Der Zaun ist in Bau, der Ranger steht bereit, und die Tiere sind geordert: Der Wisent kommt, komme, was wolle.
Im Herbst ist es so weit. Doch einverstanden damit sind auch heute noch längst nicht alle. Jäger, Förster, Bauern, Politiker: Zum Wisent haben sie alle eine Meinung. «Wildverbiss!», protestieren die einen, «Biodiversität!» entgegnen die anderen. Dazwischen: viel Raum für Spekulationen, Halbwahrheiten, Ressentiments, Ideologie und Vorurteile. Doch eigentlich ist das alles überholt, denn der Wisent ist beschlossene Sache, das Bundesgericht hat im vergangenen März Recht gesprochen.
Fünf Wisente kommen
Seither laufen die Vorbereitungen. Und das heisst: Ein drei Kilometer langer Zaun wird in den Thaler Wald gestellt, Pfosten, in unwegsamem Gelände aufwendig in den Boden geschraubt. Der Zaun bildet das Gehege der urtümlichen Tiere, die erstmals seit dem Mittelalter wieder Hufe auf Schweizer Waldboden setzen werden. Im Herbst soll es so weit sein, fünf Wisente sind bestellt, wenn man dem so sagen kann, «Lieferant» ist der Wildnispark Langenberg in Langnau am Albis, Kanton Zürich.
Eine aufregende Zeit ist das für Benjamin Brunner. Der Landwirt aus Welschenrohr SO hat grosse Herdenerfahrung, schliesslich betreibt er seit über 20 Jahren Mutterkuhhaltung. Für seinen Job als Wisent-Ranger, für den ihn der Trägerverein angestellt hat, besuchte er trotzdem mehrere Fortbildungsgänge. Er wird die Tiere betreuen und überwachen, und wenn es eines Tages Wisent-Führungen gibt, dann ist er der Guide. Nebst der Bürgergemeinde Solothurn ist er der einzige Landbesitzer, dessen Wald Teil des Wisentperimeters sein wird. Und Benjamin Brunner ist auch Jäger.
Wertvoller Versuch
Waldbesitzer, Landwirt, Jäger: Brunner vereint so ziemlich alle Parteien, die punkto Rückkehr des Wisents betroffen sind. Darum hat seine Meinung auch Gewicht. Und die ist keineswegs eindimensional. Natürlich ist er begeistert vom Projekt. Der Versuch sei wertvoll, sagt er, aber eben: «Es ist ein Versuch.» Der wird zehn Jahre dauern. Zehn Jahre, in denen den fünf Wisenten genau auf die Hufe geschaut wird. Gelingt das, bleiben die Tiere – und der Zaun verschwindet. «Ich kann alle beruhigen: Wir schauen, ob die Tiere tragbar sind.» Falls dem nicht so sein sollte, müsse man das akzeptieren. Alles andere, sagt Benjamin Brunner schulternzuckend, wäre schlicht blöd.
Der Solothurner Bauernverband – dessen Mitglied Benjamin Brunner übrigens ist – hält dennoch wenig vom Versuch. Er befürchtet innerhalb der Versuchsfläche vor allem den Verbiss von Bäumen: «Der Wald wird sich mit den Wisenten deutlich verändern», warnt Andreas Vögtli, Präsident des Solothurner Bauernverbands SOBV. Dessen Bezirkssektion Thal setzte sich vehement ein, dass das Projekt nicht zustande kommt.
SOBV: Keine Schadentoleranz
Und Edgar Kupper, Geschäftsführer des SOBV, ist auch Sprecher der federführenden Interessengruppe «Wisentansiedlung Nein», die den Fall vor das Bundesgericht gezogen hatte. Er erinnert daran, dass «lediglich eine empirische Untersuchung für die Dauer von fünf Jahren» bewilligt sei: «Wir verlangen von den zuständigen Behörden und Betreibern, dass diese Untersuchung nach klaren, im Voraus definierten Grundsätzen abläuft und dass keine Verfälschungen zugelassen werden.»
Die Erfahrungen ähnlicher Projekte zeigten, dass der Wisent in der dichtbesiedelten Schweiz nicht haltbar sei. Er ergänzt: «Eine Auswilderung wird von der IG auf keinen Fall toleriert!» Andreas Vögtli mahnt derweil vor der möglichen Auswilderung der Tiere: «Das Einhagen zum Schutz der Kulturen ist wegen der Wildschweine schon heute ein riesiger Aufwand für die Landwirte; Wisente bräuchten da ein ganz anderes Kaliber von Zaun.» Bei der «künstlichen Ansiedlung» von Wildtieren gebe es für den SOBV keine Schadentoleranz: «Es darf unter keinen Umständen passieren, dass Schäden von den betroffenen Bauern getragen werden müssen; weder Mehraufwand noch Mindererträge irgendwelcher Art sind tolerierbar.»
zvg
Als das Projekt vor fünf Jahren lanciert worden sei, seien die Stimmen sehr viel kritischer gewesen als heute, sagt der Ranger. Doch aus Kritik sei vermehrt Interesse – und aus Ablehnung Neugier geworden. Er habe viele vorgefertigte Meinungen korrigieren können und für so manches Aha-Erlebnis gesorgt. Die Aufmerksamkeit, die das Projekt derweil geniesse, sei riesig, die Medien stürzten sich regelrecht darauf.
Es ist ja auch ein Ding: Da tut sich eine Handvoll Menschen zusammen, um ein beinah ausgestorbenes Tier quasi ins Leben zurückzuholen. Die Öffentlichkeit, die sie dem Wisent damit bescheren, ist gigantisch. Das dafür vorgesehene Gebiet, die grösste zusammenhängende Waldfläche der Schweiz im Solothurner Thal, ist dafür prädestiniert.
Ich wünsche dem Projekt alles Gute und weniger Nörgeler.
Und warum sött d schwiz zChli si? Wildtier kenne keini Landesgrenze. Wenn sie Platz bruchet denn findet sie dä scho. Mir söttet in dr Schwiz eifach mol checke dass die Wildtier notwendig sind für en gsunde Wald.