Mit der Schliessung der Molkerei gehe ein Stück Tessiner Milchgeschichte zu Ende, sagt Carlo Croci, Verwaltungsratspräsident Lati SA.
2019 wird die ZMP Hauptaktionär
Die Molkerei ist seit mehreren Jahren finanziell angeschlagen. 2019 stand das Vorbestehen auf der Kippe. Die Molkerei gehörte damals zu 100 Prozent der Federazione ticinese produttori di latte (FTPL), dem kleinsten Schweizer Milchverband. Die Molkerei geriet zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Sie nahm Verhandlungen mit der Genossenschaft Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) auf.
Das gesamte Aktienkapital wurde abgeschrieben, ein Partner verzichtete auf die Rückzahlung eines grösseren Darlehens. Die Versammlung beschloss zudem eine Aktienkapitalerhöhung von 1 Million Franken. Die FTPL musste ihre Mehrheit abgeben. Das Aktionariat setzte sich 2019 fortan wie folgt zusammen: 20 Prozent FTPL, 10 Prozent Cetra Alimentari SA und die ZMP Invest AG 70 Prozent.
Wie es auf der Website von ZMP heisst, beträgt die Beteiligung der ZMP Invest AG an der Lati heute nun 82 %. Die ZMP Invest AG hält auch über 50 Anteile am Aktienkapital der Emmi AG.
Zu grosses Areal
Das neue Aktionariat konnte den Konkurs abwenden. Stabilisierungsmassnahmen wie ein neuer Businessplan, eine Aktienkapitalerhöhung oder die Streichung von Arbeitsstellen zeigten nicht die gewünschte Wirkung. Die Lage der Lati verschlechterte sich stetig. Ein Versuch, in der Deutschschweiz Fuss zu fassen, misslang.
«Die Umsätze haben sich nicht wie geplant entwickelt. Und ab Herbst 2022 haben sich die Zahlen nochmals signifikant verschlechtert», teilt die Lati am Freitag mit. Auch hohe Strukturkosten belasten das Unternehmen. «Zum einen sind es das Areal mit den grossen Gebäudevolumen mit der kleinen Milchverarbeitung von rund 4 Mio. kg Milch, zum anderen steht der Standort S. Antonino nicht im Zentrum der Tessiner Milchproduktion, was schon seitjeher hohe Transportkosten generiert hat», schreibt die Lati weiter.
Verlagerung nach Airolo verworfen
Zudem habe es während den Sommermonaten an Milch gemangelt, da während dieser Periode die Kühe auf der Alp seien. «Zusammen mit dem Kanton wurden Varianten geprüft, um eine möglichst breit abgestützte Lösung für die zukünftige Tessiner Milch- und Käsewirtschaft zu erzielen», teilt die Lati mit. Eine vollständige Produktionsverlagerung zur Caseificio dimostrativo del Gottardo SA in Airolo wurde aufgrund der hohen Investitionskosten von 7 bis 8 Mio. Franken verworfen.
Aufgrund dieser Ausgangslage hat das Unternehmen die Schliessung des Standorts San Antonio diskutiert und nun vollzogen. Die Schliessung erfolgt Mitte 2024. Am Standort werden 21 Personen beschäftigt, 10 bis 12 Personen wird die Kündigung ausgesprochen. Sechs Mitarbeitende und ein Auszubildender kommen bei Cetra Alimentari unter, zwei Angestellte und ein Lernender werden vom Caseificio dimostrativo del Gottardo übernommen.
Die Marke «Lati» wird wieder dem ursprünglichen Besitzer, dem Tessiner Milchverband respektive, übertragen.
zvg
So geht es weiter
Mit der Schliessung wird nun ein sogenannter «Transformationsprozess» umgesetzt. Der Handel und die Konfektionierung, unterer anderem auch von Tessiner Alpkäse, werden zur Cetra Alimentari SA in Mezzovico transferiert. Dort werden rund 800'000 Franken investiert.
Die Produktion der geschmierten «Lati»-Halbhartkäse Merlottino, Fontella, Sole del Ticino und der Formagella wird durch die Caseificio dimostrativo del Gottardo SA in Airolo übernommen. In der Leventina werden zusätzlich 1.6 Mio. kg Milch verarbeitet. Das sind rund 140 Tonnen Käse. «Die Investitionen, die Caseificio dimostrativo del Gottardo SA dafür tätigen muss, sind betriebswirtschaftlich zielführend», schreibt Lati.
Die Marke «Lati» gehört der Lati SA und soll wieder an ihren ursprünglichen Besitzer, den Tessiner Milchverband übertragen werden. «Lati» habe das Potenzial für eine starke regionale Marke im Tessin. Die Produkte müssten aus Milch aus dem Tessin hergestellt werden, schreibt Lati.
Für die «Lati»-Weichkäse Brioso, Robiola/Tomino, Gorello, Quadratino und Formagini von insgesamt 90 Tonnen (1.1 Mio. kg Milch) und die Trinkmilch (Pastmilch) von rund 1.3 Mio. kg ist die Produktion noch nicht gesichert. Es werden Lösungen im Tessin geprüft.
2022 hat die Lati rund 8,5 Millionen Kilo Milch von 60 Produzenten gehandelt. Zum Vergleich: Lati-Hauptaktionär ZMP handelte 413 Millionen Kilo. Die Mooh, die grösste Organisation, über 540 Millionen Kilo.
Abnahme der Milch garantiert
Damit ist für einen grösseren Teil der Milchmenge noch keine definitive Lösung gefunden worden. Für die Produzenten soll dies aber keine Auswirkungen haben. Die ZMP garantiert den Tessiner Milchbäuerinnen und -bauern die Abnahme sämtlicher Milch, die nicht im Tessin verarbeitet werden kann. Die ZMP übernehme diese zu den marktüblichen Milchpreisen, heisst es.
Ziel sei es, mittel- bis langfristig alle Tessiner Milch wieder im Tessin zu «wertschöpfungsstarken Produkten» zu verarbeiten. Die wegfallenden Transportkosten hätten sofort eine positive Auswirkung auf den Produzentenpreis, hält die Lati fest.
Wie soll das bitte gehen? Auch wenn es die LATI SA nicht mehr gibt, muss die Milch ja dennoch irgendwo hin transportiert werden, im dümmsten Fall sogar in die Deutschschweiz.....