Auf die angespannte Marktsituation für mineralische Düngemittel und Energie durch die russische Invasion in die Ukraine hat die EU-Kommission nun mit einer Mitteilung reagiert, in der zahlreiche Massnahmen und Leitlinien zur Unterstützung von Landwirten und Industrie in der EU angeführt sind.
Seit der russischen Invasion hat sich die Marktsituation für mineralische Düngemittel und Energie angespannt. Es geht dabei etwa um eine Priorisierung der Sektoren im Falle einer Gasrationierung, um finanzielle Unterstützungen, pflanzenbauliche Alternativen, die Einrichtung einer Marktbeobachtungsstelle sowie die Verringerung von Importabhängigkeiten.
Schwer enttäuscht zeigen sich die EU-Landwirte- und Genossenschaftsverbände COPA und COGECA. Die Mitteilung der Kommission sei praktisch für nichts, bringe nichts Neues gegenüber jener vom März und gebe keinerlei Antworten auf die Verknappungen, mit denen die europäischen Landwirte konfrontiert sind.
Nicht tatenlos zusehen
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sprach von einem drängenden Problem, dem man nicht tatenlos zusehen könne: «Eine rentable Produktion von Düngemitteln in der EU ist eine wesentliche Voraussetzung für unsere strategische Autonomie und unseren kontinuierlichen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit. Eine starke heimische EU-Produktion gewährleistet auch die Einhaltung der weltweit höchsten Umweltstandards und trägt zum Abbau der Spannungen auf den Weltmärkten bei.»
Frans Timmermans, der für den Green Deal zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, betonte: «Der nachhaltige Weg in die Zukunft besteht darin, den Schwerpunkt auf Effizienz und Alternativen zu legen. Dies wird auch dazu beitragen, den Druck auf die weltweite Düngemittel-Versorgung zu verringern. Ebenso sollten wir die Gelegenheit nutzen, die Produktion von grünem Ammoniak, das mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, auszuweiten. Je effizienter wir sind und je schneller wir auf Alternativen für mineralische Düngemittel umstellen, desto weniger hängen wir von fossilen Brennstoffen ab und desto widerstandsfähiger wird unser Lebensmittelsystem.»
Die Massnahmen auf einen Blick
Konkret schlägt die EU-Kommission in ihrer Mitteilung für den kritischen Sektor vor, dass die EU-Mitgliedstaaten den fortgesetzten und ununterbrochenen Zugang zu Erdgas für Düngemittelhersteller in ihren nationalen Notfallplänen für den Fall einer Gasrationierung priorisieren können.
Zudem sollen die Mitgliedstaaten über den geänderten befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen Landwirte und Düngemittelerzeuger gezielt unterstützen können. Mittel, die etwa durch eine Deckelung der Markteinnahmen bestimmter Stromerzeuger und den Solidaritätsbeitrag generiert werden, können - vorbehaltlich der geltenden Bedingungen - auch für die Zwecke nationaler Förderregelungen verwendet werden, führt die Kommission in ihrer jüngsten Mitteilung an.
Ausserdem will die Brüsseler Behörde gemeinsam mit den Mitgliedstaaten prüfen, ob die «Agrar-Reserve» in Höhe von 450 Mio. Euro (450 Mio. Fr.) für das Haushaltsjahr 2023 für Landwirte genutzt werden sollte, die von hohen Betriebsmittelkosten betroffen sind.
Darüber hinaus schlägt die Kommission für das kommende Jahr die Einrichtung einer Marktbeobachtungsstelle für Düngemittel vor. «Um Daten über Produktion, Verwendung, Preise und Handel auszutauschen», heisst es.
Pflanzenbauliche Massnahmen
Ferner will die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Landwirte sehr breit einschlägige pflanzenbauliche Massnahmen anwenden. Dazu zählen beispielsweise Pläne für die Nährstoffversorgung sowie die Verbesserung der Bodengesundheit, Präzisionslandwirtschaft, biologischer Landbau und die Verwendung von Leguminosen in der Fruchtfolge.
Die Kommission will die Mitgliedstaaten auch auffordern, bei der Überarbeitung ihrer GAP-Strategiepläne weitere Prioritäten zu prüfen und die Umsetzung solcher Massnahmen attraktiver zu machen.
Ersatz von Mineraldüngern
Zusätzlich wird der Ersatz von Mineraldüngern durch organische Düngemittel empfohlen, um so die Abhängigkeit der EU von Gas als auch den CO2-Fussabdruck des Sektors zu verringern. Die Verordnung über Düngeprodukte gewährleiste bereits einen besseren Marktzugang zu Düngemitteln aus Abfällen sowie grünen und zirkulären Alternativen zu Erdgas, wird betont. Auch über das europäische Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe seien 180 Mio. Euro in Projekte zur Optimierung des Nährstoffhaushalts, alternativen Düngung sowie zu naturbasierten Lösungen für das Nährstoffmanagement geflossen.
Ausserdem kündigt die Kommission an, im Jahr 2023 einen Aktionsplan für ein integriertes Nährstoffmanagement anzunehmen, um eine effizientere Nährstoffnutzung zu fördern. Dabei sollten jedoch die Ausgangslage in den Mitgliedstaaten und der Zero Pollution Action Plan berücksichtigt werden.
Investitionen in «Erneuerbare»
Ein weiterer Punkt in der Mitteilung ist, dass die Kommission die Mitgliedstaaten zu Investitionen in erneuerbaren Wasserstoff und Biomethan für die Ammoniakproduktion ermutigt. Schliesslich habe sich die Brüsseler Behörde bereits an alternative Lieferanten von Düngemitteln gewandt, um bisherige Lieferungen aus Weißrussland und Russland zu ersetzen. Bereits im Juli 2022 habe die Kommission vorgeschlagen, Handelszölle für Ammoniak und Harnstoff auszusetzen, die zur Herstellung von Stickstoff-Düngern verwendet werden.
Aber auch auf internationaler Ebene will sich die Europäische Kommission mit gezielten Massnahmen weiter um eine bessere globale Ernährungssicherheit bemühen.