Die Nachfrage nach Milch und Joghurt ist gross. Viele Londoner und Londonerinnen bezahlen den hohen Preis liebend gerne für die schlachtfreien Produkte. Doch diese Art von Tierhaltung erfordert ein gutes Management.
Der Milchviehbetrieb Ahimsa im britischen Rutland vermarktet seine Milch, in wahlweise roher oder pasteurisierter Form, direkt an 350 Londoner Konsumenten. Nachdem sich 1000 weitere Interessenten auf der Warteliste eingetragen hatten, wurde diese geschlossen.
Bis zum Tod
Und das bei Milchpreisen von über vier Pfund pro Liter und ohne dass an den Kühen irgendetwas Bemerkenswertes wäre – ausser ihrem Alter. Denn der Ahimsa-Betrieb lässt alle Tiere auf seinen Weiden bis zu ihrem natürlichen Tod leben.
Das Wort «Ahimsa» kommt aus dem Sanskrit und bedeutet Gewaltlosigkeit. Und so vertreibt der Betrieb T-Shirts mit der Aufschrift «Love milk – hate slaughter», liebe Milch – hasse das Schlachten. Das Wohlergehen der Tiere bis zu ihrem natürlichen Tod ist der Kern des Geschäftskonzepts von Ahimsa. Dazu gehört auch, dass die männlichen Tiere durch Arbeit auf den Äckern und Wiesen des Betriebs mit Feldarbeit beschäftigt werden.
Kühe leben 15 bis 18 Jahre
Milch ohne die Schlachtung von Tieren erfordert ein aktives Herdenmanagement. Und so werden die meisten Bullenkälber kastriert. Nur zwei Stiere sind für die vier bis sechs Kälber verantwortlich, die jährlich neu geboren werden. Mehr braucht es nicht in einem System, in dem die durchschnittliche Lebensdauer der Tiere nach Angaben des Co-Geschäftsleiters Darryl Biggs 15 bis 18 Jahre beträgt und in dem die Laktationsperiode deutlich länger ist als in der konventionellen Landwirtschaft.
Vor 15 Jahren begannen einige engagierte Personen damit, eine Datenbank mit interessierten Kunden aufzubauen und Sponsoren zu suchen. Vor zwölf Jahren konnten dann die ersten Kühe gekauft werden, vor acht Jahren sogar das erste eigene Land. Seitdem ist die Ahimsa Dairy Foundation auf einem stetigen Wachstumskurs. Es wurden Wohnmöglichkeiten für Touristen auf dem Betrieb geschaffen und eine Käserei errichtet.
Ahimsa ist nicht der erste Betrieb, der sich dem Wohlergehen der Kühe einschliesslich der Gewaltfreiheit verschrieben hat, aber der mit der breitesten Öffentlichkeitsarbeit. Auf seiner Facebook-Seite wird jede neu erworbene Kuh vorgestellt, auf der Website des Betriebs jeder Abgang betrauert. Man kann Kalender des Betriebs mit Kuhbildern kaufen, eine Patenschaft für eine Kuh übernehmen oder auch an Kursen für gewaltfreie Milchproduktion teilnehmen.
Keine Fördermittel
Auf die Frage, wie sich der Umsatz des Betriebs aus Direktzahlungen, Milcherlös, Tourismus und Patenschaften zusammensetzt, differenziert Biggs: Auf Direktzahlungen und sonstige Fördermittel verzichte man, um sich nicht abhängig vom Staat zu machen. Die Gewinne vom Kuhsponsoring und aus der Vermietung von Ferienhäusern auf dem Betrieb fliessen in die Öffentlichkeitsarbeit und in die Zusammenarbeit mit der Forschung. So würde man mit der nahe gelegenen Forschungsanstalt in Rothamsted an der Stromgewinnung aus Gülle arbeiten.
Ahimsa Farm
Für den Unterhalt von Menschen und Tieren müssen die Erlöse aus dem Milchverkauf reichen. Von diesem Geld fliesst etwa ein Drittel in die Versorgung der alten Kühe, die keine Milch mehr geben. Biggs nennt das die Pensionskasse der Tiere. Biggs ist überzeugt, dass es auch in der Schweiz einen Platz für das Geschäftsmodell von Ahimsa, das ein langes und gutes Leben der Tiere in den Mittelpunkt stellt, gibt.