Quinoa ist weltweit eines der Trend-Lebensmittel. Neu wird es nicht nur in den Anden, sondern auch in der Schweiz angebaut. Erste Anbauversuche versprechen Potenzial.
Schweizer Quinoa ist eine Chance für die Schweizer Bäuerinnen und Bauern. Davon ist IP-Suisse überzeugt und hat deshalb einen Anbauversuch mit der begehrten Pflanze gestartet, der aktuell im zweiten Jahr steht.
Sorgt für Farbtupfer
Im solothurnischen Bellach, wenige Meter von der Aare entfernt, liegt das Feld von Mirjam Lüthi-Probst. Auf 60 Aren hat die Bäuerin und IP-Suisse-Mitarbeiterin dieses Jahr Quinoa gesät. Sie ist die Pionierin des Schweizer Quinoa-Anbaus, einer weltweit immer begehrteren Pflanze, die in den Anden heimisch ist und dort seit Jahrtausenden als Grundnahrungsmittel gilt.
Gestartet ist der Anbau auf dem Aarhof eher per Zufall. "Als wir bei IP-Suisse im Januar 2014 Bauern suchten, die Quinoa anbauen wollen, war gerade keiner verfügbar. Wir hatten auf unserem Hof aber noch etwas Platz und haben uns deshalb dafür entschieden, es zu versuchen", sagt Mirjam Lüthi-Probst. Nachdem im vergangenen Jahr ausschliesslich die weisse Sorte "Carmen" angebaut wurde, versucht sie es dieses Jahr auch mit der roten "Red Carina". Diese hohe Pflanze mit den roten Samen fällt hier an der Jurakette sofort auf und sorgt für einen Farbtupfer in der spätsommerlichen Landschaft.
Der Aarhof in Bellach
Der Hof vom Mirjam und Markus Lüthi-Probst liegt etwas ausserhalb von Bellach im Kanton Solothurn nahe der Aare. Auf gut 20 Hektaren betreibt die Familie einen reinen Ackerbaubetrieb mit Weizen, Silomais, Sonnenblumen und Zuckerrüben sowie Quinoa. Ein weiterer Betriebszweig ist Bed and Breakfast.
"Quinoa kann in der Schweiz gut angebaut werden"
"Die bisherigen Versuche haben gezeigt, dass der Anbau von Quinoa in der Schweiz gut möglich ist", sagt Mirjam Lüthi-Probst. Allerdings ist die Anfangsphase mangels Erfahrung im Schweizer Quinoa-Anbau eine grosse Herausforderung. Im ersten Jahr sorgte Unkraut für Schwierigkeiten, insbesondere bei der Ernte und der Trennung der Samen.
Denn für Quinoa zugelassene Herbizide gibt es nicht. Mit einer Reihensaat hat Mirjam Lüthi-Probst das Problem dieses Jahr entschärft, das Unkraut lässt sich nun leichter entfernen und sie geht davon aus, dass die Ernte reibungslos über die Bühne gehen wird.
Aussergewöhnliche Bedingungen
Erschwert hat die Quinoa-Versuche das Wetter in den ersten beiden Versuchsjahren. Während es den ganzen Sommer 2014 kühl und nass war, wird der Sommer 2015 als trockener Hitzesommer in die Geschichte eingehen. "Mit der Trockenheit hatte Quinoa aber keine Probleme", sagt Lüthi-Probst. Viel schwieriger war dieses Jahr das Frühjahr, als die Felder wegen des vielen Regens unter Wasser standen. Von den 60 angesäten Aren sind deshalb nur 45 übrig geblieben, vor allem die weisse Sorte hat das Wasser nicht gut vertragen.
Was noch fehlt im Versuch ist ein durchschnittlicher Schweizer Sommer. "Um gültige Aussagen zu treffen, benötigt man bei so einem Versuch drei Jahre. Wir konnten aber bereits wichtige Erfahrungen sammeln", sagt Mirjam Lüthi-Probst.
Grosses Interesse
Ebenfalls positiv wertet Lüthi das Interesse an Schweizer Quinoa – auf Produzenten- und auf Abnehmerseite. Viele Bauern haben sich bereits gemeldet und sich für den Anbau interessiert. Bereits aktuell bauen für IP-Suisse neben der Familie Lüthi-Probst noch Bauern in Moudon und Schaffhausen Quinoa an.
Einen festen Käufer für die Schweizer Quinoa gibt es zwar noch nicht, doch ein grösserer Abnehmer hat bereits starkes Interesse angemeldet. Ebenso hat Lüthi Anfragen von zahlreichen Restaurants erhalten. Dementsprechend sieht es gut aus, dass Quinoa-Liebhaber bald auf Schweizer Ware zurückgreifen können.
Gesunder Boom mit Folgen
Viel Protein und alle essentiellen Aminosäuren, dazu glutenfrei. Diese Eigenschaften haben in den letzten Jahren zu einem Quinoa-Boom geführt und die Nachfrage explodieren lassen. In Teilen Südamerikas, inbesondere den Anden, ist das Pseudogetreide hingegen bereits seit 6'000 Jahren ein Grundnahrungsmittel. Weil dort auch die Hauptanbaugebiete liegen, hat der Boom das Leben vieler Andenbewohner verändert.
Denn mit der Nachfrage stieg auch der Preis von Quinoa innert kurzer Zeit um rund das Dreifache an. Damit verbesserten sich das Einkommen und die Lebensumstände der dortigen Bauern. Auch auf die Ernährung hatte dies Auswirkungen: Während früher dreimal am Tag und siebenmal die Woche Quinoa gegessen wurde, haben nun auch andere Lebensmittel Eingang auf dem Speiseplan gefunden, was die Ernährung abwechslungsreicher macht.
Das Gegenteil ist jedoch auf den Feldern der Fall. Die hohen Quinoapreise sorgten für einen vermehrten Anbau. An Orten, wo früher Kartoffeln oder Bohnen wuchsen, wird nun Quinoa angebaut. Traditionelle Anbaumethoden wurden über Bord geworfen, Monokulturen führen zu einer Auslaugung des Bodens. Für die arme Bevölkerung ist Quinoa zudem schwerer erschwinglich geworden, was sich negativ auf die Ernährungssicherheit auswirkt.