Kleine Kälber sind krankheitsanfällig. Trotzdem stehen sie oft im Regen. Das Raus-Programm verbietet bei Iglus überdachte Laufhöfe. Mäster und Tierärzte fordern nun, dass Iglus unter Vordächern stehen dürfen.
Einzeliglus haben sich als gesundes Haltungssystem für neugeborene Kälber durchgesetzt. Die Kombination von Igluhaltung und Raus-Vorschriften ist laut Tierärztin Corinne Bähler für die kleinen Kälber allerdings nicht unbedingt gesund. «Neugeborene Kälber haben kein Immunsystem», erklärt sie. «Wenn sie im Regen stehen, steigt das Risiko, dass sie krank werden.»
Nicht überdachte Laufhöfe
Aus dem Grund kritisiert sie das Raus-Programm. Bei der gebräuchlichen Auslaufvariante schreibe es für Kälber 24 Stunden Zugang zu einem nicht überdachten Laufhof vor – und verbiete so, dass Kälberiglus unter einem Vordach aufgestellt werden könnten: «Das würde die Kälber vor Regen und Hitze schützen und das Tränken und Misten auch für den Tierhalter angenehmer machen.»
Unterstützung findet Bähler bei Kälbermäster-Präsident Samuel Graber: «Die Gesundheit der Kälber steht an oberster Stelle», betont dieser. «Ein Tierwohlprogramm sollte sie bestmöglich fördern.»
Diese Meinung teilt Andreas Widmer, Vorstandsmitglied von Swiss Beef: «Wir Grossviehmäster sind auf gute Tränker angewiesen. Deshalb möchten wir, dass das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) die Raus-Richtlinien so anpasst, dass Iglu-Plätze überdacht sein dürfen.» Die Alternative, bei Iglus den Laufhof zu vergrössern und teilweise zu überdachen, sei nicht praxistauglich: «Gängige Iglumodelle sind auf die Minimalanforderungen von Raus zugeschnitten.»
Offene Ohren für Forderung
Mit ihrer Forderung stossen Graber, Widmer und Bähler beim BLW auf offene Ohren. Peter Zbinden vom BLW: «Das BLW unterstützt ein Projekt der Vetsuisse-Fakultät, das zum Ziel hat, die Kälbergesundheit zu fördern und den Antibiotikaverbrauch zu senken. In dessen Rahmen wird die Überdachung von Kälberiglus geprüft.» Laufhöfe müssten den Kälbern Zugang zu Licht und Frischluft ermöglichen. Ein hoch liegendes Vordach schliesse das nicht aus: «Deshalb ist denkbar, die Raus-Vorschriften anzupassen.
Das ist aber frühestens per 2018 möglich.» Zudem, so Zbinden, seien Vordächer nicht per se verboten: «Laut der Direktzahlungsverordnung legt der Kanton fest, welcher Bereich der unter einem Vordach liegenden Fläche als ungedeckte Fläche gilt.» Dabei berücksichtige er speziell die Höhe des Daches. «Jeder Fall muss situationsabhängig durch fachkundige Kontrolleure beurteilt werden. Bei genügend hohen Vordächern sollte die Beurteilung positiv ausfallen.»