Eine Gruppe Interessenvertreter versammelte sich am Donnerstagvormittag auf dem Hof von Richard und Nadia Maurer in Seedorf BE. Die Mehrheit von ihnen ist selbstständig. Sie konnten an diesem Morgen ihr Unternehmen nicht weiterentwickeln, sondern brauchten die Zeit, um die linksgrüne politische Idee der Biodiversitätsinitiative abzuwenden, die ihr Unternehmen und ihre Berufskollegen tangieren würden. So stellte es einer dar.
Die Eröffnung machte Jürg Iseli, Präsident des Berner Bauernverbandes und des kantonalen Nein-Komitees. Er sagte: «Wir haben im Schnitt 19% Biodiversitätsförderflächen auf unseren Landwirtschaftsbetrieben. Das ist genug!»
«Auch Berggebiet und Alpwirtschaft betroffen»
Jürg Iseli betonte auch, dass es im Berggebiet und bei der Alpwirtschaft wegen der Initiative auch zu Problemen kommen könnte, und zwar bei der Erneuerung der Infrastruktur wie Ställen, Käsereien, Wasserreservoirs, weil die Initiative ja auch Landschaften, Ortsbilder und das sogenannte baukulturelle Erbe schützen wolle. Gerade in diesen Gebieten könnte auch die Entwicklung des Tourismus leiden, warnte Iseli.
Meisterlandwirt Jürg Iseli ist Präsident des Berner Bauernverbands und Präsident des kantonalen Nein-Komitees.
Daniel Salzmann
Bauern sollen sagen, was sie heute schon tun
Dann übergab Iseli das Wort an den Gastgeberlandwirt Richard Maurer. Er stellte die Massnahmen vor, die er auf seinem Betrieb im Sinne der Biodiversität umsetzt (vgl. Kasten). Er sagte, er habe sich als Landwirt bewusst für Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln und Flächen für die Förderung der Artenvielfalt entschieden. Er sagte: «Die Biodiversitätsinitiative mit dem Ziel, weitere Förderflächen auszuscheiden, lehne ich klar ab.»
Für ihn stehe hier die einheimische Nahrungsmittelproduktion im Zentrum. Dann hatte er einen Rat an die anderen Landwirtschaftsbetriebe parat: «Für den Abstimmungskampf kann ich meine Berufskolleginnen und -kollegen nur ermutigen, von den vielen, bereits umgesetzten Massnahmen zu sprechen.»
Das machen Richard und Nadia Maurer auf ihrem Betrieb in Seedorf BE:
Die Aufzählung der Biodiversitätsmassnahmen auf dem Betrieb Maurer in Seedorf wollte gar nicht mehr aufhören. Als freiwillige Massnahmen hob Richard Maurer hervor:
- 26% ökologische Ausgleichsfläche statt der minimal geforderten 7% ; davon hat die Hälfte der Wiesen und Weiden die zweite Qualitätsstufe (Q2).
- gestaffelte Schnittnutzung, schonende Mähtechnik, Rückzugsstreifen.
- Wahl der Parzellen so, dass Korridore und Vernetzung über den ganzen Betrieb gewährleistet sind.
- 1.3 ha Hecken.
- 78 Hochstammfeldbäume.
- 97 einheimische Einzelbäume.
- Nistkästen in den Bäumen und in den Ställen.
- 6 Meter Pufferstreifen zwischen Wald und Ackerland (statt der minimal geforderten 3 Meter).
- Brotgetreide nach Extenso/IP-Suisse (keine Fungizide, keine Insektizide, keine Wachstumsregulatoren).
- Zuckerrüben nach Extenso/IP-Suisse und mit Blühstreifen am Feldrand.
- Getreide in weiten Reihen (für den Feldhasen).
Ausserdem verwies Richard Maurer in seinem Referat auf die Baumpflege, die zu einem schönen Landschaftsbild beitrage, auf die Renaturierung eines Baches, die vor zwei Jahren erfolgt sei, auf das Verbot von Beizmitteln, auf die geregelte Fruchtfolge, auf die Ansaat von Gründüngungen, auf schonende Bodenbearbeitung, auf die bedarfsgerechte Düngung. Auf ihrem Betrieb sei der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in den letzten Jahren halbiert worden.
Kontraproduktiv für Umwelt und Klima
Dann erteilte Iseli SVP-Ständerat und Agronom Werner Salzmann das Wort. Er ist Co-Präsident des Berner Nein-Komitees. Für ihn geht die Biodiversitätsinitiative nicht nur entschieden zu weit. Nein, sie sogar kontraproduktiv. «Wenn noch mehr fruchtbares Kulturland für die Biodiversität ausgeschieden wird, ist dies paradoxerweise auch schlecht für die Umwelt. Bei Annahme der Initiative müssten wir zusätzliche Flächen im Ausland belegen, um die Versorgung unserer Bevölkerung sicherzustellen. Damit würden wir für unser Essen das Ausland einfach mehr belasten», so Salzmann in seinem Referat.
Aber auch fürs Klima wird die Biodiversitätsinitiative laut Salzmann schädlich sein. Er sagte: «Das Ausscheiden von umfangreichen, streng geschützten Gebieten steht in Konflikt zur Erstellung von Anlagen für die einheimische erneuerbare Energie. Die Umsetzung von neuen oder der Ausbau von bestehenden Projekten würden verunmöglicht. Die Umsetzung der Schweizer Energiestrategie und damit auch der Energiewende wären bei einer Annahme erschwert. Das schadet der Versorgungssicherheit und dem Eigenversorgungsgrad mit Energie, was sich wiederum negativ auf den CO2-Ausstoss auswirken würde.» Die Bilanz von Salzmann: «Somit schadet die Initiative der Umwelt und dem Klima.»
Beim Holz: mit einem Ja weniger Biodiversität und weniger Klimaschutz
Auch Beat Zaugg, der Präsident des Verbands bernischer Waldbesitzer und Co-Präsident des bernischen Nein-Komitees, wies darauf hin, dass die Initiative auch im Bereich Wald unerwünschte Folgen haben könnte. Es sei nämlich erwiesen, dass der beste Garant für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität die nachhaltige Waldbewirtschaftung sei, wie sie von den Waldbesitzenden seit Jahrzehnten betrieben werde. Er sagte es nicht ausdrücklich, aber seine Aussagen liefen darauf hinaus: Wenn ein Wald sich selbst überlassen wird, weil er streng geschützt ist, resultiert eine tiefere Biodiversität.
Es ist laut Zaugg davon auszugehen, dass ein Ja zur Initiative die Schaffung vieler zusätzlicher Waldreservate nötig machen würde. So könnte man weniger holzen, das würde Arbeitsplätze kosten, und es gäbe weniger Holz zu verbauen. Da Holz ein CO2-neutraler Baustoff sei, leiste er einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele. «Die Initiative gefährdet dies massiv». Auch hier tauchte also wieder das Argument auf, dass die Initianten gegenteilige Wirkungen und Nebenwirkungen nicht bedacht hätten.
Andere Länder denken zuerst an sich
Salzmann findet es moralisch, versorgungstechnisch und sicherheitspolitisch für die Schweiz falsch, wenn durch zusätzliche Biodiversitätsflächen zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion der Selbstversorgungsgrad gesenkt wird und der Nahrungsmittelbedarf umso mehr auf dem Weltmarkt gedeckt wird. «Ein Land, das nicht in der Lage ist, seine Bevölkerung in Krisenzeiten zu ernähren, wird unter schwerwiegenden Folgen leiden», so Salzmann. Wer auf Importe angewiesen sei, könnte in der Not nichts bekommen, denn die anderen Länder dächten dann zuerst an sich. Salzmann erinnerte daran, dass Deutschland in der Pandemiezeit von der Schweiz bestellte und bezahlte Masken eine Weile lang zurückhielt.
In dieselbe Kerbe hieb Christoph Senti, Präsident des Verbands der bernischen Elektrizitätserzeuger. Laut ihm gefährdet die Initiative den Ausbau der erneuerbaren Energie (Wasser, Wind, alpine Solaranlagen), wie er zur Deckung des Winterstrombedarfs nötig sei. Im Sommer werde man genug Strom haben, das Problem sei der Winter. Und da sei es eben so, dass Stromimporte abhängig machten. «Dass wir Atomkraftwerke im Ausland brauchen für unsere Versorgung, gibt mir zu denken.»
Ruedi Fischer, Präsident der Vereinigung Schweizer Kartoffelproduzenten, gab auf Französisch Auskunft. Seine Frau stammt aus Frankreich.
Daniel Salzmann
«Leute hinter der Initiative wollen 30% Schutzgebiete»
Ruedi Fischer, Landwirt in Bätterkinden BE und Präsident der Kartoffelproduzenten, sagte: «Die Kommunikation der Organisationen, die hinter der Initiative stehen, zeigt auch, wohin die Initianten zielen. 30% der Landesfläche sollen zukünftig für die Biodiversität reserviert werden.» Werner Salzmann hatte zuvor explizit Pro Natura, eine von vier Organisationen hinter der Biodiversitätsinitiative, genannt und auf deren Mitteilung am 18. Dezember 2023 verwiesen, wonach heute in der Schweiz nur 8% von den angepeilten 30% Schutzgebieten auf der Landesfläche genügen würden.
Salzmann rechnete vor: «Die Kantone Bern, Freiburg, Neunburg und Solothurn müssten unter Schutz gestellt werden!» Fischer sagte, viel der zusätzlich nötigen Schutzgebiete kämen auf Landwirtschaftsland zu liegen. Er befürchtet, dass die offene Ackerfläche um 40’000 Hektaren reduziert würde, was 15% weniger Kartoffeln bedeuten würde, was 60’000 bis 70’000 Tonnen entsprächen, die dann fehlten.
Betriebsspiegel Richard und Nadia Maurer
Der Betrieb ist von der Institution «Frienisberg – üses Dorf» gepachtet. Er wird seit 10 Jahren von Richard und Nadia Maurer geleitet. Die beiden haben zwei Söhne. Er umfasst 4,3 Standardarbeitskräfte (SAK) und 123,3 Grossvieheinheiten (GVE). Der Betrieb liegt in der Talzone auf 700 Meter über Meer in der Gemeinde Seedorf BE.
- 87,4 ha LN: 11ha Extenso-Winterweizen für IPS; 3,5 ha Wintergerste, 9,3 ha Winterrraps; 12 ha Extenso- Zuckerrüben für IPS; 12,2 ha Kartoffeln, 5,3 ha Silomais, 1,3 ha Nützlingsstreifen, 10ha Kunstwiese, 2 ha Weiden; 31,2 ha extensiv genutzte Wiesen, 6,3 ha extensiv genutzte Weiden, 1,3 ha Hecken.
- 78 Hochstammfeldbäume, 97 einheimische Einzelbäume.
- Tierhaltung: 11 Mutterkühe (Tiroler Grauvieh), 18 Muttersauen (IPS), 220 Plätze für Ferkelaufzucht (IPS), 520 Plätze für Mastschweine (IPS), 2 Pensionspferde.
Ernst Kühni ist Präsident des Verbands Berner KMU, der Mitglied des Schweizerischen Gewerbeverbands ist.
Daniel Salzmann
Auch das Gewerbe warnt
Ernst Kühni, der Emmentaler Unternehmer und Präsident der Berner KMU, ist gegen die Biodiversitätsinitiative. Einstimmig habe das Parlament der Berner KMU die Nein-Parole beschlossen. Für ihn ist die Initiative ein Beispiel für die unnötige und überbordende Regulierung, unter der die Unternehmen immer mehr litten.