Seit vielen Jahren sind weltweit notwendige Investitionen in der Landwirtschaft hinter den Markt-erfordernissen zurückgeblieben. Gemäss der niederländische Rabobank ist eine geschwächte Vermarktungs-kette für Lebensmittel die Folge.
Um diesen Missstand zu beseitigen, seien Unternehmen der Agrar- und Lebensmittelbranche dringend gefordert, Kooperationen mit den Landwirten einzugehen, teilte die Rabobank vergangene Woche anlässlich der Economist Conference in Genf mit.
Forschungsgelder seit 1970 unverändert
Im Jahr 1970 seien weltweit insgesamt 40 Mrd. US-Dollar (36,6 Mrd. CHF) an öffentlichen und privaten Mitteln für die Finanzierung landwirtschaftlicher Forschungsprojekte ausgegeben worden. Heute sei es immer noch gleiche Betrag, obwohl die Nachfrage nach Lebensmitteln inzwischen erheblich schneller gewachsen sei als die verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen, liess Rabobank verlauten.
Gleichzeitig hätten sich die Verbraucherpreise für Lebensmittel um etwa ein Drittel verringert, obwohl die Preise für Agrarprodukte Rekordniveaus erreichten. Eigentlich müssten die Landwirte ihre Produktivität deutlich steigern, was aber viel Zeit und Geld erfordere.
In diesem Marktumfeld stünden sie zum einen im Preiswettbewerb mit Berufskollegen in anderen Ländern mit günstigeren Produktionsbedingungen. Denn international agierende Lebensmittelhersteller wollten Agrarprodukte zu möglichst niedrigen Preisen kaufen. Gleichzeitig seien die vorgelagerten Unternehmen an der Durchsetzung möglichst hoher Inputpreise für die Agrarbranche interessiert.
Es wurde versäumt, die Urproduktion zu unterstützen
Wie die Rabobank weiter ausführte, investieren multinationale Lebensmittelkonzerne und Regierungen zurzeit nur in ihre eigenen Lebensmittel-Vermarktungsketten. Dabei versäumten es der öffentliche und der private Sektor, auch die eigentlich kritische Urproduktion angemessen zu unterstützen und somit für die dringend erforderliche Stabilität zu sorgen.
„Die nächste Dekade wird durch einen Kampf um Rohstoffe geprägt sein“, prognostizierte der Chef der globalen Rabobank-Abteilung „Lebensmittel und Agrar“, Gilles Boumeester. Da die „Large Players“ bestrebt seien, sich ihren Anteil am Rohstoffangebot zu sichern, werde der Markt für Agrarprodukte in voneinander getrennt und kontrollierte Angebotsketten gesprengt.
Deshalb seien künftig vor allem diese finanzkräftigen Unternehmen gefordert, für die Stabilität in der Lebensmittel-Vermarktungskette zu sorgen.
Vier neue Kooperationsstrategien
Die Rabobank schlägt vier Ansätze für eine entsprechende Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Landwirten vor:
- Erstens sollten die Firmen langfristige Investitionen in den Zugang zu
Inputs wie Dünger, Maschinen, Saatgut und Pflanzenschutzmitteln anregen sowie das Wissen über die gute fachliche Praxis bei den Landwirten fördern. - Zweitens sollten sie Innovationen und Fortbildungen in der Landwirtschaft unterstützen.
- Drittens sei der Grad der Verfügbarkeit von Agrarprodukten durch Verbesserungen in Logistik und Finanzierung zu erhöhen. Dazu gehöre auch, die Regierungen zu einer Abschaffung von Handelsbarrieren aufzufordern und sich für den Freihandel einzusetzen.
- Viertens sollten die Unternehmen direkt in nachhaltig wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe investieren, die in transparenten Vermarktungsketten arbeiten könnten und deren Produkte rückverfolgbar seien. Auf diese Weise liesse sich die Nachfrage stabilisieren.
Umrechnungskurs: 1 USD = 0,915 CHF