Jacqueline Graber
Die Marktsituation der Landwirte und Landwirtinnen ist speziell. Doch es gibt einen perfekten Markt, wenn auch nur ein kleiner.
Für Mathias Binswanger ist klar: «Rein ökonomisch betrachtet lohnt sich die Landwirtschaft nicht.» Praktisch alle Produkte könne man im Ausland billiger produzieren. «Doch es gibt gute Gründe, wieso wir an der Landwirtschaft in der Schweiz festhalten», sagte der Professor für Volkswirtschaftslehre und betonte: «Das geht jedoch nur, wenn man den Markt in einem gewissen Masse aushebelt.» Es brauche einen Schutz an der Grenze und Direktzahlungen. Binswanger referierte am Freitagnachmittag am Podium der Berner Landwirtschaft in Münsingen BE. Dieses wurde zum 11. Mal durchgeführt.
Ökonomisches Gesetz
Binswanger sprach die spezifische Marktsituation der Landwirtinnen und Landwirte an. Denn es gibt viele kleine Anbieter und die treffen auf ein paar wenige Nachfrager, namentlich hauptsächlich Coop und Migros. Die Grosskonzerne verkaufen die Produkte weiter an die Konsumenten.
«Der perfekte Markt wäre, wenn Produzenten und Konsumenten direkt aufeinandertreffen würden», erklärte Binswanger. «Das geht aber nur bei denen die Direktvermarktung betreiben.» Die meisten sind aber nicht in dieser Situation und müssen ihre Produkte an den Handel verkaufen. Und wenn die Marktmacht auf der Nachfrageseite liegt, werden tendenziell zu geringe Preise bezahlt . «Das ist immer so und hat nichts mit Coop oder Migros zu tun», präzisierte der Referent. Das sei ein ökonomisches Gesetz.
Jacqueline Graber
Fakt ist auch, dass die Nachfrager nur bestimmte Produkte haben wollen. Sie wollen homogene Rohstoffe die in einer ganz bestimmen Qualität abgeliefert werden. «Der Bauer ist auf dieser Stufe weitgehend vom Qualitätswettbewerb ausgeschlossen», so Binswanger. Und wenn man sich keinen Qualitätswettbewerb liefern kann, dann bleibt nur eine Möglichkeit wie man sich ökonomisch verbessern kann – man versucht produktiver zu werden. Das wiederum hat zur Folge, dass das Einkommen sinkt. Die Wertschöpfung verlagert sich tendenziell weg vom Bauernhof hin zum Handel.
Kundenbedürfnisse
Die Wertschöpfung auf dem Betrieb behalten will Aline Gerber. Die Agronomin führt mit ihrem Vater einen 12ha-Betrieb in Kaufdorf BE. Sie haben 100 Prozent Direktvermarktung für Pouletfleisch, Eier und Gemüse. «Wir lassen uns nicht einschränken. Wir probieren alles direkt zu vermarkten.» Dabei sei es wichtig auf die Kundenbedürfnisse einzugehen, erklärte Aline Gerber am Podiumsgespräch.
Insgesamt sechs Personen aus Politik, Bildung und Landwirtschaft nahmen am Podiumsgespräch teil, dazu gehörte auch Regina Moser aus Hindelbank BE. Sie betreibt mit ihrem Mann Freilandpouletmast und Gemüseanbau. Abnehmer der Poulets ist die Micarna, das Gemüse wird direkt vermarktet.
Der Hof steht direkt an der Hauptstrasse. «Zum Wohnen ist die Lage nicht unbedingt idyllisch, doch für einen Hofladen ideal», sagte Regula Moser und schmunzelt. Auch sie erzählte, dass es wichtig sei, die Kundenbedürfnisse zu kennen und zu erkennen. Beide Frauen sind sich einig: Ein wichtiger Bestandteil ist das Gespräch mit den Kundinnen und Kunden.
Jacqueline Graber
Mathias Binswanger betonte, dass Direktverkauf der Idealfall sei. «Die Wertschöpfung bleibt 100 Prozent auf dem Hof.» Doch es sei ein Nischenprodukt und nicht für alle Landwirtinnen und Landwirte geeignet. «Gemäss unseren Erhebungen betreiben ein Viertel der Bauernhöfe Direktvermarktung. Insgesamt macht das 7 Prozent des Umsatzes aus», weiss Martin Rufer, Direktor des Schweizer Bauernverbandes.