Schätzungen gehen davon aus, dass in der EU etwa 19’000 Wölfe leben.
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Das Europäische Parlament hat die Erklärung zum Schutz der Nutztiere vor Wölfen mit 306 Stimmen dafür und 225 Stimmen dagegen mehrheitlich angenommen. Sowohl die EU-Mitgliedstaaten als auch die EU-Kommission müssen nun das Thema aufgreifen.
Dabei geht es vor allem um eine Neubewertung des Schutzstatus des Grossraubtieres, der seit mehr als 30 Jahren unverändert in der Flora-Fauna-Habitat-(FFH)-Richtlinie festgeschrieben ist, und eine Bejagung von Wölfen verbietet.
Wolfsstrategie neu bewerten
Eine Mehrheit im EU-Parlament fordert in einer Resolution die Europäische Kommission auf, die EU-Wolfsstrategie neu zu bewerten. Ihr Hauptargument ist, dass der Wolf nicht mehr vom Aussterben bedroht se. Die Initiative ging von der EVP im EU-Parlament aus. Die grösste Fraktion fordert seit einem Jahr, die FFH-Richtlinie zu überarbeiten, damit der Wolfsbestand stärker reguliert werden kann. Schätzungen gehen davon aus, dass in der EU etwa 19’000 und im Grossraum Europa 21’500 frei lebende Wölfe gibt. In der Schweiz wird der Bestand auf rund 200 Tiere geschätzt.
Europaabgeordnete Simone Schmiedtbauer wertet das Abstimmungsergebnis als «klaren Erfolg» für die Landwirtschaft: «Wir betonen in unserem Forderungskatalog, dass der gute Erhaltungszustand des Wolfs auf gesamteuropäischer Ebene eine Abschwächung des Schutzstatus rechtfertigt. Damit hat die Stimme der Vernunft und der Wissenschaft gesiegt.»
EU-Abgeordneter Alexander Bernhuber sagte, dass eine wissenschaftliche Neubewertung des Schutzstatus ein wichtiger und längst überfälliger Schritt für die Bauernfamilien und den gesamten ländlichen Raum sei. „Es ist bedauerlich, dass es hier keinen gemeinsamen Schulterschluss mit anderen Parlamentsparteien gibt. Jetzt ist die Kommission am Zug. Wir brauchen ein vernünftiges und praxistaugliches Wolfsmanagement. Das muss die Kommission jetzt liefern», stellt Bernhuber klar.
EU-Kommission muss aufhören, dogmatisch zu sein
COPA-COGECA, der Dachverband der EU-Landwirte und -Genossenschaften, begrüsst das Abstimmungsergebnis als klare sowie sachliche Botschaft der EU-Parlamentarier. «Die Zahl der Wölfe hat in den vergangenen Jahren einen beispiellosen Anstieg erlebt, der sich in Zukunft weiter exponentiell fortsetzen kann. Ein neuer Ansatz für das Populationsmanagement muss eingeführt werden, weil der derzeitige Rahmen sowohl veraltet als auch unzureichend ist», erklärt COPA-COGECA.
Immer mehr Tragödien durch das Raubtier im ländlichen Raum machten ein rasches Handeln dringend nötig. «Die EU-Mitgliedstaaten müssen das Thema schnell aufgreifen und die Europäische Kommission muss endlich aufhören, dogmatisch zu sein und konkrete Lösungen für das Management der Wolfsrudel vorschlagen», fordert COPA-COGECA.
Schweiz hat Herabstufung traktandieren lassen
Die Schweiz hat sich für die Herabstufung des Wolfsschutz eingesetzt. Nationalrat Martin Candinas (Mitte/GR) wollte in der Herbstsession vom Bundesrat wissen, ob sich das Bundesamt für Umwelt (Bafu) für eine Rückstufung des Schutzes des Wolfes bei der Berner Konvention eingesetzt hat. Ein Antrag zur Rückstufung vom Bafu ist traktandiert, teilte die Landesregierung mit.
Der Bundesrat beantwortete die Frage mit Ja: «Das Bafu hat sich dafür eingesetzt, dass dem Ständigen Ausschuss in seiner Sitzung vom 29. November bis 2. Dezember 2022 eine aktuelle Bewertung der IUCN-Experten zum Erhaltungszustand des Wolfs in Europa vorgelegt wird. Zudem wurde seitens Bafu beantragt, dass der Antrag der Schweiz zur Rückstufung des Schutzstatus des Wolfs an dieser Sitzung traktandiert wird.» Der Antrag der Schweiz ist für die Novembersitzung 2022 traktandiert. In den vergangenen Jahren hat sich die Schweiz bereits mehrere Male für eine Rückstufung eingesetzt, bisher erfolglos.
Die Berner Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates über den Schutz europäischer wildlebender Tiere und Pflanzen aus dem Jahr 1979. Ziel des Übereinkommens ist es, wildlebende Pflanzen und Tiere sowie ihre natürlichen Lebensräume, insbesondere die Arten und Lebensräume, deren Erhaltung die Zusammenarbeit mehrerer Staaten erfordert, zu erhalten und eine solche Zusammenarbeit zu fördern.
Das Übereinkommen enthält drei Anhänge in denen verschiedene Arten gelistet sind:
- Anhang 1 enthält circa 700 streng geschützte Pflanzenarten. Diese dürfen nicht beschädigt oder entnommen werden.
- Der Anhang 2 (-> Wolf derzeit) beinhaltet die streng geschützten Tierarten. Für die circa 710 dort gelisteten Arten gelten strenge Artenschutzvorschriften. Sie dürfen nicht gefangen, getötet, gestört oder gar gehandelt werden.
- In Anhang 3 (-> Antrag der Schweiz) sind die geschützten Tierarten aufgelistet. Diese Arten sind schutzbedürftig, dürfen aber unter gewissen Umständen bejagt oder genutzt werden.