«Wenn sich bei den Preisschlachten der Discounter, in der Politik und unserem Einkaufsverhalten nicht bald grundlegend was ändert, geht die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland vollends den Bach runter», teilt der Bauernhof Häfele mit. Die Bauern haben das Zentrallager in Altenstadt am Sonntag blockiert. – Facebook
Die deutschen Bauern sind verärgert über die Preispolitik der Detailhändler. Vergangene Woche blockierten die Landwirte Zentrallager von Lidl, nun wurden am vergangenen Wochenende jene von Discounter Aldi abgeriegelt.
Die Bauern sind mächtig sauer. Seit rund einer Woche kommt es vor den Verteilzentralen von Aldi, Lidl, Edeka und Rewe zu Aktionen. Bauern blockierten Zufahren. Der Protest richtet sich gegen die Preisgestaltung der Detailhändler.
Angebot abgelehnt
Die Landwirtschaft in Deutschland werde gerade gegen die Wand gefahren, kritisieren die Landwirte. Sie fordern schon seit längerem mehr Geld für Milch und Fleisch. Ein Angebot von Lidl, das Hilfen von 50 Millionen Euro im nächsten Jahr vorsah, wurden von den Landwirten abgelehnt. Die Landwirte sehen darin aber nur ein Trostpflaster. Sie fordern grundlegende Veränderungen.
«Preispolitik bedroht Höfe»
Als lächerlich bezeichnete die Bauern-Initiative «Land schafft Verbindung» das Angebot von Lidl. Es sei eine Marketing-Aktion. Auf jeden der 260’000 Landwirtschaften entfalle nur 192,31 Euro. «Mit dieser Summe können die Löcher auf den Betrieben nicht ansatzweise gestopft werden», kritisierte «Land schafft Verbindung».
«Diese Macht und die Preispolitik in den Supermärkten bedrohen unsere Bauernhöfe und damit die Lebensmittelerzeugung vor unserer Haustüre», sagte Bayerns Bauernpräsident Walter Heidl am Freitag. Das Angebot von Lidl erachtet er als Hohn.
50 Millionen sei die Summe, die Schweinehalter in Deutschland derzeit jede Woche durch die Niedrigpreise des Handels einbüssten. «Die aktuelle Ankündigung von Lidl spottet aus meiner Sicht deshalb jeder Beschreibung», so Heidl.
Das sei nicht das, was man wolle, sagte ein Sprecher der Bauern gegenüber dem NDR. Man habe keine Subventionen, sondern einen Systemwechsel hin zu langfristig besseren Produzentenpreisen angestrebt. Bis am späten Freitagabend war unklar, ob und wann es weitere Protest- oder Blockadeaktionen geben soll.
«Bis Freitagabend muss eine vernünftige Erklärung veröffentlicht werden, sonst werden wir wieder protestieren», kündigte Landwirt Stefan Grotjann gemäss der Nachrichtenagentur afp am Mittwoch an. Diese traf aus der Sicht der Bauern nicht ein.
Mehrere Aldi-Zentrallager blockiert
Die Bauern setzten ihre Proteste fort. Landwirte haben in der Nacht auf Montag vor mehreren Aldi-Zentrallagern in Bayern gegen die Preispolitik von Aldi protestiert. Gemäss dem Bayerischen Rundfunk fand die grösste Aktion Regenstauf bei Regensburg statt. 300 Landwirte haben die Zufahrt zum Zentrallager verengt. Zudem stellten sie sich in einer Gruppe vor der Ausfahrt des Lagers auf.
In Geisenfeld fanden sich rund 50 Personen mit 25 Traktoren ein. Mit rund 80 Traktoren haben Landwirte aus Nordbayern und Baden-Württemberg bereits am Sonntagnachmittag das Aldi-Zentrallager in Helmstadt bei Würzburg blockiert.
In Schwaben protestierten am Sonntagabend Landwirte vor dem Zentrallager von Aldi in Altenstadt. Nach Angaben der Polizei kamen hier rund 60 Personen und etwa 40 Traktoren zu einer Spontanversammmlung zusammen. Die Bauern haben ihre Blockaden bei den Verteilzentren aber nach einigen Stunden abgebrochen. Gemäss Polizei verliefen die Proteste friedlich. In einigen Fällen haben sich Bauen und Vertreter von Aldi ausgetauscht.
«Wir brauchen Wertschöpfung»
Die Landwirte werfen Aldi vor, einerseits die höchsten Standards zu verlangen, andererseits aber «billigstes Fleisch aus anderen Ländern» zu importieren, um die Preise zu drücken. Die Importe widersprächen auch dem Vorwurf an die Landwirtschaft, zu viel zu produzieren, zitiert der Bayerische Rundfunk die Bauern.
Den Milchbauern würden immer neue Auflagen gemacht, die sie dann zu Weltmarktpreisen erfüllen sollten. Die Produktion werde so kostenintensiver. Die Mehrwerte würden aber nicht abgegolten. Die Produktion sei nicht kostendeckend. «Wir brauchen nicht nur Wertschätzung, sondern auch endlich wieder Wertschöpfung auf den Betrieben. Aktuell bekommen wir den Rest vom Kuchen ab, der bei den Verhandlungen zwischen Detailhändlern und unseren Verarbeitern übrig bleibt», sagt ein Landwirt zu «innsalzach24.de».
«Prekäre Situation»
«Die Kacke auf den Bauernhöfen ist so was von am Dampfen. Heute blockieren tausende Bauern mit ihren Traktoren im ganzen Land die Auslieferungslager von Discountern, um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen. Wenn sich bei den Preisschlachten der Discounter, in der Politik und unserem Einkaufsverhalten nicht bald grundlegend was ändert, geht die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland vollends den Bach runter», teilte der Bauernhof Häfele in einem Facebook-Post mit.
Aldi unterstützt Verhaltenskodex
Gemäss topagrar Online unterstützt nach Lidl nun auch Aldi den Verhaltenskodex. Der Discounter will sich «umfassend zu fairen Handelspraktiken im Umgang mit Lieferanten, Herstellern und Landwirten» bekennen. Aldi will sich «zeitnah» mit Bauernvertreter treffen. Zugleich sagten die Manager zu, zeitnah mit Bauernvertretern weitere Gespräche zu führen. Ein Idee könnten ein «FairTrades für die heimische Landwirtschaft» sein, aber auch die Förderung der deutschen Landwirtschaft durch flächendeckende, angemessene Bezahlung bei höheren Qualitätsstandards. «Dazu sollten alle Beteiligten der Wertschöpfungskette an den Tisch geholt werden, um einen für die Landwirtschaft positiven Strukturwandel konstruktiv und partnerschaftlich zu begleiten», sagte Jens Ritschel, Verwaltungsrat bei Aldi Süd.