In Polen protestieren die Landwirtinnen und Landwirte gegen günstige Getreideimporte aus der Ukraine. Diese Einfuhren hätten zu Preiseinbrüchen bei der einheimischen Ware geführt, kritisieren sie. Nun ist der Agrarminister zurückgetreten.
Seit über einem Jahr herrscht in der Ukraine Krieg. Das führte dazu, dass der Export von Getreide in den ersten Monaten nach Kriegsbeginn blockiert war. Polen und andere Länder boten an, bei der Ausfuhr von Weizen oder Mais zu helfen. Das Problem: Beim Weitertransport haperte es – dies auch deshalb, weil die Kapazität der polnischen Häfen ausgeschöpft ist.
Markt mit «billigem Getreide» überschwemmt
Für die polnischen Getreideproduzenten hat das negative Konsequenzen. Das billigere Getreide, aus der Ukraine - weil zoll- und quotenfrei - führte zu einem Preiszerfall bei der einheimischen Ware. Wie die «Frankfurter Allgemeine» berichtet, kritisierten die Landwirte, dass ein Teil des über die «Korridore der Solidarität» aus der Ukraine exportierten günstigen Getreides nicht in die Dritte Welt gelange, sondern den polnischen Markt «überschwemme» und die bald wieder benötigten Silos überfüllt seien. Deshalb gingen die Bauern auf die Strasse und protestierten.
EU will zollfreie Einfuhr verlängern
Ende März versprach die Regierung, dass sie bei EU beantragen werde, die Zölle für ukrainisches Getreide wiedereinzuführen und die Grenzkontrollen zu verstärken. Weiter versprach die Regierung, dass die Silos bald geleert würden, beispielsweise durch «humanitäre Exporte» nach Afrika. Zudem sollen die Bewilligungen für neue Silos vereinfacht werden.
Doch nun kommt es anderes. Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk ist am Mittwoch zurückgetreten, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Die grundlegende Forderung der Landwirte sei von der EU-Kommission nicht erfüllt worden, sagte Kowalczyk bei seiner Rücktrittserklärung. So habe die Kommission einen Entwurf vorgelegt, der eine Verlängerung der zoll- und quotenfreien Getreideeinfuhren aus der Ukraine um ein weiteres Jahr vorsieht.
125 Millionen Unterstützung
Polen und vier weitere EU-Mitgliedsländer aus Mittelosteuropa hatten gemäss dpa kürzlich von Brüssel Hilfsmassnahmen für die unter Druck geratenen Landwirte gefordert. Die EU-Kommission erlaubte in der Folge Polen, seinen Landwirten Beihilfen von umgerechnet rund 125 Mio. Franken (126 Mio. Euro) zur Stützung des Weizen- und Maisanbaus auszuzahlen.
Laut Kommission soll mit der Massnahme der Liquiditätsbedarf der Weizen- und Maisproduzenten gedeckt werden, die von der geopolitischen Krise und den massiven Getreideeinfuhren aus der Ukraine besonders betroffen sind.
Seit einigen Monaten wird der grösste Teil des Getreides aus der Ukraine über die Häfen am Schwarzen Meer ausgeführt. Das Abkommen mit Russland wurde kürzlich verlängert.