Im Projekt PestiRed versuchen Schweizer Ackerbaubetriebe, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) zu reduzieren (siehe Box). Dazu setzen sie auf eine konsequente Anwendung der Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes. Anhand der Daten der ersten zwei Erntejahre 2020 und 2021 haben Forschende von Agroscope untersucht, ob der Anbau von Weizen und Raps trotz PSM-Verzicht wirtschaftlich sein kann.
Ertrag deutlich tiefer
Gemäss den Ergebnissen ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen der weitgehende Verzicht auf chemisch-synthetische PSM im Weizenanbau möglich, ohne dass sich die Wirtschaftlichkeit verschlechtert.
Beim Rapsanbau hatte der Verzicht auf chemisch-synthetische PSM eine deutlich verringerte Wirtschaftlichkeit zur Folge. So war der wirtschaftliche Ertrag der Parzellen mit verringertem Einsatz chemisch-synthetischer PSM – nach Abzug von Direkt- und Arbeitskosten – beim Raps im Durchschnitt 34 % tiefer als jener der Kontrollparzellen.
Ertragsreduktion wird nicht kompensiert
Beim Weizen werden geringere Erträge und höhere Produktionskosten durch höhere Prämien am Markt und durch Direktzahlungen der öffentlichen Hand kompensiert, so dass die Wirtschaftlichkeit gehalten bzw. sogar leicht verbessert werden kann.
Beim Anbau von Raps zeigen sich beim PSM-Verzicht höhere Ertragseinbussen, die weder durch Kostenreduktion noch durch höhere Marktleistungen oder Direktzahlungen ausgeglichen werden. «Ein Ansatzpunkt könnte sein, die erfolgreiche Verknüpfung von Anreizen durch Direktzahlungen mit Anreizen des Marktes weiterzuentwickeln, d.h. die marktseitigen Anreize ähnlich wie beim Weizen stärker zu differenzieren», schreibt Agroscope.
Preise entscheidend
«Die Wirtschaftlichkeit des Ackerbaus wird wesentlich bestimmt durch den Ertrag und die erzielten Preise», halten die Forschenden fest. Die Direktzahlungen zielen auf die Abdeckung von Mehrkosten bzw. Ertragsausfällen. «Beim Verzicht auf chemischsynthetische PSM ist es wichtig, dass Betriebe das Ertragsniveau soweit als möglich halten und Mindererträge durch höhere Leistungen ausgleichen können», schreiben sie weiter.
Dies bedinge die Inwertsetzung des PSM-Verzichts durch Label respektive Qualitätszeichen und eine entsprechende preisliche Differenzierung, machen sie deutlich. «Der Schweizer Lebensmittelmarkt und die Wert-schätzung qualitativ hochwertiger Lebensmittel bietet dazu gute Rahmenbedingungen», so die Forscher.
Starke Schwankungen
Diese ersten Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalyse müssen allerdings mit Vorsicht interpretiert werden und lassen sich nicht verallgemeinern. So bestehen starke wetterbedingte Jahresschwankungen, wie es die beiden Erntejahre 2020 und 2021 deutlich zeigen: Die Erträge – sowohl beim Weizen als auch beim Raps – waren im warmen, trockenen Jahr 2020 deutlich höher als im feuchteren und kühleren Jahr 2021. Zudem sind standortspezifische Umweltfaktoren nicht in den Analysen berücksichtigt.
Ausserdem bauen viele der teilnehmenden Betriebe den Weizen und insbesondere den Raps bereits standardmässig (auch auf der Kontrollparzelle) mit verringertem PSM-Einsatz im Extenso-Programm an. Dadurch verfügen sie schon über Erfahrungen beim PSM-Verzicht und haben entsprechende Arbeitsprozesse etabliert. «Viele Kontrollparzellen können dementsprechend nicht als rein konventionell bewirtschaftete Parzellen interpretiert werden», schreiben die Forschenden.
Versuchscharakter
Schliesslich hat der Anbau im Projekt «PestiRed» Versuchscharakter, bei welchem die Landwirtinnen und Landwirte bewusst ein gewisses Risiko eingehen, das bei grösseren Ertragsverlusten vom Projekt entschädigt wird. Die Resultate sind deshalb nicht eins zu eins auf die Schweizer Landwirtschaft übertragbar.
Diese Analyse basiert auf den ersten zwei Projektjahren. «Die Analysen mehrerer Anbaujahre wie auch der gesamten Fruchtfolge nach der sechsjährigen Umsetzung werden tiefergehende Erkenntnisse liefern», so Agroscope. Es sei darüber hinaus zu erwarten, dass längerdauernde Beobachtungen die Verlässlichkeit der Ergebnisse erhöhen würden.
Fazit
- Der weitgehende Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel (PSM) hat die Wirtschaftlichkeit beim Weizenanbau im Durchschnitt der beiden Jahre nicht reduziert. Geringere Erträge und höhere Produktionskosten wurden durch höhere Markterlöse und höhere Direktzahlungen ausgeglichen.
- Beim Rapsanbau reduzierte der Verzicht auf chemisch-synthetische PSM die Wirtschaftlichkeit pro Parzelle um durchschnittlich 34 %. Niedrigere Erträge und höhere Produktionskosten wurden durch Marktleistungen und Direktzahlungen nicht kompensiert.
- Noch nicht berücksichtigt sind jahresbedingte und regionale Effekte sowie die nicht zufällige Auswahl der teilnehmenden Betriebe. Die Resultate sind deshalb mit Vorsicht zu interpretieren und nicht eins zu eins auf die Schweizer Landwirtschaft übertragbar.