Die rund 146’000 Einwohner zählende Stadt Bern verfügt auch über Landwirtschaftsbetriebe, insgesamt fünf. Für den Betrieb im Südosten, in der Elfenau, hat die Direktion für Finanzen, Personal und Informatik einen neuen Pächter gesucht. Dies deshalb, weil der heutige Pächter, Hansueli Weber, Anfang 2025 in Pension gehen wird. Die Familie hat den Hof während 120 Jahren bewirtschaftet. Nun gibt es keine Nachfolge, weshalb die Pacht neu ausgeschrieben wurde
Finanzierungsbestätigung nachreichen
Um die Nachfolge des aktuellen Pächters sicherzustellen, wurde der Pachtbetrieb öffentlich ausgeschrieben. Insgesamt nahmen 23 Teams am zweistufigen Vergabeverfahren teil. Den Zuschlag für die Pacht hat die Elfenauhof GmbH erhalten. «Diese besteht aus einer 5-köpfigen Betriebsgruppe, die über Fachwissen aus verschiedenen Bereichen - Landwirtschaft, Bildung, Marketing – verfügt», heisst es in der Mitteilug der Stadt Bern.
Der Pachtvertrag über 12 Jahre wurde unter dem Vorbehalt abgeschlossen, dass eine Finanzierungsbestätigung nachgereicht wird. Bei der Ausschreibung gab die Stadt Bern vor, dass die neue Pächterschaft den Unterhalt und sämtliche wertvermehrenden Investitionen selbst finanzieren muss.
Schafe, Kühe, Getreide und Nischenkulturen
Das Konzept der GmbH sieht eine vielfältige Landwirtschaft mit Tierhaltung und Gemüsebau vor. Auch Tiere sollen wieder auf dem Hof Einzug halten. Beginnen wollen die neuen Pächter mit einer Schafherde. Später sollen Kühe, Geflügel und weitere Tiere dazukommen. Damit wird eine Vorgabe der Stadt Bern erfüllt. Bei der Ausschreibung hiess es: «Es ist eine tiergerechte Haltung für die zur Parkanlage passenden Nutztiere anzustreben.» Der heutige Pächter hält «nur» 25 Legehennen.
Wie das Onlinemagazin «Hauptstadt» 2023 berichtete , hat Hansueli Weber die 30 Milchkühe 2019 verkauft. Er sei zuvor mehrmals an seine Belastungsgrenzen gekommen, sagte er rückblickend. Der Stall wird seither von der Murifeld-Kita genutzt. Heute leben Geissen, Hühner und Esel auf dem Hof – als pädagogische Nutztiere.
Sämtliche Bauten wurden 1962 erstellt, sind aber gemäss Stadt Bern aber in gutem Zustand.
Auch die Vorgaben bezüglich Ackerbau werden erfüllt. So sollen verschiedene Getreidearten angebaut werden. Später sollen Nischenkulturen wie beispielsweise Speisehafer oder Buchweizen das Angebot erweitern. Beim Gemüsebau steht ein vielfältiges, langjährig angelegtes Selbsternteprojekt mit saisonalem Freilandgemüse und Kräutern im Vordergrund.
18 ha pachtzinspflichtig
Der Landwirtschaftsbetrieb Elfenau ist seit dem Jahr 1820 Bestandteil des Elfenauguts. Zum Betrieb gehören unter anderem ein Wohnhaus, Stallungen und verschiedene Silos. Der Betrieb verfügt über eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 25.77 ha, davon sind 17.89 ha pachtzinspflichtig. Momentan werden die Parzellen ausschliesslich futterbaulich genutzt (Heuverkauf).
Der Hof verfügt über ein Wohnhaus mit angebauter Garage, Werkstatt und Schopf sowie einen Rindviehstall für 28 Kühe mit Scheune, einen Wagenschopf, drei Futtersilos (à je 80 m3) und ein freistehendes Jauchesilo (600 m3). Der tierschutzkonforme Anbindestall (umgebaut im Jahr 2012) für 28 Kühe verfügt über eine Schwemmentmistung, einen deckenlastigen Heustock mit Greifer und Verteilergebläse sowie eine alte Heubelüftung.
Auf Knospe-Richtlinien umgestellt
Mit dem Pächterwechsel wird der Produktionsrichtung geändert. Der Hof wird in den Jahren 2023 und 2024 auf die Richtlinien von Bio Suisse umgestellt. «Auch die künftige Pächterschaft muss den Hof biologisch betreiben und mindestens die Knospe-Richtlinien einhalten», teilte die Stadt Bern bei der Ausschreibung mit.
Die Ertragswertschätzung vom 29. Januar 2008 ergab einen Ertragswert von 446’000 Franken*. Dieser Wert wurde 2014 nochmals bestätigt. Der aktuelle Pachtzins liegt bei 23’200 Franken pro Jahr. Der Betrieb erreicht bei der heutigen Bewirtschaftung 0.79 (ohne Wald) bzw. 0.87 Standardarbeitskräfte (SAK). «Das Halten von Nutztieren oder eine stärkere Diversifizierung der Produktion würden die berechneten Standardarbeitskräfte erheblich erhöhen», teilte die Stadt Bern bei der Ausschreibung mit. Da die neuen Pächter Nutztiere halten werden und den Gemüsebau forcieren, dürfte der SAK-Wert steigen.
Elfenau sollte überbaut werden
Vor über 16 Jahren plante die Stadt, das Land des Hofes im Projekt Stadterweiterung Ost einer Überbauung zuzuführen. Diese Pläne scheiterten jedoch am Widerstand der Bevölkerung. Diese setzte sich für den Erhalt des Betriebs ein. Die Stadt möchte im Einklang mit der Teilstrategie Landwirtschaft des Fonds für Boden und Wohnbaupolitik den Elfenau-Betrieb deshalb auch in Zukunft landwirtschaftlich nutzen. Das bestehende Pachtland sowie die Hofgrösse sollen deshalb beibehalten werden.
* In einer früheren Fassung wurde ein Ertragswert von 4,46 Mio. Fr. publiziert. Diese Zahl ist falsch. Es sind 446’000 Franken.
446‘000 ! sonst müsste der Pachtzins um etliches höher sein .