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RAUS: 26 Mal ab 1. Mai bleibt

 

Der Ständerat lehnt eine Motion von Werner Salzmann (SVP, BE) ab. Er forderte, dass Bergbetriebe im Raus-Programm (regelmässiger Auslauf ins Freie), bei denen der Vegetationsbeginn später als der 1. Mai ist, noch bei den 13x Raus bleibt und nicht bereits auf 26x Raus wechseln muss. Der Ständerat lehnt das mit 21 zu 19 Stimmen ab. Den Ausschlag gaben Mitte-Vertreter, darunter Peter Hegglin (Mitte, ZG). 

 

Die Motion von Werner Salzmann lautete: «Der Bundesrat wird beauftragt, die spezifischen Anforderungen in Anhang 6 Ziffer 2.1 DZV betreffend Weidezeitpunkt für das RAUS-Programm ab der Bergzone 1 so anzupassen, dass wenn vegetationsbedingt im Mai und Oktober kein Weidegang möglich ist, die Bestimmungen vom Raus 13 mal Laufhof pro Monat anteilsmässig zu erfüllen sind.»

 

BLW setzte nicht um

 

Er nahm damit ein Anliegen auf, für das Nationalrat Erich von Siebenthal (SVP, BE) schon vor mehr als zehn Jahren eine Mehrheit  in beiden Räten gefunden hatte, welches das Bundesamt für Landwirtschaft in der Folge aber nicht umsetzte.

 

Auch die IG Anbindestall hat sich wiederholt dafür stark gemacht. Im letzten Herbst fanden IG-Präsident Konrad Klötzli und SVP-Grossrat Ernst Wandfluh an einem Anlass bei Bergbauer Melchior Grossen in Kandergrund auch bei GLP-Nationalrat Jürg Grossen und Grünen-Nationalrätin Christine Badertscher Verständnis für das Anliegen. 

 

«Vorschriften für das Berggebiet praxistauglich machen»

 

 

Werner Salzmann erklärte am Mittwoch im Ständerat sein Anliegen unter anderem wie folgt: «Es geht darum, dass wir die Vorschriften für das Berggebiet ab Bergzone 1 praxistauglich zu machen. Es ist offensichtlich, dass der Frühling und damit die Möglichkeit, die Kühe auf die Weide zu treiben, nicht in der ganzen Schweiz und schon gar nicht in allen Höhenlagen am gleichen Tag im Jahr beginnt. Aber genau davon geht die heutige Regelung mit fixen Daten für die Weidezeit vom 1. Mai bis zum 31. Oktober für die ganze Schweiz eben aus.» 

 

Salzmann sagte, die heute vorgesehene Flexibilisierung gemäss Anhang 6B Ziffer 2.5 Buchstabe b Direktzahlungsverordnung sei unzureichend und führe aufgrund der einzelbetrieblich erforderlichen Ausnahmebewilligung zu einem unverhältnismässig hohen administrativen Aufwand. Die Einhaltung lasse sich im Fall einer Kontrolle einfach feststellen. 

 

Salzmann betonte, dass der Weidegang für den Betriebsleiter die wirtschaftlich günstigere Variante darstelle als die Fütterung im Stall. Also sei nicht zu befürchten, dass eine Verzögerung des Weidebetriebes eintreffe. Darum bat Salzmann um Zustimmung für seine Motion. 

 

Hegglin äusserte sich gegen die Motion 

 

Ständerat Peter Hegglin (Mitte, ZG), Meisterlandwirt, ehemaliger Vizepräsident des Schweizer Bauernverbandes und heute Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM), sprach sich in seinem Votum gegen die Motion aus. «Ich sehe die Notwendigkeit einer Korrektur der heutigen Regelung nicht», so Hegglin. Die Motion wolle zurück zur Regelung, wie sie vor 2008 bestanden habe. Dass es von Betrieb zu Betrieb unterschiedliche Termine gegeben habe, habe Schwierigkeiten gegeben, darum habe man im Jahr 2008 beschlossen, dass von 1. Mai bis 31. Oktober an 26 Tagen pro Monat Weidegang oder Auslauf nötig sei. 

 

Hegglin erklärte: «Lässt es die Vegetation nicht zu, müssen die Tiere nicht auf die Weide, sondern es reicht ein befestigter und mit geeignetem Material bedeckter Laufhof.» Das Programm sei freiwillig, betonte Hegglin. Er habe sich erkundigt in seinem Kanton, bei anderen Kantonen und auch bei der Branche, man habe ihm eigentlich überall gesagt, dass es keinen Handlungsbedarf gebe, dass es keine Anpassungen brauche. Wenn es Probleme gebe, gebe es «einfache Lösungen, Ausnahmebewilligungen». 

 

 

Grundlage für Milch-Programme

 

Und dann liess Hegglin durchblicken, dass er Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM), bei der auch die Molkereien und Coop und Aldi mitmachen: «Ich meine, auch weil das RAUS-Programm eine Grundlage für verschiedene Branchenregelungen und Branchenlösungen ist, sollte es nicht möglich sein, die RAUS-Bestimmungen mit Ausnahmeregelungen zu durchlöchern. Ich denke, die Glaubwürdigkeit z. B. von "Swissmilk Green" ist einfach höher und besser, wenn auch an das RAUS-Programm gewisse klare Anforderungen gestellt werden.» Aus all diesen Überlegungen empfahl Hegglin ein Nein zur Motion Salzmann.  

 

Ständerat Roberto Zanetti (SP, SO) bekannte, dass er die Motion seinerzeit unterzeichnet habe, jetzt aber sie ablehnen werde. «Es ist ein Privileg, dass man als Ständerat gescheiter werden kann». 

 

Wicki war für Ja – gegen Zentralismus 

 

Für die Motion Salzmann sprach sich Ständerat Hans Wicki (FDP, AG) aus. «Diese Motion ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie stark die Landwirtschaft und der ganze Bereich inzwischen reguliert sind. Bis ins kleinste Detail hinein werden Vorschriften formuliert, und es wird gar mit Bruchrechnungen gearbeitet. Selbstverständlich braucht es für die Direktzahlung eine Bemessungsgrundlage und auch eine Kontrolle. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob mit dieser extremen Regulierungsdichte sowohl der Landwirtschaft im Allgemeinen wie auch dem Tierwohl im Speziellen gedient ist», so Wicki. 

 

 

Mit der aktuellen Regelung der Direktzahlungsverordnung werde alles über einen Leisten geschlagen, kritisierte Wicki und nahm das Wort «zentralistisch» in den Mund.  Stattdessen, so empfahl Wicki, könnte man den Landwirten mehr Vertrauen schenken. «Es dürfte in unserer Eidgenossenschaft wohl keinen Bereich geben, in dem im Laufe der Jahrhunderte ein derart feingesponnenes Netz an Wissen zur lokalen Nutzung geschaffen wurde wie in der Landwirtschaft. Seit dem Mittelalter hat eine Vielzahl von Korporationen, Bäuerten, Alpgenossenschaften und Burgergemeinden für ihr Gebiet die idealen Zeitpunkte für den Weidegang, die Alpsömmerung und weitere Nutzungstätigkeiten definiert und auch geregelt», so Wicki. 

 

Juristische Unsicherheiten

 

Bundesrat Guy Parmelin vertrat im Ständerat die ablehnende Haltung des Bundesrats. Auch er betonte, das Programm sei freiwillig, und liess damit ausser Acht, dass wegen der Branchenregelung der BOM ab Ende 2023 jeder Anbindestallbetrieb mit Milchkühen gezwungen sein wird, an Raus teilzunehmen, andernfalls er seine Milch höchstwahrscheinlich nicht mehr als Verkehrsmilch abliefern wird können. 

 

Parmelin erklärte, dass vor 2008 der Begriff Vegetationsbeginn unterschiedlich interpretiert worden und von Kanton zu Kanton unterschiedlich ausgelegt worden sei. Das habe zu juristischen Unsicherheiten und zu  einer Ungleichbehandlung von Landwirten geführt. Darum sei die Vereinheitlichung ab 1. Mai bis 31. Oktober nach wie vor sinnvoll. Und, wie schon Hegglin sagte, man könne die Tiere statt auf die Weide auf den Laufhof lassen, es sei klar, dass man nicht überall ab 1. Mai weiden könne. 

 

Keinen «Rückschritt im Tierwohl» 

 

Der Vorschlag würde das Tierwohl reduzieren, da «er von Monat Mai bis Oktober nur 13 x Auslauf fordere statt 26x Auslauf», so Parmelin wörtlich. Damit gab er die Motion nicht vollständig wieder, Salzmann wollte ja ab Vegetationsbeginn weiterhin 26x pro Monat, auch anteilmässig für den Monat Mai und für den Monat Oktober. Parmelin sagte, das berühre den Kern des Programms, nämlich die grössere Bewegungsfreiheit für die Tiere. Und laut Parmelin würde der administrative Aufwand mit einer Umsetzung der Motion grösser und nicht kleiner, wie man doch politisch wolle. 

 

Die Motion wurde mit 21 zu 19 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Den Ausschlag gaben mehrere Mitte-Vertreter aus Kantonen mit Berggebiet: Stefan Engler (Mitte, GR), Heidi Zgraggen (Mitte, UR), Benedikt Würth (Mitte, SG), Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte, LU), Isabelle Chassot (Mitte, FR), Brigitte Häberli-Koller (Mitte, TG) und Peter Hegglin (Mitte, ZG). Sie alle sagten Nein.  Ihnen gegenüber standen die SVPler und sehr viele FDP-Ständerate, die Ja sagten. SPler und Grüne sagten alle Nein.  

 

Es bleibt zu diesem Thema eine gleichlautende Motion von Bergbauer Erich von Siebenthal (SVP, BE), die im Nationalrat noch auf die Behandlung wartet. Wenn von Siebenthal im Nationalrat eine Mehrheit findet, muss er aber anschliessend auch den Ständerat überzeugen, der jetzt eben Nein zu diesem Anliegen gesagt hat. Also ist die politische Ausgangslage für das Anliegen schwierig geworden. 

 

Wer wie stimmte 

 

Nein sagten die folgenden 21 Ständeräte: Elisabeth Baume-Schneider (SP, JU), Marina Carobbio Guscetti (SP, TI), Isabelle Chassot (Mitte, FR), Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte, LU), Maya Graf (Grüne, BL), Brigitte Häberli-Koller (Mitte, TG), Peter Hegglin (Mitte, ZG), Eva Herzog (SP, BS), Daniel Jositsch (SP, ZH), Lisa Mazzone (Grüne, GE), Matthias Michel (FDP, ZG), Paul Rechsteiner (SP, SG), Hans Stöckli (SP, BE), Adèle Thorens  Goumaz (Grüne, VD), Céline Vara (Grüne, NE), Benedikt Würth (Mitte, SG), Roberto Zanetti (SP, SO), Heidi Zgraggen (Mitte, UR), Mathias Zopfi (Grüne, GL). 

 

Ja sagten die folgenden 19 Ständeräte: Thierry Burkart (FDP, AG), Marco Chiesa (SVP, TI), Josef Dittli (FDP, UR), Erich Ettlin (Mitte, OW), Daniel Fässler (Mitte, AI), Olivier Français (FDP, VD), Johanna Gapany (FDP, FR), Hannes Germann (SVP, SH), Hansjörg Knecht (SVP, AG), Alex Kuprecht (SVP, SZ), Thomas Minder (parteilos, SH), Ruedi Noser (FDP, ZH), Damian Müller (Mitte, LU), Othmar Reichmuth (Mitte, SZ), Beat Rieder (Mitte, VS), Werner Salzmann (SVP, BE), Martin Schmid (FDP, GR), Jakob Stark (SVP, TG), Hans Wicki (FDP, OW). 

 

Enthalten haben sich 4 Ständeräte: Philippe Bauer (FDP, NE), Andrea Caroni (FDP, AR), Charles Juillard (CVP, JU) und Marianne Maret (Mitte, VS). 
Als Präsident nicht abgestimmt hat Ständerat Pirmin Bischof (Mitte, SO). 

Kommentare (2)

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  • Demokrat | 10.06.2022
    Das Tragische ist, dass Beschlüsse des Parlaments nicht umgesetzt werden.
    In selber Sache hat Erich von Siebenthal (SVP, BE) vor mehr als zehn Jahren eine Mehrheit in beiden Räten gefunden, welche das Bundesamt für Landwirtschaft in der Folge aber nicht umsetzte.
    • Gesunder Menschenverstand | 10.06.2022
      Solche Beamte würde ich fristlos entlsssen!

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