Für den Schweizer Käse war das Jahr 2022 schwierig. Auch der Appenzeller blieb davon nicht verschont. Vor allem im Export harzte es im vergangenen Jahr massiv. Die Produktion wurde deshalb deutlich runtergefahren.
Die Exporte von Schweizer Käse haben 2022 einen Dämpfer erlitten. Gegenüber dem Rekordjahr 2021 sanken die Ausfuhren -6.7% oder 5’518 Tonnen auf 76'952 Tonnen. Diesem Rückgang konnte sich auch der Appenzeller nicht entziehen.
Mieses Weihnachtsgeschäft
Die Krise bei den Ausfuhren zeichnete sich bereits am Ende des Jahres 2021 ab. Die Absatzzahlen lagen deutlich unter dem Vorjahreswerten. «Der erste grösste Dämpfer war das äusserst schwache Weihnachtsgeschäft 2021», teilt die Sortenorganisation mit. Das Geschäftsjahr beim Appenzeller dauert jeweils von November bis Oktober.
Zwar gab es Anfang 2022 eine kurze Belebung, der Ausbruch des Krieges in der Ukraine sollte dies aber zunichte machen. Energie und Treibstoff wurden massiv teurer, besonders betroffen war auch der wichtigste Absatzmarkt des Appenzellers – Deutschland.
Starker Franken und Preiserhöhung
Verschärft wurde die Absatzkrise im Export durch das Erstarken des Frankens, der Appenzeller erfuhr dadurch einen weiteren Teuerungsschub. «Die auf den 1. August 2022 gegenüber dem Detailhandel ausgesprochene Preiserhöhung von 1.00 Fr./kg hat sich für unsere Auslandkunden mehr als verdoppelt und führte noch höheren Konsumentenpreisen», heisst es im Geschäftsbericht. Zudem habe der Krieg auf die Konsumentenstimmung gedrückt, schreibt die Sortenorganisation.
Beim Preiseinstiegskäse – dem Appenzeller «Mild-Würzig» – wurde in allen Absatzkanälen die 25-Euro-pro-Kilogramm-Grenze überschritten, was zu weiteren Absatzeinbussen führte. «So wird Appenzeller aktuell oft nur noch im Rahmen von Preisaktionen gekauft, während das Normalpreisvolumen stark zurückgeht», heisst es im Geschäftsbericht.
Hohe Abhängigkeit von Deutschland
Deshalb ist wenig erstaunlich, dass die Ausfuhren des Appenzellers einbrachen. Die Exportmengen nahmen um 652 Tonnen oder 12,8 Prozent auf noch 4'456 Tonnen ab. Das ist der tiefste Wert seit weit über 10 Jahren. Besonders bitter für den Sortenkäse: Der Absatz in Deutschland fiel von 3’766 Tonnen im Geschäftsjahr 2021 auf 3’311 Tonnen im Geschäftsjahr 2022, das entspricht einem Rückgang von 12.1 Prozentpunkten. «Einmal zeigt sich die hohe Exportabhängigkeit vom deutschen Markt», schreibt die Organisation selbstkritisch.
Zurückgegangen sind die Ausfuhren auch in den Benelux-Staaten. So wurde noch 167 Tonnen exportiert, 34 Tonnen oder 16,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Den grössten prozentualen Rückgang mit minus 49.6 Prozent (-197 Tonnen) auf 222 Tonnen gab es den übrigen europäischen Ländern. Gemäss der Sortenorganisation haben hier Discounter den Appenzeller durch europäischen Käs ersetzt. Insgesamt gehen 98,3 Prozent der Exporte in den europäischen Raum.
Bio-Produktion rückläufig
Die grössten Produktionseinbussen verzeichnete das Standard-Vollfett-Geschäft, wo die Produktion von 8'855 Tonnen in der Vorjahresperiode auf 7'592 Tonnen (-14.3%) im Jahr 2022 zurückging. Ein Lichtblick: Der Appenzeller «Edel-Würzig» legte trotz schwierigem Marktumfeld im hohen einstelligen Bereich weiter zu. Als krisenresistent erwies sich der Appenzeller Rahmkäse, der mit 310 Tonnen (-1.3%) fast an das Vorjahresergebnis von 314 Tonnen anknüpfen konnte. Erfreulich entwickelte sich auch der Appenzeller für Raclette, der gegenüber dem Vorjahr sogar um 8% auf 121Tonnen zulegen konnte. Erstmals rückläufig nach mehreren Jahren war die Produktion mit -2% auf 405 Tonnen beim Appenzeller Bio.
Nordamerika soll gepusht werden
Diese Abhängigkeit will die Sortenorganisation vermindern. Der Euro stelle ein «Klumpenrisiko» dar. Deshalb sollen Überseemärkte aufgebaut werden. 2022 stiegen die Exporte in diese Gebiete um 9 Tonnen auf 75 Tonnen, das entspricht einem Exportanteil von 1,7 Prozent. Man sei zuversichtlich, die Ausfuhren nach Nordamerika schrittweise erhöhen zu können. Infolge des schwachen Auslandgeschäfts sank der Exportanteil 2022 um 4 Prozentpunkte auf 49.4 Prozent des Gesamtabsatzes.
In der Schweiz nahm der Absatz des Sortenkäses um 2,4 Prozent (+109 Tonnen) auf 4'567 Tonnen zu. Dafür waren gemäss der Sortenorganisation einerseits die vielfältigen Werbe-, Aktivierungs- und Verkaufsförderungsmassnahmen verantwortlich, andererseits auch einzelne Distributionsgewinne in der Westschweiz sowie das Schliessen von verschiedenen Listungslücken sowie Referenzierungsverbesserungen bei Detailhändlern und Discountern. Das Absatzplus im Inland kompensierte den Verlust im Export nicht. Der Gesamtabsatz sank um 543 Tonnen (-5,7%) auf 9023 Tonnen.
Hohe Produktionseinschränkung
Der Absatzeinbruch wirkte sich auch auf die Produktion aus. Die Lagerbestände waren zu hoch. Die Produktion wurde massiv um 13,1 Prozent oder 1281 Tonnen auf noch 8’462 Tonnen heruntergefahren. «Auch im Vergleich zum «Normaljahr» 2019, das keine Pandemie-Sondereffekte aufweist, ergibt sich damit ein Rückgang von 3.8 Prozent, was ein eindrücklicher Beleg für das äusserst schwierige Marktumfeld ist», schreibt die Sortenorganisation.
Das hatte zur Folge, das von November 2021 bis Oktober 2022 nie nach Reglement produziert wurde. In allen Monaten der Berichtsperiode musste die Produktion zwischen 10 und 40.05 Prozent eingeschränkt werden. Der «positive Effekt»: Die Lagerbestände sanken um 18,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
zvg
Neuer Geschäftsführer
Christoph Holenstein hat die Sortenorganisation (SO) in den letzten acht Jahren als Direktor geleitet. Nun tritt er in den Ruhestand ein. An der Generalversammlung vom 28. April 2023 wurde Rudolf Hegg, der bisherige Vize-Direktor, zu seinem Nachfolger gewählt. Hegg ist seit Oktober 2018 bei Appenzeller und war bisher als Leiter Marketing und Marktentwicklung tätig.
Gleichzeitig wurde Pirmin Baumann zum neuen Vize-Direktor gewählt. Baumann ist als Leiter Qualitätsmanagement ebenfalls schon seit über zwei Jahren für die SO im Einsatz. «Er bringt ein breites Wissen aus dem Bereich der Milchverarbeitung mit», schreibt die SO.
Getragen wird die Sortenorganisation von folgenden vier Gruppierungen, welche im Rahmen der Gesellschafterversammlung über je 1/4 der Stimmrechte verfügen: die Stiftung und Fonds für Appenzeller Käse welche den Kanton Appenzell Innerrhoden als Markeneigentümer repräsentiert, die rund 800 Appenzeller-Milchproduzenten (Milchbauern), die 42 Appenzeller-Käseproduzenten (Käsereien) sowie die 5 Händler/Affineure des Appenzeller Käse Händler Verbandes (AKHV).