Hinsichtlich der Geschlechtergerechtigkeit in der deutschen Landwirtschaft besteht noch Handlungsbedarf. Darin waren sich die Bundestagsabgeordneten im Ernährungsausschuss einig, als ihnen am vergangenen Mittwoch Vorab-Ergebnisse der Studie «Die Lebenssituation von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland» vorgestellt wurden.
Für diese hatte ein Forscherteam des Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft und der Georg-August-Universität Göttingen seit 2019 im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums insgesamt mehr als 7 000 Frauen online befragt. Identifiziert wurden laut der Leiterin des Johann-Heinrich-von-Thünen-Instituts für Betriebswirtschaft, Hiltrud Nieberg, erhebliche Unterschiede in der Betriebsführung.
Aktuell gebe es in nur 11 % aller landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland eine Frau in einer Führungsposition. Damit rangiere Deutschland europaweit auf einem der letzten Plätze. Zudem würden lediglich 18 % der Höfe an weibliche Familienmitglieder weitergegeben. Daneben verwies Nieberg auf die in vielen landwirtschaftlichen Familienbetrieben bestehende Arbeitsteilung, wonach die Frauen sowohl Tätigkeiten im Betrieb als auch den grössten Teil der Haus- und Familienaufgaben erledigten. Geschlechtergerechtigkeit stelle somit eine grosse Herausforderung für die Landwirtschaft dar.
Die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Janna Luisa Pieper von der Universität Göttingen betonte, dass durch «veraltete Geschlechterbilder» und die traditionellen Vererbungspraktiken Existenzgründungen für Frauen in der Landwirtschaft nahezu unmöglich seien. Dabei übernähmen den Studienergebnissen zufolge 83 % der befragten Frauen Arbeiten im Betrieb, und das oft über Jahrzehnte. Am Ende zeigten sich jedoch Lücken in der sozialen Absicherung im Alter. Daran könne auch die Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) als Teilsicherung nichts ändern. Auch im Hinblick auf die Absicherung bei Scheidungen und Todesfällen sowie in der Gesundheitsvorsorge gebe es Schwachstellen.