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Verheerende Engerlingsplage

Das Haslital leidet unter einer grossen Engerlingsplage. Die Arbeitsgruppe Engerlinge setzt sich für die Bekämpfung ein und vernetzt die Betroffenen. Am Mittwoch gab es einen Informationsanlass in Innertkirchen BE.

Maria Camenzind / Daniel Salzmann  |

Der kleine Saal Grimseltor war zum Bersten voll, als Adrian Thöni von der Arbeitsgruppe Engerlinge die Veranstaltung eröffnete. Die Arbeitsgruppe Engerlinge, die massgeblich aus der Landwirtin Alexandra Meyer und dem Landwirt Adrian Thöni besteht, hat seit dem letzten Herbst die Arbeiten zur Bekämpfung der Engerlinge in der Region koordiniert. Denn das Haslital wird zurzeit massiv vom Maikäfer geschädigt.

Behandlung mit Pilz 

Es gibt zwei Pilze, die laut Christian Schweizer von Agroscope, der am Mittwoch vor Ort war, vom Bund zur biologischen Bekämpfung des Engerlings zugelassen sind. Das sind Pilze, die auf natürliche Art bereits im Boden vorkommen. Die Engerlinge werden befallen und soweit geschädigt, dass sie absterben. Die Pilze heissen Beauveria und Metarhizium. 

Die beiden Pilze werden im Labor auf biologischer Gerstensaat gezüchtet und mit speziellen Maschinen in den Boden appliziert. Für die Applikation in Hanglage mussten Maschinen umgebaut werden. Das mit Pilzkultur angereicherte Saatgut muss nach dem Säen gewalzt werden, damit der Pilz optimale Lebensbedingungen vorfindet. 

Über 300 Hektaren behandelt 

Laut Auskunft von Adrian Thöni sind im Haslital in diesem Frühling und Frühsommer 305 Hektaren mit pilzbehandeltem Saatgut behandelt worden. Das ist eine von der Forschungsanstalt Agroscope entwickelte Behandlungsmethode. Davon waren 28 Hektaren in Steilhängen, wo das Ausbringen nur mit dem speziellen Ibex-Gerät möglich war. Leider, so sagt es Thöni, dürfen Biodiversitätsflächen nicht behandelt werden, was laut ihm zu grossen Problemen führen wird.

 

Arbeitsgruppe dankt Agroscope 

Adrian Thöni sagt: «Agroscope begleitet uns seit 2002, als wir das erste Mal eine Engerlingsbekämpfung durchführten. Diese wirkte sehr gut, so dass wir fast zwanzig Jahre keine Schäden mehr zu beklagen hatten. Für mich war es sehr hilfreich, in Christian Schweizer eine direkte Bezugsperson zu haben.» Er habe die Arbeitsgruppe in fachlicher Hinsicht sehr stark unterstützt. Seine fundierten Berichte und seine Anwesenheit bei Informationsanlässen hätten der Gruppe geholfen, bei den Behörden Gehör bekommen.

Grabungen und Bodenprobenanalysen hätten Aufschluss über eine erfolgreiche biologische Bekämpfung gegeben. «Grosse Sorgen bereitet uns, dass Christian Schweizer nächstes Jahr in Pension geht. Ob seine Stelle wiederbesetzt wird, ist noch offen. Ohne ihn hätten wir unsere Engerlingsbekämpfungsprojekte nicht durchführen können», so Thöni. 

Der Maikäferzyklus

Die Engerlinge sind, so führte es Christian Schweizer in seinem Referat aus, das Fortpflanzungsprodukt des Maikäfers. Der Lebenszyklus des Maikäfers verteilt sich auf drei Jahre. «Die globale Erwärmung bringt vermehrt zweijährige Zyklen.» Darum ist es wichtig, diesen Lebenszyklus zu kennen und Hinweise auf eine grosse Population wahrzunehmen, damit man frühzeitig reagieren kann. Wenn die Flächen kahl sind, besteht gerade in Hanglage die Gefahr von Erdrutschen, die auch Infrastruktur wie Strassen schädigen können.

1. Zyklusjahr

 Die Maikäfer fliegen Ende April -Mai aus, paaren sich. Danach sucht sich das Weibchen eine Stelle am Boden (Wiesland; gemähte Wiesen werden bevorzugt) und legt bis zu 60 Eier.

· Nach 4 Wochen schlüpfen die Engerlinge und beginnen zu Fressen. Da die Engerlinge noch sehr klein sind, sind die Schäden noch nicht gross. Im Herbst wen es kühl wird, graben sie sich ca. 20 cm tief und halten Winterruhe

2. Zyklusjahr ist das Hauptschadensjahr.

· Wen es warm wird, beginnen die Engerlinge wieder mit Fressen. In diesem Stadium ist die Pilzbehandlung am wirkungsvollsten. Die Engerlinge sind grösser und Schäden sind möglicherweise schon sichtbar.

3. Zyklusjahr

· Eine frühe Pilzbehandlung wäre noch möglich. Die Engerlinge verpuppen sich Juli-August. Im folgenden Jahr fliegen sie aus. Der Fortpflanzungszyklus beginnt von Neuem.

Problem frühzeitig erkennen

Kahle Laubbäume und Lärchen bedeuten laut Christian Schweizer von Agroscope Stufe rot. Die fliegenden Maikäfer hätten sich daran satt gefressen. Das Leinkraut sowie ist die weiche Trespe seine Zeigerpflanze dafür, dass Engerlinge im Boden vorhanden seien. Den die Wurzeln dieser Pflanzen werden vom Engerling nicht gefressen. «Auch wen die Wiese grün ist, kann es bereits viele Engerlinge im Boden haben.»

«Nur gemeinsam kommen wir weiter»

In der anschliessenden Diskussionsrunde stellte ein Landwirt fest, er habe den Eindruck, dass nur die kleineren und mittleren Betriebe etwas gegen die Engerlinge unternommen hätten, ob vielleicht die grösseren Betriebe das Futter nicht bräuchten, was mit diesen Betrieben sei. Adrian Thöni sagte darauf, man solle nicht mit Vorwürfen kommen und Zwietracht säen, sondern allenfalls Bewirtschafter darauf ansprechen und einander auf das Problem aufmerksam machen.

Alois «Wisi» Zgraggen aus Erstfeld UR, der als Lohnunternehmer bei den Behandlungen beteiligt war, sagte, es lohne sich für alle, Grabungen durchzuführen und zu schauen, ob sie Engerlinge fänden. Ein anderer Anwesender wollte wissen, was geschehe, wenn der Engerling alle Wurzeln gefressen habe? Die Antwort kommt von Christian Schweizer, Agroscope: «Dann fressen sie einander auf, darum ist es so schwierig Engerlinge im Labor zu Versuchszwecken durchzufüttern. Sie brauchen alle eine einzelne Schale.» 

Ertragsausfälle und hohe Kosten

Leonie Schuler, Beraterin Betriebswirtschaft, Berner Oberland von Inforama, sprach am Informationsanlass von gegen 4000 Franken Schaden pro Hektare bei einem Totalausfall. Dies hat der Bewirtschafter zu tragen. Adrian Thöni schätzt, dass auf rund 50 Hektaren ein Futterausfall von rund 60% zu beklagen ist, auf den restlichen Flächen der total behandelten 305 Hektaren schätzt er den Ertragsausfall auf 20-30%.

Teilweise fiel der Engerlingsbefall mit grosser Trockenheit zusammen. Aus diesen Gründen fehlt viel Futter auf den betroffenen Betrieben, deshalb ist die Futterhilfe Oberhasli aktiv geworden. Diese nimmt auch Futterspenden oder finanzielle Hilfe entgegen. Die entsprechende Kontaktperson ist erreichbar unter 079 322 68 11. 

Spendenkonto Futterhilfe Oberhasli: Raiffeisenbank Region Brienz Oberhasli, Hauptstrasse 1, 3860 Meiringen,  CH74 8080 8004 8454 2444 6

Das Pilzgerste-Saatgut, welches schon im vergangenen September bestellt werden musste, kostet laut Adrian Thöni mehrere hundert Franken pro Hektare. Dafür kommt der Kanton Bern auf, wofür die betroffenen Landwirte dankbar sind. Die eigentliche Behandlung mit der Pilzgerste kostete laut Thöni 400 Franken pro Hektare. Darin enthalten sind der Transport aus Landquart GR, Lagerung, Verteilung und Ausbringung des Pilzsaatgutes und wiederkehrende Probegrabungen sowie die Koordination. Noch ist den betroffenen Landwirten keine Rechnung gestellt worden. Jeder leistete für seine Flächen Fronarbeit.

Die Gemeinde Innertkirchen stellte der Arbeitsgruppe ein zinsloses Darlehen zur Verfügung, um die laufenden Kosten zu begleichen. Zudem hat die Stiftung Alpinfra einen beträchtlichen Beitrag zugesichert. Die Arbeitsgruppe hofft, Mithilfe von öffentlichen und privaten Unterstützungsbeiträgen die Kosten für die Landwirte auf ungefähr 200 Franken pro Hektare zu reduzieren. Mit Gemeinden und Bäuerten sind wir in Verhandlung. Von einigen haben wir bereits die Zusicherung.» so Thöni.

Kommentare (1)

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  • Auch an Hängen möglich | 27.08.2023
    Wie auch bekannt, können diese Pilzpreparate auch flüssig eingebracht werden. Dazu eigenen sich Flüssigdünger Injektionsmaschinen welche auch hier in der Schweiz zur Verfügung stehen würden.

    Ist eine Überlegung wert.
    https://www.youtube.com/watch?v=Vac4lLQ4qpE

    Gruss
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