Elisabeth und Fritz Meister bewirtschaften in der dritten Generation die Alp Hintere Lüderen. Das Ehepaar wohnt das ganze Jahr dort. Jeweils im Sommer schauen sie nebst zu ihren eigenen Tieren auch zu Sömmerungsrindern.
Am Auffahrtsvormittag hängt der Bisennebel tief. Auf der drei Kilometer langen Fahrt vom Panorama-Hotel Bärnsicht Lüderenalp bis zur auf 1135 m ü. M. gelegenen Alp Hintere Lüderen fühlt es sich wie im November an.
Ein Traum erfüllt
Im Selbstbedienungsbeizli Steigärtli von Meisters sitzt trotz der kühlen Temperaturen eine Männergruppe beim Kaffee. Sie seien mit dem Poschi bis zum Hotel angereist, lassen sie wissen. Ihre Turnfahrt steht auf dem Programm. Nach dem Zwischenhalt geht es weiter zum Kuttelbad. Geöffnet ist es immer, Tag und Nacht, Sommer und Winter, das Steigärtli von Elisabeth Meister, wo auch Picknicken erlaubt ist.
Nach fast 30 Jahren Wochenendarbeit im Service hat sie sich damit einen Traum erfüllt. Persönlichkeiten wie Nationalrat Andreas Aebi oder Fussballtrainer-Legende Hanspeter Latour sowie Naturliebhaber aller Art legen in ihrem Beizli regelmässig einen Zwischenstopp ein, bevor sie Richtung Napf weitergehen, verrät das Alphirtenpaar.
200 ha Weideland und Wald
Meisters sind seit 1931 auf der Hinteren Lüderen wohnhaft – Fritz und Elisabeth in dritter Generation. Seit dem Jahr 2021 bewirtschaften Sohn Christian und Ehefrau Sabine zusätzlich die Vordere Lüderen. In Generationengemeinschaft sind die zwei Ehepaare seither für die ganze Lüderenalp verantwortlich: für fast 200 ha Weideland und Wald sowie sommers für über 200 Tiere.
In sieben Anbindeställen sind die Sömmerungsrinder – diesmal werden es 193 sein – plus die eigenen zehn Simmentaler Kühe, der Muni und die zehn Rinder untergebracht. Der zweitgeborene der drei Söhne von Fritz und Elisabeth, Daniel, hilft während der Sommermonate auf der Alp mit. Termin für die Alpauffahrt ist der 5. Juni. Seit drei Wochen sind Meisters am Zäunen. 1350 Schwirren hat Fritz Meister dafür hergestellt.
Tagsüber Tiere im Stall
Die tiefgründigen Böden auf der Lüderen, laut Fritz Meister aus dem Lateinischen mit «Saftere» übersetzt, lassen ganztägigen Weidegang nicht zu. Deshalb werden die Tiere tagsüber in den Ställen gehalten. Nebst den täglich anfallenden Arbeiten pflegen Meisters auch den Wald der Alpgenossenschaft. Die Naturstrasse auf die Hintere Lüderen, die ob des vielen Regens arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, muss vor der Alpauffahrt noch auf Vordermann gebracht werden. Gesäumt wird sie von frisch geschlagenem Holz.
Fritz Meister arbeitet nebst seiner Anstellung als Alphirt während der Wintermonate zusätzlich in der Meister Forst- und Baggerunternehmung, die er einst mit zwei Brüdern gegründet hat und die jetzt in den Händen eines Neffen liegt. Als grösste Herausforderung auf der Alp bezeichnet das Ehepaar Meister die Unkrautbekämpfung und die Überpopulation von Gämsen. Im vorigen Winter hätten sie drei Rudel beobachtet. Alle hätten über 50 Stück gezählt.
«Me muess mit Härzbluet hirte»
Nicht ganz 50, sondern 40 bis 45 gemästete Kälber (Weissmast) der eigenen Simmentaler Kühe lieferten Meisters bisher jährlich an die Ernst Sutter AG in Langnau. Seit der Schlachthausschliessung müssen sie sie nach Oensingen SO transportieren lassen. «Me muess mit Härzbluet hirte», Vaters Leitspruch hat auch Tochter Martina verinnerlicht. Sie ist Älplerin auf der Metschalp im Berner Oberland und liefert selbst gemachten Käse auch ins Steigärtli auf die Hintere Lüderen.
Auszeichnung
Alle zehn Jahre ehrt der Alphirtenverband Emmental langjährige Älplerinnen und Älpler. Vor Kurzem war es wieder soweit. Für 46 Dienstjahre auf der Alp Hintere Lüderen, Wasen, Einwohnergemeinde Sumiswald, war Fritz Meister und für 39 Jahre seiner Ehefrau Elisabeth ein Diplom überreicht worden. bsk