Die Erweiterung der Migros-Verteilbetriebe braucht viel Fruchtfolgeflächen. Dies und weitere drohende Landverluste im solothurnischen Gäu beunruhigen die Bauern, die zu einer Aussprache einluden.
Die Migros plant eine etappenweise Erweiterung ihres Verteilzentrums im solothurnischen Gäu, nahe der Autobahnverzweigung A1 und A2. Dafür werden 18,5 Hektaren benötigt, wovon 15,4 Hektaren Fruchtfolgeflächen sind. Das Land liegt in zwei Gemeinden: 6 Hektaren in Neuendorf, 12,5 Hektaren in Egerkingen. Der Boden gehört bereits der Migros. Sie sicherte sich die Landreserve frühzeitig, als sie 1970 – drei Jahre nach der Eröffnung der Autobahn A1 – mit der Planung eines der grössten Logistikzentren der Schweiz begann.
Die Sorgen der Bauern
Die Betriebserweiterung bedingt die Umteilung des Reserveareals von der Landwirtschafts- in die Industriezone. Das trifft sieben Pächter. Die beunruhigten Bauern luden Gemeindebehörden und kommunale Planer sowie Kantons- und Migros-Vertreter zu einer Aussprache ein, um ihnen ihre Sorgen über den anhaltenden Kulturlandverlust beim aktuellen Projekt und weiteren Grossvorhaben im Gäu darzulegen. Zur Enttäuschung der Initianten blieben der Kanton und die Migros dem Informationsanlass fern.
Laut Johanna Bartholdi, Gemeindepräsidentin von Egerkingen und FDP-Kantonsrätin, war es eine gute Veranstaltung: «Die bäuerlichen Anliegen waren nachvollziehbar.» Die Bevölkerung beobachte die rasante bauliche Entwicklung mit einem zweistelligen Einwohnerzuwachs in den letzten zehn Jahren ebenfalls nicht mehr bedenkenlos. Auch der Gemeindepräsident von Neuendorf, Hans-peter Egli, FDP, versteht die Bedenken der Landwirte: «Sie stehen in der Wachstumsregion Gäu unter starkem Druck.» Er vertraue aber darauf, dass die Migros Verteilbetrieb AG fair mit den Pächtern umgehe.
Hoher Kulturlandverlust
Bäuerliche Berechnungen gehen davon aus, dass die Landwirtschaft im Gäu gegen 200 Hektaren verlieren könnte. Pascal Heim, ein betroffener Pächter und Vizepräsident der Planungskommission Neuendorf, sagt: «Das Migros-Vorhaben ist nur ein Teil dessen, was uns erwartet». Er zählt die grössten Pläne auf: Ausbau der A1 auf sechs Spuren, Renaturierung der Dünnern, Ausscheidung regionaler Arbeitsplatzzonen, Terminals für das Projekt Cargo sous terrain, Schutzgebiete für Grundwasserfassungen.
In einer Mitteilung der Landwirte heisst es, in der Gesamtheit der diskutierten Projekte im Gäu entstehe ein Landverlust, der zu einer Minderproduktion von Grundnahrungsmitteln für mehrere tausend Einwohner führe und Bewirtschafter in ihrer Existenz bedrohe. Das Gäu ist einer der dynamischsten Räume des Kantons Solothurn. Zwangsläufig stiessen hier Nutzungsinteressen aufeinander, bestätigt Stephan Schader vom Amt für Raumplanung. Deshalb habe der Kanton mit 15 Gemeinden das Projekt «All-Gäu» lanciert, um eine langfristige Entwicklungsstrategie und die erforderlichen Umsetzungsmassnahmen zu erarbeiten. Pascal Heim wendet ein, der Bevölkerung seien noch nie alle Projekte und der Landverlust dargestellt worden.
Wie geht es weiter?
Der auf das Migros-Vorhaben und die Dünnern-Renaturierung abgestimmte Richtplan wird den Gemeinden und Regionalplanungsgruppen vom 2. November bis 31. Dezember zur Anhörung unterbreitet. Betroffene Landwirte können sich via ihre Gemeinden einbringen. Über die Richtplan-Anpassungen entscheidet der Regierungsrat. Gegen dessen Beschlüsse können die Gemeinden und Regionalplanungsorganisationen beim Kantonsrat Beschwerde führen. Nachher werden die bereinigten Richtplanvorgaben in die kommunalen Bau- und Nutzungsordnungen übertragen. Das ist gemäss einer spezifischen Solothurner Regelung Sache der Gemeinderäte. Die Stimmberechtigten haben zu einem früheren Zeitpunkt Gelegenheit, sich zum räumlichen Leitbild zu äussern, das jeweils zu Beginn einer Ortsplanungsrevision zu erarbeiten ist.
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