Die Richtpreise für industrielle Molkereimilch werden in der Regel quartalsweise festgelegt. Letztmals war das Ende November 2023 der Fall.
Detailhandel wollte keine Senkung
Weil sich die Vertreter von Produzenten, Verarbeiter und Handel nicht auf einen unveränderten A-Richtpreis von 81 Rappen pro Kilo einigen konnten, kam ein Automatismus zur Anwendung gekommen.
Das System, basierend auf dem Molkereimilchpreisindex, hat eine Senkung von 2 Rappen angezeigt. Die Senkung führte die Branchenorganisation auf die deutlich gesunkenen Milchpreise in der Europäischen Union zurück. «Seit Dezember 2022 sind die Milchpreise in der EU gemäss Marktbeobachtung der EU-Kommission um 14,8 Cents (14,40 Rp.) gesunken», hiess es damals in der Mitteilung. So sank der A-Richtpreis für industrielle Molkereimilch im A-Segment auf 79 Rappen je Kilo.
Wie Coop-Chef Philipp Wyss gegenüber «Schweizer Bauer» sagte, seien die Käser für die Senkung verantwortlich. Coop und Aldi wollten gemäss Wyss den Richtpreis bei 81 Rappen belassen. Mit der Richtpreissenkung werde die Preisschere nun wieder kleiner, sagte hingegen die BOM. Auf den 1. Januar 2023 hatte die BOM den A-Richtpreis um 3 Rappen auf 81 Rappen je Kilo erhöht. Der Preis blieb während des ganzen Jahres stabil.
Unmut «enorm»
Nun trifft sich der Vorstand der Branchenorganisation Milch (BOM) am Freitag zu einer Sitzung. Besprochen wird der Richtpreis für das 2. Quartal. Bauernorganisationen wie BIG-M und auch der Zürcher Bauernverband (4 Rappen) fordern die BOM auf, den A-Richtpreis zu erhöhen.
Auch der Berner Bauernverband (BEBV) fordert einen höheren Milchpreis ein. «Die zentrale Forderung nach fairen Preisen für die geleistete Arbeit muss nun zwingend umgesetzt werden», heisst es in einer Mitteilung. Der Unmut bei den Landwirtinnen und Landwirte sei «enorm». Der BEBV fordert von der BOM, den A-Richtpreis um mindestens 5 Rappen auf 84 Rappen je Kilo Milch zu erhöhen.
«Fatalen Fehler korrigieren»
Der Verband verweist auf die Mahnwachen des vergangenen Wochenendes. Mehrere tausend Bauern mit über 1000 Traktoren haben sich an mehreren Orten eingefunden, um der Forderung nach besseren Produzentenpreisen Nachdruck zu verleihen. «Diese Forderungen müssen jetzt dringend umgesetzt werden», macht der BEBV klar. Es gelte, den «fatalen Fehler der ungerechtfertigten Richtpreissenkung auf das erste Quartal 2024 nun zu korrigieren.»
Die Bedenken der Milchproduzenten müssten ernst genommen werden. Handel und Verarbeiter stünden in der Pflicht. «Eine Branche kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette angemessen an den Erträgen teilhaben», so der BEBV.
Prüfstein
Die Unzufriedenheit der Basis ist gross. In den vergangenen Wochen haben Landwirtinnen und Landwirte an verschiedenen Aktionen für bessere Produzentenpreise protestiert. Die Richtpreiseverhandlungen mit der BOM gelten als Prüfstein, ob die Forderungen des Schweizer Bauernverbandes (SBV) umgesetzt werden können. Der SBV hat eine Petition lanciert. Darin forderte eine Erhöhung der Produzentenpreise von 5 bis 10 Prozent. Unterschrieben wurde die Petition von über 60'000 Personen. Nun wird sich weisen, ob dieses Schreiben erstmals Wirkung zeigen wird.
Wie schweizerbauer.ch in Erfahrung bringen konnte, sind die Chancen, dass der Richtpreis steigen wird, als sehr gering einzustufen.
Kommentare (1)