Ab Anfang 2024 darf nur noch Schweizer Milch produziert, gehandelt und verarbeitet werden darf, die dem Nachhaltigkeitsstandard «Swissmilk Green» entspricht. Für Ausnahmefälle gibt es Kompensationsmöglichkeiten – mit Zuschlag – und eine Übergangsfrist ohne Zuschlag.
Der Branchenstandard Nachhaltige Schweizer Milch wurde am 1. September 2019 eingeführt. Die Milchbauern müssen 10 Grundanforderungen sowie 2 Zusatzanforderungen erfüllen, damit ihre Milch den Standard erfüllt. Den Bauern wird ein Nachhaltigkeitszuschlag von 3 Rappen für Molkereimilch im A-Segment ausbezahlt, die den Standard erfüllt. Im Detailhandel werden seit September 2019 Milchprodukte teilweise mit einem Logo gekennzeichnet.
Verschiedene Lösungen
BOM
Ab dem 1. Januar 2024 gilt es für alle Produzenten ernst: Der Grüne Teppich wird verpflichtend. Die Branchenorganisation Milch fordert, dass ab Januar 2024 ausschliesslich Milch und Rahm produziert, gesammelt, verarbeitet und verkauft werden, die die Anforderungen des Grünen Teppichs erfüllen oder die als «Übergangsfrist» angemeldet sind. Von dieser Regelung ausgenommen ist einzig Milch, die den Anforderungen der «Übergangsfrist» entspricht und als solche in der Datenbank Milch (DB Milch) registriert ist. Dies wurde von Delegierten der Branchenorganisation Milch (BOM) an der Versammlung von Mitte April bestätigt.
«Milchproduktionsbetriebe, die Schwierigkeiten haben, sich an einem der Tierwohlprogramme des Bundes (BTS, RAUS oder Weidebeitrag) und somit am Grünen Teppich zu beteiligen, haben die Möglichkeit, zwischen drei Kompensationen zu wählen oder – im Fall einer geplanten Betriebsauf- oder -übergabe – einen Nachweis zur Erfüllung der Anforderungen für die sogenannte «Übergangsfrist» vorzulegen», schriebt die BOM auf ihrer Website.
Neuerungen
- Die Kompensationen «Basis-Gesundheitsprogramm Rindvieh», «Sömmerung» und «8 Aren Wiesenfläche pro Kuh zur Frischverfütterung» stehen ab April zur Auswahl (mit Nachhaltigkeitszuschlag).
- Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich ein Betrieb für eine fünfjährige «Übergangsfrist» registrieren (ohne Nachhaltigkeitszuschlag).
- Bis Ende Dezember 2023 haben sich sämtliche Milchproduzenten, Erstmilchkäufer, Milchhändler und -verarbeiter für den Grünen Teppich angemeldet.
- Ab Januar 2024 braucht es somit keine Massenbilanz mehr.
Kompensationsmöglichkeiten
Betriebe, die eine Kompensationsmöglichkeit wählen, Kompensationsmöglichkeiten. Sie erhalten auch den Nachhaltigkeitszuschlag.
1. Basis-Gesundheitsprogramm Milchvieh:
Der Milchproduktionsbetrieb verpflichtet sich jährlich, zusammen mit dem Bestandestierarzt, den Check zum Basis-Gesundheitsprogramm Milchvieh durchzuführen. Der Beleg für den ersten Check ist, vom Betriebsleiter und vom Bestandestierarzt unterschrieben, bis spätestens Ende Dezember 2023 bei der BOM einzureichen. Zudem erhalten die Milchkühe dieser Betriebe während der Vegetationsperiode monatlich 26-mal Zugang zu einem Auslauf. Während der Winterfütterungsperiode erhalten sie mindestens 30-mal Auslauf, wobei sie gemäss Tierschutzverordnung höchstens zwei Wochen ohne Auslauf bleiben dürfen.
-> Ablauf Gesundheitsprogramm Milchvieh
-> Checkliste
2. Sömmerung:
Die Milchkühe werden jedes Jahr während mindestens 80 Tage gesömmert (Sömmerungsbetrieb gemäss TVD). Befinden sich die Kühe auf dem Talbetrieb, erhalten sie im Winter monatlich 13 Mal Zugang zu einer Auslauffläche, im Sommer sind es monatlich 26 Mal.
3. Wiesenfläche pro Kuh zur Frischverfütterung:
Pro Kuh werden mindestens 8 Aren Wiesenfläche zur Frischverfütterung genutzt (Eingrasen oder Weide). Zudem erhalten die Milchkühe im Winter monatlich 13- und im Sommer monatlich 26-mal Zugang zu einem Auslauf.
Betriebe, die eine der Kompensationen wählen, registrieren sich bis Ende Dezember 2023 per Selbstdeklaration bei dbmilch.ch. Sie sind dann gemäss BOM für den Grünen Teppich angemeldet, und sie haben ab dem Folgemonat Anrecht auf den Nachhaltigkeitszuschlag. Die BOM weist darauf hin, dass sich es lohnt frühzeitig aktiv zu werden. «Besonders für die Kompensation Basis-Gesundheitsprogramm Milchvieh braucht einige Wochen Vorlaufzeit bis zur effektiven Erfüllung der Anforderungen», teilt die Branchenorganisation mit.
«Übergangsfrist»
BOM
Mit der Übergangsfrist will die BOM vor allem ältere Betriebsleitende ansprechen. Ihnen soll es während einer fünfjährigen Übergangsfrist möglich sein, Milch zu produzieren, ohne dass sie noch in ein Stallbauprojekt investieren müssen. Die Massnahme unterstreiche den Aspekt der Sozialverträglichkeit des Grünen Teppichs, so die BOM. Die Option «Übergangsfrist» steht ebenfalls Betriebsleitenden offen, die ein Milchviehstallprojekt planen, das den Anforderungen von BTS, RAUS oder Weidebeitrag entspricht, und Betriebsleitenden, deren Stallbauprojekt stockt.
Es gibt aber ein bedeutenden Unterschied zu den Kompensationsmöglichkeiten. Weil Milch aus «Übergangsfrist»-Betrieben die Anforderungen des Grünen Teppichs nicht erfüllen, wird dafür kein Nachhaltigkeitszuschlag bezahlt. Hingegen wird sie auch nach dem 31. Dezember 2023 – dem Ende der Massenbilanz des Grünen Teppichs – gesammelt und verarbeitet.
Kriterien «Swissmilk green»
Der grösste Teil der Schweizer Milchproduzenten erfüllt die Vorgaben von Swissmilk green. Rund 40 Vertreter von Milchproduktions-Organisationen, Verarbeiter, Grossverteiler sowie der Schweizer Tierschutz haben die Charta für den Branchenstandard nachhaltige Schweizer Milch 2019 unterzeichnet.
Die zwingenden Anforderungen im Bereich Tierwohl (5 Anforderungen), Fütterung (2) und Weitere (3) wurden im Herbst 2018 bekanntgegeben. Bei den zusätzlichen acht Anforderungen, die im Sommer 2019 kommuniziert wurden, müssen die Bauern zwei Kriterien auswählen und erfüllen.
Zwingende 10 Anforderungen
Fünf Anforderungen aus dem Bereich Tierwohl
RAUS-BTS: Die Kühe müssen an einem der beiden (oder beiden) Tierwohlprogramme des Bundes teilnehmen. BTS steht für besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme, RAUS steht für regelmässigen Auslauf.
Kälberhaltung: Die Mindesthaltedauer auf dem Geburtsbetrieb beträgt bei allen geborenen Kälbern 21 Tage.
Mindestmelkintervall: Die Kühe müssen mindestens zweimal pro Tag gemolken werden.
Einhaltung Richtlinien ASR: Die Tierhalter, welche mit ihren Tieren an Schauen und Aus-stellungen gehen, müssen sich verpflichten, die Richtlinien ASR einzuhalten.
Keine Trächtigkeit bei Schlachtkühen: Bei Schlachtkühen muss die Nicht-Trächtigkeit nachgewiesen gemäss der Branchenregelung Proviande eingehalten werden.
Zwei Anforderungen im Bereich Fütterung
Sojaschrot: Falls Sojaschrot in der Fütterung verwendet wird, muss dieses nachweislich aus nachhaltigen Quellen stammen.
Palmfett und Palmöl: Die Fütterung der Milchkühe kommt zu 100% ohne Palmfett oder -öl aus.
Drei weitere Anforderungen
Antibiotikaeinsatz: In der tiermedizinischen Behandlung dürfen ohne tierärztliche Anordnung keine kritischen Antibiotika verwendet werden, welche wegen der möglichen Resistenzbildung in der Humanmedizin umstritten sind.
Biodiversität: Das Bundesprogramm ÖLN muss erfüllt werden. Dies bedeutet, dass in der Regel mindestens 7% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche besondere Leistungen zur Biodiversität erfüllen.
Name der Kuh und Kalb: Jede Kuh hat ab Geburt einen Namen, welcher in der TVD eingetragen ist. Damit wird die für den Familienbetrieb typische Beziehung Tierhalter zum Tier zum Ausdruck gebracht.
8 Zusatzanforderungen (2 davon müssen die Bauern erfüllen)
RAUS und BTS
Ein Zusatzkriterium gilt als erfüllt, wenn der Milchbauer an den Bundes-Tierwohlprogramme BTS (besonders tierfreundliche Stallhaltungssystem) und RAUS (regelmässigen Auslauf) teilnimmt.
Lebetagleistung
Im Talgebiet: Mehr als 8 kg Milch als Durchschnitt über die ganze Herde.
Im Berggebiet: Mehr als 6 kg Milch als Durchschnitt über die ganze Herde.
Antibiotika
Kein prophylaktischer Einsatz von Antibiotika bei Milchkühen. Als Beispiel angefügt werden Trockenstellen, Gebärmuttervorfall oder Mortellaro.
Komplementärmedizin
Im Krankheitsfall Anwendung von komplementärmedizinischen Methoden wie Homöopathie oder Phytotherapie.
Soziale Absicherung
Die Entlöhnung von Familienarbeitskräften wird dokumentiert.
Anerkannter Lehrbetrieb
Weiterbildung
Das Betriebspersonal besucht mindestes während einem halben Tag pro Jahr eine Weiterbildung.
SchuB
Der Betrieb bietet mindestens einmal pro Jahr Schule auf dem Bauernhof an.