Das 2231 Quadratmeter grosse Landstück in Langnau BE kommt den Landwirten Hans Fankhauser und der Landwirtin Monika Sommer teuer zu stehen. (Symbolbild)
Michelle Wüthrich
Vor über 20 Jahren tauschte Hans Fankhauser mit seinem Nachbarn, dem Vater von Monika Sommer, ein 2231 Quadratmeter grosses Landstück. Der Handschlag reichte damals als Vertragsabschluss. Als Monika Sommer 2015 den Hof übernahm, blieb die Abmachung bestehen. Doch nun, da auch Hans Fankhauser den Betrieb an seine Tochter übergibt, musste der einst mündliche Vertrag offiziell beurkundet werden.
Beauftragt wurden laut einem Bericht in der «Berner Zeitung» das Notariat Lüthi und Lerch in Zollbrück und das Vermessungsbüro Infragon Ingenieure AG aus Langnau. Die Gesamtkosten: Knapp 11’000 Franken. Für Fankhauser ist das unverständlich. «Für diese Summe muss ich vier bis fünf Monate 22 Kühe melken», äussert er sich im Bericht.
Zahlreiche alte Dienstbarkeiten
Die Notarin Christine Lüthi räume ein, dass der Betrag im Vergleich zum Landwert hoch ist, begründe dies aber mit dem beträchtlichen Aufwand. So habe die Parzelle gemäss der «Berner Zeitung» von Monika Sommer der Oberen Mungnauschachen-Korporation gehört. Sommer hatte das Bewirtschaftungsrecht und Vorrang beim Kauf. Nachdem die Korporation zustimmte, wurde der Verkauf an Fankhauser abgewickelt. Dafür mussten Parzellierung, Vereinigung und Kaufvertrag erstellt sowie ein Grundbucheintrag vorgenommen werden.
Noch komplizierter sei es bei Fankhausers Landstück gewesen. Hier waren zahlreiche alte Dienstbarkeiten und Grundpfandrechte eingetragen, darunter ein Wasserleitungsrecht von 1861 und ein Fahrwegrecht aus dem Jahr 1882. Lüthi musste nach Angaben der Zeitung alle Berechtigten ausfindig machen und deren Zustimmung zur Löschung einholen.
Notariatskosten von rund 5800 Franken
«Erschwerend kam hinzu, dass beide Parzellen dem bäuerlichen Bodenrecht unterliegen», so Lüthi im Bericht. So mussten Abklärungen bezüglich der Vorkaufs- und Kaufrechte sowie der Ausnahme vom Realteilungs- und Zerstückelungsverbot vorgenommen werden. Allein die Notariatskosten beliefen sich auf rund 5800 Franken, dazu kamen Grundbuchgebühren von rund 1100 Franken und 750 Franken für die Bewilligungen des Statthalteramts, rechnet die «Berner Zeitung» vor.
Das Vermessungsbüro habe wiederum 3000 Franken in Rechnung gestellt. Neben der Ausmessung der Parzellen und der Erstellung zweier Varianten für den flächengleichen Tausch wurden vier neue Grenzsteine gesetzt und zwei entfernt. Die Kosten hätten sich an kantonal festgelegten Taxpunkten orientiert. Diese würden stichprobenweise vom Kanton geprüft und der Rechnung beigelegt, damit Kunden die Berechnungen nachvollziehen können.
Ansätze aufgrund geringen Vertragswerte gekürzt
Im Kanton Bern gelten die vom Regierungsrat festgelegten Notartarife. Das freie System erlaubt den Notaren, ihre Gebühren innerhalb gesetzlicher Vorgaben und definierter Rahmen selbst festzulegen. Für Arbeitszeit gilt ein Stundenansatz zwischen 250 und 400 Franken. Notarin Lüthi betont gegenüber der «Berner Zeitung», dass sie ihre Ansätze im unteren Bereich halte und sie in diesem Fall aufgrund der geringen Vertragswerte bereits gekürzt habe.
Dem Preisüberwacher sind die kantonalen Unterschiede und die insgesamt hohen Kosten seit Langem ein Dorn im Auge. «Es gibt grosse kantonale Unterschiede. Der Kanton Bern liegt im oberen Durchschnitt», wird Beat Niederhauser, stellvertretender Preisüberwacher, im Bericht zitiert. Ein Antrag auf Senkung der Rahmentarife und Stundenansätze sei vom Regierungsrat abgelehnt worden.
Trifft kleine Landwirtschaftsbetriebe
Die letzte Anpassung der Notariatsgesetzgebung im Kanton Bern erfolgte im März 2020, die dazugehörige Gebührenverordnung trat im Juni 2021 in Kraft. Seither werden aufwendige Geschäfte mit tiefem Vertragswert, wie der Fall in Langnau, teurer, da bei Planänderungen nach effektivem Zeitaufwand abgerechnet wird. Ein Umstand, der, wie die «Berner Zeitung» aufzeigt, insbesondere kleinere Landwirtschaftsbetriebe trifft.
Für Arbeitszeit eines Notars gilt ein Stundenansatz zwischen 250 und 400 Franken.
Wss würde ein Liter Milch kosten, wenn wir solche Stundenlöhne hätten???