Pommes gelten als belgisches Nationalgericht und werden von Flämen wie Wallonen als Kultur wertgeschätzt. Einige träumen sogar von einem Status als Unesco-Weltkulturerbe.
Neben Bier und Schokolade sind Pommes das kulinarische Aushängeschild Belgiens. Diese seien weder flämisch noch wallonisch oder aus Brüssel, sondern belgisch. Darin seien sich die Belgier für einmal einig, sagt Bernard Lefèvre, Chef des belgischen Pommesherstellerverbands Navefri-Unafri, gemäss Spiegel Online.
5'000 Frittenbuden
96 Prozent der Belgier essen mindestens einmal pro Jahr an der Frittenbude, 46 Prozent tun dies sogar wöchentlich. An rund 5'000 Frittenbuden werden in Belgien die frittierten Fritten serviert. Nur mit einem Klacks Sauce garniert, geniesst man die Pommes in Belgien als Hauptspeise. Jede Unstimmigkeit zwischen den Niederländisch sprechenden Flamen und den Französisch sprechenden Wallonen findet an der Pommesbude ihr Ende, schreibt der "Spiegel" weiter.
Denn Belgier seien nicht sehr stolz darauf, belgisch zu sein, erklärt Lefèvre weiter. Alles, was typisch belgisch ist, werde von den Belgiern nicht sehr geschätzt. "Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass die Fritten das Land einen. Aber es ist wahr: Keiner behauptet, dass Pommes flämisch oder wallonisch oder aus Brüssel sind. Sie sind belgisch - wie Schokolade und Bier. Pommes sind eine Art Heimatgeschmack", fährt Lefèvre fort.
Kartoffelsorte Bintje
Belgische Pommes werden zweimal frittiert. Beim ersten Mal während zehn Minuten bei etwa 130 Grad, um sie innen weich zu bekommen. Dann kurz bei rund 150 Grad, damit sie aussen schön knusprig werden. Die sonst eher uneitlen Belgier lieben ihre frittierten Kartoffelstäbchen. Zu Einsatz kommt die Kartoffelsorte Bintje und spezielles Öl - meist Rinderfett.
Diese einfache Esskultur wurde bis vor einigen Jahren kaum wertgeschätzt. Viele Städte wollten die heruntergekommen wirkenden Frittenbuden schliessen. Lefèvre will dies ändern und träumt sogar vom Status des Unesco-Weltkulturerbes für die Fritten. Ein erster Schritt dazu erfolgte im Januar 2014, als der flämische Kulturminister die Frittenbudenkultur für geschützt erklärte.
Konflikt zwischen Flamen und Wallonen
Der anhaltende flämisch-wallonische Konflikt prägt die gegensätzlichen Interessen der Vertreter der beiden grossen Bevölkerungsgruppen in der belgischen Politik. Belgien ist von innerer Zerrissenheit– vor allem zwischen der flämischen und wallonischen Volksgruppe – geprägt. Die Spannungen nehmen eher zu. Insbesondere die Wahlerfolge separatistischer flämischer Parteien liess Befürchtungen aufkommen, dass es früher oder später zu einer Abspaltung Flanderns vom belgischen Gesamtstaat kommen könnte.
Seit den 1970er Jahren wird daher versucht, diesem Problem durch eine Dezentralisierung der Staatsorganisation zu begegnen. Die Regionen Flandern (niederländisch sprechend), Wallonien (französisch sprechend) und Brüssel-Hauptstadt sowie die flämische, französische und deutschsprachige Gemeinschaft bilden heute die politische Grundlage des Landes.