel von der Permakultur in die grossflächige Landwirtschaft zu transferieren, im Wissen, dass der Arbeitsaufwand gross ist. Jürg und Pascale Strauss ist von der positiven Wechselwirkung der verschiedenen Kulturen fest überzeugt. «Die Ackererträge sind gestiegen, die Baumstreifen schaffen ein gutes Mikroklima», um nur einen Aspekt zu zitieren. «Wir versuchen, so gut es geht, die Natur und ihre Gesetze zu kopieren, um möglichst schonend hochwertige Lebensmittel zu erzeugen», lautet das Credo der Familie.
Betrieb ist viehlos
Bewirtschaftet wird der Hof seit Langem viehlos, etwas Rindermist wird zugeführt, vor allem aber arbeiten sie mit eigenem Kompost und einer Fruchtfolge, die Leguminosen umfasst. Der Hauptteil der Arbeit auf dem Hof wird von Pascale und Jürg Strauss gemacht, die beide gelernte Landwirte sind.
Sie arbeitet zudem als Regionalleiterin Nordostschweiz bei Bioinspecta. Unterstützung haben sie von der Teilzeitangestellten Damaris Bächi, von seinen Eltern und von vielen weiteren Helferinnen und Freunden, die etwa beim Wümmet dabei sind.
Daniel Salzmann
Modell ist übertragbar
An der Delegiertenversammlung der Bio Suisse in Olten am Mittwoch hielt Jurymitglied und SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo die Laudatio. Sie strich die Innovation des Getreideabos in der Direktvermarktung hervor, die direkte Beziehung zwischen Bauernfamilie und Kundschaft, die erfolgreiche Kombination von Nahrungsmittelproduktion und Biodiversität und die Übertragbarkeit auf andere Regionen.
Jürg und Pascale Strauss zeigten sich sehr gerührt und geehrt über die Ehrung. Schliesslich stünden sie erst am Beginn ihres landwirtschaftlichen und unternehmerischen Weges.
10’000 Franken Preisgeld
Von Prisca Birrer-Heimo gefragt, was sie mit dem Preisgeld von 10 000 Franken machen, antwortete Pascale Strauss: «Einen Teil investieren wird in Pflanzgut für unsere neue Agroforstfläche, ein Teil geht vielleicht in eine neue Maschine, und ein Teil kommt auf die Reservebank.»
Die Delegierten der Bio Suisse spendeten dem sympathischen Paar grossen Applaus, auch Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli nimmt Familie Strauss als Inspiration und wünschte ihnen alles Gute und viel Erfolg
Platz 2 und 3
Platz 2 erreicht laut Medienmitteilung die Bio-Genusskäserei Hofstetter GmbH aus Ruswil LU mit einer rezyklierbaren Verpackung, bei der 80% Plastik eingespart wird. Auf Platz 3 liegt das Projekt «Dry Aged & Wood Smoked». Dabei handelt es sich um vegane Alternativen zu Fisch und Fleisch aus geräuchertem Bio-Gemüse wie Randen oder Rüebli der Firma Wild Foods aus Uetendorf BE. sal
Die Jury
Madeleine Kaufmann, Master of Science, Expertin für nachhaltige Landwirtschaft (Präsidentin); Prisca Birrer-Heimo, ehemalige Präsidentin Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), Nationalrätin (SP, LU); Clemens Rüttimann, Geschäftsführer Biotta; Urs Guyer, Leiter Bildung Bio Suisse; Daniel Salzmann, Chefredaktor «Schweizer Bauer». sal