Jede zweite Tomate im Kanton Aargau wird bei Meier Gemüse in Rütihof AG produziert. Der Familienbetrieb baut in der dritten Generation Gemüse an, darunter jährlich 1,5 Millionen Kilo Tomaten – 30 bis 50 Kilogramm pro Quadratmeter, je nach Sorte, schreibt die «Aargauer Zeitung».
Noch heizt der Betrieb mit Erdgas und benötigt jährlich einige tausend Megawattstunden. Toni Suter, der Geschäftsführer, steckt daher in einem Dilemma: Er muss sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch produzieren.
Ohne fossile Energie
Grund dafür sind die ökologischen Forderungen seiner grössten Abnehmerin, der Migros. «Heizöl und Erdgas? Kommen uns ab 2025 nicht mehr ins Gewächshaus!», teilte die Migros im Juni 2023 mit und kam so dem Branchenverband der Schweizer Gemüseproduzenten zuvor. Die Frist hat die Migros inzwischen um ein Jahr verlängert.
Der Branchenverband der Schweizer Gemüseproduzenten hingegen will bis 2040 vollständig auf fossile Brennstoffe verzichten. Dieser Plan wird auch von Coop, Aldi und Lidl unterstützt. Für Suter ist dies «die realistischste Strategie», wie er der «Aargauer Zeitung» berichtet.
Computerabwärme für den Energiebedarf
Nun steht Suter unter Zeitdruck. Eine neue Energiequelle muss bald her. «Kommendes Jahr planen wir, eine Serverheizung zu installieren», erklärt Suter im Artikel. Diese Technologie nutzt die Abwärme von Computern, um die Gewächshäuser zu beheizen. Für die Installation seien Investitionen von etwa drei Millionen Franken vorgesehen, so Suter.
Bei Spitzenlastzeiten im Februar und November sowie in Notfällen soll die Gasheizung weiterhin als Backup verfügbar bleiben. Zusätzlich sei geplant, im Januar Solarpanels auf einem der Gewächshäuser zu montieren – ein Testlauf, wie der Gemüsebauer im Artikel erklärt. Sollte sich dieses Konzept bewähren, wolle er die Fläche der Solarpanels erweitern. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob durch die Panels weniger Sonnenlicht die Tomaten erreicht.
Gewächshäuser möglichst lange nutzen
Die Gewächshäuser sind hochmoderne, geschlossene Systeme, in denen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO₂-Zufuhr reguliert werden. Über Schläuche erhalten die Pflanzen exakt dosierte Mengen an Wasser und Nährstoffen, ähnlich wie eine Infusion. Ein Klimacomputer in Suters Büro überwacht alle diese Parameter.
Bei zu hoher Feuchtigkeit oder Wärme wird sofort Alarm geschlagen. Dennoch müssen auch diese Systeme an die Jahreszeiten angepasst werden. Der Energiebedarf zu Beginn und am Ende der Saison ist laut Daten der Schweizer Gemüseproduzenten dreimal so hoch wie im Sommer. Diese saisonalen Unterschiede machen die Umstellung auf eine ökologischere Produktion besonders schwierig, erklärt der Meier-Gemüse-Geschäftsführer im Artikel.
Wirtschaftlich gesehen sei es wichtig, die Gewächshäuser möglichst lange zu nutzen. Gleichzeitig sollen die Ressourcen effizient und energiesparend eingesetzt werden – was im Winter eine Herausforderung darstellt.
Hummeln aus Belgien
Doch trotz der Sorgen um die Zukunft muss Suter sich laut der «Aargauer Zeitung» zunächst um den Absatz der letzten Tomatenernte kümmern. In der Lagerhalle stehen Kisten mit makellosen Tomaten. Das Problem, so sagt Suter der Zeitung: «Tomatenwetter ist, wenn die Leute grillieren.» Mit dem Umstieg auf Fondue und andere Wintergerichte sinkt die Nachfrage nach seinen Früchten.
Und weiter sagt Suter: «Die Konsumenten wissen immer weniger, wie das Schweizer Gemüse tatsächlich produziert wird.» Die Setzlinge stammen aus den Niederlanden, die Hummeln zur Bestäubung aus Belgien, und die Erntekräfte seien meist aus Polen. Bis Ende November läuft die Arbeit in den Gewächshäusern weiter, danach werden die Pflanzen entfernt, und die Gewächshäuser bleiben den Winter über leer.
Könnte es sein, dass es Sinn machen würde, auch Tomaten zukünftig wieder als saisonales Produkt zu betrachten? Welches nicht während 12 Monaten im Grossverteiler zu haben ist, auch nicht aus Import? Wie wäre es, wenn unsere Konsumenten im Winter mal wieder einen Apfel, einen Wintersalat, Sellerie, Karotten, eine Dörrzwetschge oder Baumnüsse ins Einkaufswägeli legen müssten und sich dann im kommenden Sommer umso mehr auf einheimische Tomaten aus Freilandanbau freuen dürften? Ja, ich habe noch Illusionen, ich weiss. Wer aber meint, echter Umwelt- und Ressourcenschutz sei zu haben ohne etwas persönliche Einschränkung und etwas Veränderung im Konsumverhalten und in der Freizeitgestaltung, der irrt gewaltig. Da bin ich mir zu 100% sicher.