Noch wachsen Mais und Zuckerrüben in der Leimgrube, bestes Ackerland und ein Drittel der Betriebsfläche von Landwirt Thomas Stalder in Bätterkinden. Der Regionalverkehr Bern-Solothurn RBS plant hier ein neues Depot, damit die Züge abgestellt und unterhalten werden können.
«Bester der schlechten Standorte gewählt»
Voraussichtlich ab 2029 verkehren mehr und vor allem auch längere, 180 statt 120 Meter lange Züge. Die bestehenden Abstellanlagen Bern und Worblaufen sind bereits heute so ausgelastet, dass zusätzliche Fahrzeuge keinen Platz mehr haben. In Solothurn muss die Abstellanlage der Bahnhofverlängerung weichen.
Die S8 verkehrt neu im Halbstundentakt bis Bätterkinden. «Die S8-Züge sollen dort abgestellt werden, wo sie morgens starten und abends enden. Die RE-Züge nahe Solothurn und nicht zu weit von Worblaufen», so Projektleiter Mathias Widmer.
Fünf Standorte favorisiert
2016 wurden von einem externen Büro 24 Standorte entlang der Strecke Solothurn–Bern analysiert und untersucht. In einem 73-seitigen Bericht werden die Bewertungskriterien aufgezeigt. Zwei Standorte in Jegenstorf und drei in Bätterkinden wurden vertieft betrachtet.
Die beiden Standorte zwischen Urtenen und Jegenstorf verursachten zu viele Leerfahrten. So habe sich die Leimgrube neben der Kartoffelzentrale in Bätterkinden als bester Standort herauskristallisiert, erklärt Mathias Widmer. Wobei er präzisiert: «Es gibt keinen guten, nur einen besten der schlechten Standorte. Ich verstehe, dass niemand ein solches Depot vor der Haustüre haben möchte . Ich kann auch nachvollziehen, dass sich Betroffene wehren und das Beste für sich herausholen wollen.
Aber der RBS muss eine gesamtheitlich betrachtet möglichst verträgliche Lösung finden.» Die Geschwister Edith und Thomas Stalder, die unmittelbar neben dem Bahnhof wohnen, sehen die Notwendigkeit des RBS für ein neues Depot. Ihr Vater habe vor etwa zehn Jahren die Bereitschaft signalisiert, einen Landstreifen abtreten zu wollen.
Auf diesem Ackerland soll das neue Depot entstehen:
Projekt verbrauche unnötig viel Land
Schliesslich steht auch die angrenzende Landi-Agro mit der Kartoffelzentrale auf ihrem Land. «Doch nicht so viel, da liessen sich doch die Anlagen an den bestehenden Standorten noch begrenzt weiternutzen», sind sie überzeugt. Zudem verbrauche die riesige Schlaufe unnötig viel Land, da das Depot rechtwinklig zu den Gleisen zu liegen komme. «Das wäre beispielsweise in Jegenstorf viel einfacher gewesen», argumentieren Stalders, «ein Murks», so die Interessengemeinschaft (IG) Bätterkinden in ihrer Einsprache.
«Es ist unser Ziel, die Anlage so naturnah und verträglich wie möglich zu gestalten», betont Widmer. Die Depotzufahrt wird mit einer Lärmschutzwand und einer Unterführung für den Langsamverkehr versehen. Im hinteren Bereich gibt es einen Lärmschutzwall mit Bäumen.
Anstelle von konventionellen Schottergleisen wird die Aussenanlage mit Grüngleisen gestaltet. Grüngleisanlagen sind leiser als herkömmliche Gleisanlagen. So wird die geplante Anlage umschrieben. Seit 2018 begleitet eine Gruppe bestehend aus Vertretern der IG Bätterkinden, der Anwohnenden, und der Gemeinde das Projekt. Der RBS habe das Vorgehen der BLS im Westen Berns mitverfolgt und die entsprechenden Lehren daraus gezogen, so Widmer.
Viel Widerstand – auch von der Gemeinde
In der Gemeinde Bätterkinden finden die wenigsten Gefallen an den RBS-Plänen. Die Gemeinde selbst ging bis vor Bundesgericht und blitzte 2019 ab. Die IG Bätterkinden mit 680 teils prominenten Unterstützern wie Ständerat Werner Salzmann oder Nationalrätin Nadja Umbricht Pieren (beide SVP) leistet erbitterten Widerstand.
Pieren hat während des Planauflageverfahrens eine Einsprache eingereicht. Auch Stalders haben einen Anwalt genommen und nochmals eine Einsprache gemacht. Besorgnis bereitet ihnen die Reaktion der Dorfbevölkerung: «Viele betrachten uns als Spielverderber, da sie behaupten, wir hätten das Land bereits verkauft. Das stimmt jedoch nicht. Aktuell läuft ein Enteignungsverfahren, da ist noch gar nichts verkauft.»
Mit jedem Gespräch mit dem RBS wurde das Projekt wieder etwas grösser. Sie seien überrumpelt worden von den Dimensionen. Dazu hätten sie während der Projektphase nichts anpflanzen sollen. «Es ist immer noch unser Land und unsere Existenz», so Thomas Stalder.
In der Einsprache wird auf mehrere Form- und Verfahrensfehler hingewiesen. Etwa die Zonenkonformität, da das vorgesehene Land zuerst umgezont werden müsste. Oder auf fehlende Begründungen für diverse Ausnahmegesuche. Nicht bewilligungsfähig, so das Fazit von Stalders Anwälten.
24 Franken pro Quadratmeter
Die anfänglich angebotenen 8 Franken pro Quadratmeter seien lächerlich gewesen. Mit dem revidierten Enteignungsgesetz sei der Spielraum grösser geworden, bestätigt auch der RBS. Zurzeit sei die Verhandlungsbasis bei 24 Franken. «Das ist immer noch günstig, wenn das nachher Industriezone wird. In Solothurn hat der RBS Land verkauft, wo nun Wohnungen gebaut werden. Wie Aasgeier Eigenes schützen und nachher teuer verkaufen», enerviert sich Thomas Stalder.
Stalder betreibt Ackerbau, ist ledig, aber Edith Stalder hat einen 14-jährigen Sohn, der Bauer werden will. «Wenn wir sieben Hektaren verlieren, ist die Existenz dahin», sagt sie. Es gebe Landeigentümer in der Umgebung, die ihr Land nicht selbst bewirtschaften. «Der RBS kann diesen ja auch 24 Franken bieten und uns dies als Realersatz anbieten. Das wäre zumindest etwas.»
Rund 7 Hektaren sollen verschwinden
Stalders möchten ein Baurecht als Alternative prüfen und signalisieren Gesprächsbereitschaft, was auch in der Einsprache festgehalten ist. «Wir suchen mit den Betroffenen aktiv nach Lösungen und betrachten die Schadloshaltung als oberstes Ziel. Wir haben noch keine Einigung erreicht, haben grundsätzlich ein gutes Einvernehmen», betont Widmer. Bei einem Projekt mit einer solchen Dimension brauche es immer Landwirtschaftsland.
Das Depot wird rund fünf Hektaren gross. Weitere zwei Hektaren werden für die Offenlegung eines Bachs sowie nicht mehr landwirtschaftlich nutzbare Restflächen benötigt. Den Ersatz der Fruchtfolgeflächen habe man gelöst.
Fakt gemäss Einsprache Stalder ist jedoch, dass die Kompensationsflächen noch gar nicht im Inventar eingetragen sind. Realersatz könne der RBS aus eigenem Fundus nicht bieten. «Aber wie gesagt, wir bemühen uns um eine gute Lösung mit Stalders», so Widmer weiter.
Mit dem Erstellen des Depots soll auch der ganze Bahnhofsbereich umgebaut werden. Hier finden Sie die Ausführungen der RBS zu diesem Projekt.