«Landwirte in der gesamten EU unterliegen strengen administrativen Auflagen, die oft nicht den Realitäten vor Ort entsprechen», so die Europäischen Kommission. Konkret sollen etwa Biolandwirte nicht mehr nachweisen müssen, dass sie bestimmte EU-Umweltauflagen erfüllen, für die sie EU-Fördergelder erhalten.
Geringe Akzeptanz
«Die Kommission steht auf der Seite der Landwirtinnen und Landwirte. Wir tun unser Möglichstes, um die Bürokratie abzubauen, damit sie sich auf das konzentrieren können, was sie am besten können: Lebensmittel für uns alle zu erzeugen und gleichzeitig unsere natürlichen Ressourcen zu schützen», sagt EU-Agrarkommissar Christophe Hansen.
Dieser Regelungsaufwand sei zeitaufwendig und verursache Kosten für die Landwirte und die nationalen Verwaltungen. «Dies führt zu einer geringeren Akzeptanz von Verpflichtungen und kann auch von Investitionen abschrecken», schreibt die Kommission.
Vereinfachungen noch in diesem Jahr
Um Verwaltungsaufwand zu verringern, sollen Kontrollen vermehrt durch den Einsatz von Satelliten erfolgen. Zudem ist ein neuer Grundsatz geplant: Künftig soll es nur noch eine Vor-Ort-Kontrolle pro Jahr und Betrieb geben.
Der deutsche Agrarminister Alois Rainer bezeichnete die Vorschläge als solide Grundlage für anstehende Verhandlungen. «Wer Tiere versorgt und Felder bestellt, braucht Freiräume statt Formulare», sagte der CSU-Politiker. Ziel sei es, noch in diesem Jahr für Vereinfachungen zu sorgen. Der Schreibtisch dürfe nicht die wichtigste Ackerfläche für Landwirtinnen und Landwirte sein.
Bevor die neuen Regeln in Kraft treten können, müssen auch das Europaparlament und die EU-Staaten dem Vorhaben zustimmen.
Mehr Geld für Krisenbewältigung
Damit Bäuerinnen und Bauern mehr Geld zur Bewältigung von Krisen wie Dürre, Frost, Seuchen oder Unwetter bekommen, sollen die EU-Staaten künftig drei Prozent der EU-Agrargelder in solchen Fällen bereitstellen können. Vor allem wetterbedingte Krisen werden künftig wahrscheinlicher.
Langanhaltende Trockenperioden im Sommer sind Experten zufolge eine Folge der Erderwärmung. Mit dem Klimawandel steigt zudem die Wahrscheinlichkeit extremer Hitzeereignisse, was zu schlechteren Ernteerträgen führen kann. Auch steigt in vielen Regionen die Wahrscheinlichkeit für Stürme und Überflutungen.
Die Vorschläge im Überblick
- Vereinfachte Zahlungsregelung für kleine Höfe: die jährliche Pauschalzahlung für Kleinlandwirte wird von 1’250 (1’176 Fr.) auf 2’500 Euro (2’352 Fr.) angehoben. Sie werden auch bei den Bio-Regelungen von bestimmten Umweltvorschriften (Konditionalität) ausgenommen.
- Vereinfachte Umweltanforderungen und -kontrollen: Zertifizierte biologische Betriebe werden automatisch einige der EU-Umweltanforderungen für die Finanzierung erfüllen. Kontrollen werden durch den Einsatz von Satelliten und anderen Technologien gestrafft. Dazu soll der Grundsatz kommen: nur eine Vor-Ort-Kontrolle pro Jahr und Betrieb.
- Verstärktes Krisenmanagement, einfachere Verfahren für die nationalen Verwaltungen: Bessere Unterstützung für Betriebe, die von Naturkatastrophen oder Tierseuchen betroffen sind, durch neue Krisenzahlungen im Rahmen der GAP-Strategiepläne und flexiblerer Risikomanagementinstrumente. Mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Anpassung ihrer GAP-Strategiepläne, vorherige Genehmigung durch die Kommission ist nur für strategische Änderungen erforderlich.
- Verbesserte Wettbewerbsfähigkeit und Digitalisierung: Kleinlandwirte erhalten leichter finanzielle Unterstützung durch eine neue einfache Finanzierungsoption mit einem Pauschalbetrag von bis zu 50’000 Euro (47’000 Fr.) für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Die nationalen Verwaltungen werden weiter ermutigt, interoperable digitale Systeme zu entwickeln. Nach dem Grundsatz «Einmalige Meldung, mehrfache Nutzung» besteht das Ziel darin, dass die Landwirte ihre Daten nur einmal über ein einziges System übermitteln müssen.
Zuvor grosse Bauernproteste
Der Legislativvorschlag wird nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Annahme vorgelegt. Neben Änderungen der wichtigsten GAP-Vorschriften (Gemeinsame Agrarpolitik) wird die Kommission im Laufe dieses Jahres weitere Vereinfachungsmassnahmen vorschlagen.
Vergangenes Jahr waren nach Bauernprotesten in der EU bereits Erleichterungen für Landwirte beschlossen worden. Damals wurden eine Lockerung von Umweltauflagen ermöglicht und kleinere Betriebe von Kontrollen befreit. In mehreren Ländern organisierten Landwirte Proteste. Unter anderem beklagten sie zu viel Bürokratie.