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Keine Fahrer – Bauern kippen Milch weg

awp/blu |

 

Britische Bauern haben wegen fehlender Lkw-Transporte Zehntausende Kilo Milch vernichtet. Preissenkungen, Arbeitskräftemangel und steigende Produktionskosten machen den Bauern zusätzlich schwer zu schaffen.

 

«Der Mangel an Chauffeuren hat ziemlich grosse Auswirkungen», sagt der Vorsitzende des Branchenverbandes Royal Association of British Dairy Farmers, Peter Alvis, zu Reuters.

 

Schätzungen zufolge fehlen der britischen Transportbranche derzeit rund 100’000 Fahrer. Das liegt vor allem daran, dass viele Trucker nach dem Brexit auf den europäischen Kontinent zurückgekehrt sind. Bislang sei das Wegkippen von Milch noch kein flächendeckendes Problem – doch Berichte von Betroffenen mehren sich.

 

Emotional erschöpfend

 

Allein ein Milchviehhalter in Mittelengland hat in den vergangenen zwei Monaten 40’000 Kilo vernichten müssen, weil kein Fahrer sie abholen konnte. «Es ist einschneidend und emotional erschöpfend, wenn man Milch produziert und am Ende des Tages den Stecker ziehen muss», sagt ein Landwirt in vierter Generation.

 

Er will nicht namentlich genannt werden, da er negative Reaktionen fürchtet. In seiner 45-jährigen Karriere könne er sich nur an zwei oder drei Mal erinnern, in denen er Milch wegwerfen musste – damals aufgrund schlechten Wetters.

 

Preissenkung aus Not

 

In ihrer Not sehen sich viele Bauern gezwungen, die Preise zu senken. Bei den Abnehmern handelt es sich dann oftmals um kleine Unternehmen, die Milch zu niedrigeren Preisen aufkaufen und sie zu anderen Verkaufsstellen transportieren. Rob Huntbatch etwa erwirbt Milch für die Hälfte des normalen Preises und verarbeitet sie zu Quark. In der Regel hat er zwei Stunden Zeit, um die Milch abzuholen, wenn ein Landwirt ihn anruft – sonst muss sie weggeschüttet werden.

 

Allein in Cheshire rettete Huntbatch im September auf diese Weise 160’000 Kilo Milch. Dennoch mussten 80’000 Kilo weggegossen werden. «Dies ist nur die Spitze des Eisbergs», sagte Huntbatch. «Ich denke, es wird noch schlimmer werden – im Winter, wenn es schneit und Fahrer nicht rechtzeitig kommen können.» Im vergangenen Jahr wurden im Vereinigten Königreich 15,3 Mrd. Kilo Milch produziert. Zum Vergleich: In der Schweiz sind es 3,4 Mrd. Kilo.

 

Noch sind die weggeschütteten Mengen klein.
Myriams-Fotos

 

Keine Arbeitskräfte…

 

Die Ungewissheit im Zusammenhang mit dem Milchtransport geht einher mit explodierenden Kosten und der Schwierigkeit, Arbeitskräfte für die Höfe zu finden. Nur ein Drittel der Milchbauern arbeitet fünf Jahre oder länger in einem Betrieb. Nur wenige Briten bewerben sich um eine Stelle auf einem Bauernhof. 42,1 Prozent der britischen Milchviehbetriebe sind daher immer noch auf Arbeitskräfte aus der EU angewiesen, wie kürzlich eine Umfrage der Royal Association of British Dairy Farmers ergab.

 

Nach Ansicht von Peter Alvis, dem Vorsitzenden der Milchbauern, wurden bisher noch die grossen Mengen Milch vernichtet. Doch Versorgungsengpässe würden sich aber wegen Verderblichkeit von Milch schnell bemerkbar machen. «Ich glaube nicht, dass sich die globalen Lieferketten nach der Pandemie wieder beruhigt haben. Und der Mangel an LKW-Fahrern hat ziemlich grosse Auswirkungen», sagte er weiter.

 

…und steigende Kosten

 

Die Preise für Düngemittel sind aufgrund höherer Erdgaspreise gestiegen. Auch die Grosshandelspreise für Strom sind in die Höhe geschnellt. Henry Bloxham, der in Staffordshire 250 Kühe hält, berichtet, dass seine Düngemittelpreise innerhalb von drei Wochen um 150 Prozent gestiegen seien.

 

Kraftstoff wiederum habe sich allein in der vergangenen Woche um zehn Pence pro Liter verteuert. Wenn die Kosten auf dem derzeitigen Niveau bleiben, will er bis April nächsten Jahres aus der Branche aussteigen. «Wenn wir weiterhin diese Kosten zahlen müssen, werden wir im nächsten Sommer eine Massenflucht von Milchbauern erleben.»

 

Tierwohlkatastrophe

 

Nicht nur bei den Milchbauern gibt es gravierende Probleme wegen des Mangels an Chauffeuren. Auch bei den Schlachthöfen hat der Arbeitskräftemangel Auswirkungen. Es fehlen Metzger. Wie die «Times» berichtete, erwägt die Regierung nun, bis zu 1000 vorübergehende Arbeitsvisa für ausländische Fachkräfte als Soforthilfe auszugeben.

 

Der Verband der Schweinezüchter warnte vor einer «akuten Tierwohlkatastrophe». Weil die Tiere nicht geschlachtet werden können, reiche der Platz auf den Bauernhöfen nicht mehr aus, sagte der Chef der National Pig Associaton, Rob Mutimer, Ende September dem Sender BBC Radio 4.

 

Es drohe eine Massenkeulung. Seine Schweine wögen normalerweise etwa 115 Kilogramm, nun hätten sie bereits 140 Kilogramm auf den Knochen, sagte Mutimer. «Die Ställe und Einrichtungen sind einfach nicht für Tiere dieser Grösse ausgelegt.»

Kommentare (4)

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  • Aaremiuchgigu | 08.10.2021
    Doch ! ch gebe meinem Milchchauffeur immer einen Weihnachtsbazen . Was in England passiert ist ein Abbild unserer Gesellschaft , Gestern im Radio " grüne fordern möglichst kurze Transporte mit Schlachttieren ?!?! " Hallo warum gehrn denn immer nehr Schlachtbetiebe zu ? sicher nicht wegen den ganz normalen Erdgeneossen .
    • Jonas Hartmann | 08.10.2021
      Du verwechselst da so einiges. Es geht in England nicht um die kurzen Wege sondern darum, dass sie aus der EU ausgetreten sind und damit die ausländischen Chauffeure aus der EU ihr Visum verloren. Und jetzt fehlen sie da. Hat also gar nichts mit der Schliessung von Schlachtbetrieben zu tun. Dass Tankstellen nicht beliefert werden können hat auch nichts mit Tiertransporten zu tun. Solche Verwurstelungen, die nichts miteinander zu tun haben, führen dann zu Verschwörungstheorien.
      • Jonas Hartmann | 08.10.2021
        Und wenn du mit dem "Abbild unserer Gesellschaft" argumentierst, dann kann ich nur sagen: JA GENAU, dieses Abbild ist genau das der grössten populistischen Partei der Schweiz.
  • Lüthi thomas | 07.10.2021
    Als Schweizer Cauffeur möchte ich nicht auf England zeigen: angenommen alle ausländischen Chauffeurn in der Schweiz verlassen das Land , wie viele lkw würden dan stehen?? Den ohne LKW läuft nichtz !!! Und kaum einen Dank

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