Die Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay seien für einen Abschluss bereit, sagte Parmelin nach einem Treffen mit der argentinischen Aussenministerin Diana Mondino in Davos GR. Die Südamerikaner würden aber erst mit der EU fertig verhandeln wollen.
Abkommen auch ohne EU
In der EU steht das Abkommen grundsätzlich, zuletzt wurde allerdings noch an technischen Details gefeilt. Und es waren neue Bedingungen hinzugekommen. Wenn die Verhandlungen mit der EU doch noch blockiert würden, wären die Mercosur-Staaten laut Parmelin auch bereit, mit den Efta-Ländern Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein weiterzuverhandeln. Er hielt einen Abschluss im «optimistischen Fall» noch bis Ende des laufenden Jahres für möglich.
Mit dem Abkommen wollen die Mercosur-Staaten Zölle auf Industriegüter teilweise oder ganz abbauen. Die Schweizer Industrie fordert sei Jahren ein Abkommen im Gleichzug mit der EU, damit die einheimischen Betriebe nicht benachteiligt werden.
Einigung bereits 2019 angekündigt
95 Prozent der Ausfuhren aus der Schweiz sollen zollbefreit werden. Angesichts der hohen Zölle, die bislang von den Mercosur-Staaten erhoben wurden, ermöglicht das Abkommen gemäss dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) jährlich Zolleinsparungen von über 180 Millionen Franken. Der durchschnittliche Zollansatz auf Schweizer Exporten liegt bei 7 Prozent mit Zollspitzen bis zu 35 Prozent.
Im August 2019 hatte Wirtschaftsminister Guy Parmelin in Buenos Aires erklärt, die Schweiz habe sich im Efta-Verbund mit dem Staatenblock Mercosur auf einen Handelsvertrag geeinigt. Gemäss dem ursprünglichen Fahrplan sollte der Vertrag noch im selben Jahr definitiv unter Dach und Fach gebracht werden. Erst sorgte die Corona-Krise für Verzögerungen. Allerdings herrschten vor allem Meinungsverschiedenheiten unter den Vertragspartnern, die einen Abschluss verhinderten. Ein Thema waren unter anderem umstrittene Ursprungsregeln.
Rind- und Pouletfleisch
Die vier südamerikanischen Staaten erwirtschaften mit insgesamt 260 Millionen Einwohnern ein Bruttoinlandprodukt im Umfang von rund 2,4 Billionen US-Dollar. Noch offen bleibt, ob und wann Bolivien dem Pakt beitritt. Sechs weitere Staaten sind zudem assoziierte Mitglieder.
Die Schweiz exportiert heute Güter im Wert von etwa 3,6 Milliarden Franken pro Jahr in die Mercosur-Staaten. Das meiste davon sind chemisch-pharmazeutische Produkte, also Medikamente. Sie machen rund drei Viertel der Schweizer Exporte aus. Mit knapp einem Fünftel sind Maschinen und Elektronikprodukte die zweitgrösste Exportklasse.
Auf der Gegenseite liefern die Mercosur-Staaten vor allem Nahrungsmittel in die Schweiz. Nahrungs- und Genussmittel machen einen Anteil von 57 Prozent an den gesamten Importen aus. Dabei stechen Kaffee und Fleisch als wichtigste Exportgüter heraus. Im Agrarbereich gewährt die Schweiz etwa für Fleisch, Käse, Speiseöle, Weizen, Früchte, Gemüse, Rotwein oder Futtergetreide jährliche Konzessionen.
Die Schweizer Exporteure sollten dank dem Abkommen die meisten Produkte zollfrei nach Südamerika liefern können. Für Käse, Kaffee und Schokolade soll sich mit Abkommen die Exportbedingungen verbessern. Im Gegenzug sollen gemäss den Angaben von 2022 aus den vier Ländern 3000 Tonnen Rindfleisch, 1000 Tonnen Pouletfleisch, 2000 Tonnen Soja- und Erdnussöl und 1500 Tonnen Weizen zollfrei in die Schweiz kommen.
Abkommen auch mit Vietnam
Wie die Efta hatte auch Brüssel vor mehreren Jahren im Grundsatz eine Einigung erzielt. Jedoch machten das EU-Parlament und auch viele Mitgliedsstaaten klar, dass sie den Vertrag in der bestehenden Form nicht annehmen wollten, da verbindliche Verpflichtungen zu Umwelt- und Sozialstandards sowie zum Schutz der Menschenrechte fehlten.
Weiter kündige Parmelin in Davos an, dass auch ein Freihandelsabkommen mit Vietnam kurz vor dem Abschluss stehe. Für diesenn Schritt wurde die Schweiz beziehungsweise Bundespräsidentin Viola Amherd vom südostasiatischen Land für einen Besuch eingeladen. Der genaue Zeitpunkt stand zunächst noch nicht fest.