Betriebshelfer Heinrich Kramer tritt bald in den Ruhestand.
Margrit Renfer
Rund achthundert Einsätze auf fünfhundert Betrieben wird er bis zur kommenden Pensionierung geleistet haben. Vor allem im Seeland, aber auch im ganzen Kanton und hie und da fast schweizweit.
Kürzester Einsatz eine Stunde
Heinrich Kramer hat viele Betriebe und Familien erlebt. Er folgert: «99 von 100 Einsätzen verliefen gut, und hie und da hat es nicht geklappt.» Sein längster Einsatz habe vier Monate und der kürzeste eine Stunde Melken bei einer Hochzeit gedauert.
Momentan arbeitet Heinrich in zwei Betrieben. Auf dem einen sind über 60 Kühe zu melken, die andere Stallarbeit besorgt ein Angestellter. Auf dem anderen betreut er rund 100 Masttiere. Beide Betriebsleiter sind in den Ferien und vertrauen auf die zuverlässige Arbeit des Betriebshelfers und darauf, dass er die Arbeiten koordinieren kann.
Landwirt ohne Betrieb
«Ich konnte ohne Betrieb Landwirt sein und hatte dabei nicht die Belastung des eigenen Betriebes», sagt der Landwirt mit Betriebsleiterkursabschluss. Er trug die Verantwortung während des Einsatzes und gab diese nachher wieder ab. Zudem sei er immer gerne praktisch und exakt unterwegs gewesen. Kleinere Reparaturen seien nach dem Einsatz erledigt gewesen, freuten sich zahlreiche Betriebsleiter.
Genaues Schaffen erforderten auch seine Hobbys. Es musste einfach alles stimmen, egal, ob es sich um die Furche beim Wettpflügen handelte oder um die Resultate bei den Sportschützen und im 300-Meter-Scheibenstand. Heinrich Kramer ist zusammen mit einem Bruder und einer Schwester in Fräschels FR aufgewachsen.
Nach der Landwirtschaftslehre war noch nicht klar, wer den Betrieb zu Hause übernehmen wird. Nach der Heirat des Bruders entschied sich Heinrich für die Anstellung beim Betriebshilfedienst des Seelandes. «Es ist überall anders», sagt der Mann heute, der sich um Kühe, Schweine, Pferde und um Hühner, um den Hofladen und im letzten Dezember zum ersten Mal um den Verkauf von Weihnachtsbäumen kümmerte.
Betriebshelfer Heinrich Kramer hat während seinen Einsätzen viel erlebt und sich viel Wissen angeeignet.
Margrit Renfer
Anspruchsvolle Einsätze
Abwechslungsreich, vielseitig und spannend war seine Arbeit auf den Betrieben und mit den Menschen. «Weil ich nicht verheiratet war, konnte ich vielleicht diesen Beruf einfacher ausüben», sagt Heinrich Kramer. Die Landwirte seien froh gewesen, wenn er über Nacht vor Ort geblieben sei. Leben und essen auf den vielen Betrieben verlangte Anpassungsfähigkeit. «Es gab allerhand zu essen, ich bin nicht heikel und schätze auch einfache Verpflegung», sagt Kramer. Während seiner langen Tätigkeit haben sich nebst den Tier-, den Traktor- und den Melksystemen auch die Küchen verändert.
Bei seinem ersten Einsatz im Juni 1989 in Stadtnähe musste er direkt Milch ausschenken. Zu dieser Zeit sei das unüblich gewesen. Nebst den vielen erfreulichen Einsätzen habe es auch solche gegeben mit plötzlichen tragischen Todesfällen oder mit überlasteten Landwirten. «Hoffentlich melke ich nicht die falschen Tiere», habe er sich fragen müssen, wenn er notfallmässig auf einem Betrieb gewesen sei und kaum den Lichtschalter oder die nötigen Werkzeuge gefunden habe. Wenig anspruchsvoll, erzählt er auch von einem dermassen alten Betrieb, den er kaum zwischen den Bäumen und Sträuchern gefunden habe. Er habe dann kaum zumutbar dort übernachtet. Das Schicksal des betagten Geschwisterpaares machte ihn betroffen.
In den vergangenen 35 Jahren hat sich viel verändert, sagt Heinrich Kramer.
Margrit Renfer
Bringt viel Wissen
«Nach 34 Jahren ist genug», sagt Heinrich Kramer nun. Es war ihm möglich, ein kleines Bauernhaus zu kaufen. Er will Zeit haben, um seine Hostet, seinen Garten, seine Hühner und seinen kleinen Wald mehr zu pflegen. Das Ergehen des Vereins der Betriebshilfen liegt ihm am Herzen. Er möchte, dass dieser auch nach seiner Pensionierung weitergeführt wird. Ein Buch über seine Erfahrungen in der Landwirtschaft wäre wohl aufschlussreich. «Ich danke allen Landwirten, Bäuerinnen und Familien, die mir ihre Tiere, Maschinen und Einrichtungen oder sogar den ganzen Hof eine bestimmte Zeit anvertraut haben», sagt Kramer.
Für die Landwirtschaftliche Betriebs- und Familienhilfe, bei der Heinrich Kramer seit der Fusion der regionalen Betriebshilfen angestellt ist, wird es schwierig werden, wieder eine Betriebshilfe fest anstellen zu können. Die jungen Landwirte ziehen Auslandaufenthalte und andere Berufe der Tätigkeit als Betriebshilfe vor. «Der Blick und die Erfahrung in die vielen Betriebe würden manchem jungen Betriebsleiter enorm viel Wissen bringen», ergänzt Heinrich Kramer.
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