Seit Mitte September leben in Welschenrohr SO fünf Wisente. Sie verbrachten die ersten Wochen in einem kleinen Eingewöhnungsgehege. Dieses wurde nun erweitert. Die Wildtiere dürfen jetzt das 50 ha grosse Gehege nutzen, welches über Eingangstore zugänglich ist.
Die Tiere leben auf der Sollmatt oberhalb von Welschenrohr. Das Testgelände gehört der Bürgergemeinde Solothurn und dem Landwirt und Wisent-Ranger Benjamin Brunner. Es ist für die Dauer des Versuches eingezäunt. Die eingezäunte Fläche wird während der Projektzeit weiterhin land- und forstwirtschaftlich sowie jagdlich genutzt.
Ein Stier, drei Kühe und ein Kalb
Am 15. September wurden ein dreijähriger Stier, drei Küh in einem Alter zwischen drei und fünf Jahren sowie ein Kalb mit Jahrgang 2022 vom Wildnispark Zürich Langenberg in das Testgelände im Solothurner Jura gebracht. Am 3. November endete nun der Aufenthalt im 3 Hektaren grossen Eingewöhnungsgehege, wie der Verein Wisent Thal am Donnerstag mitteilte.
Das Eingewöhnungsgehege wurde nun geöffnet die Wisente können nun das 50 ha grosse Gehege nutzen. Dieses Gehege umfasst rund 37 ha Wald und 13 ha Wiesen und Weiden. Die Wisente können während den nächsten zwei Jahren das Gehege nutzen, ab dem 3. Jahr wird dieses auf 100 ha erweitert. Das Gelände ist über Eingangstore zugänglich. Besucher können sich frei im Gelände bewegen. Zwar seien Wisente sehr scheue und sanfte Tiere, schreibt der Verein. «Werden sie aber gereizt oder an ihrem natürlichen Verhalten – beispielsweise beim Schutz der Jungtiere – gehindert, können sie gefährlich werden. An den Eingängen befinden sich deshalb Informationstafeln mit den Verhaltensregeln. Wir empfehlen, diese einzuhalten», hält der Verein fest. Wichtig sei, mindestens 50 m Abstand zu den Wisenten zu halten und die Hunde an der Leine zu führen (ausser in Gefahrensituationen). Zudem dürften die Wisente nicht gefüttert werden.
Roger Stöckli
Europäische Wildrinder
Wisente sind grosse europäische Wildrinder. Die Bullen sind laut Angaben des Vereins zwischen 500 Kilogramm und einer Tonne schwer. Die Kühe bringen 300 bis 500 Kilogramm auf die Wage. Wisente sind dem Bison eng verwandt.
Ziel des Projektes ist es, mit einer Wisent-Testherde in einem rund 100 Hektaren grossen Gebiet zu untersuchen, ob der im Mittelalter ausgerottete Wisent heute als Wildtier im Jura tragbar ist. Der Versuch
im Gehege dauert fünf Jahre. Ab sofort werden Führungen für Gruppen angeboten. Diese Führungen werden in erster Linie vom Landwirt Benjamin Brunner geleitet.
Bundesgericht gibt grünes Licht
Das Naturprojekt hat immer wieder Diskussionen ausgelöst. Das Bundesgericht wies im vergangenen Februar die Beschwerde einer Privatperson gegen das Gehege ausserhalb der Bauzone ab. Dieses habe keine grossen Auswirkungen auf Raum und Umwelt, hielt das Bundesgericht fest.
Die Behörden des Kantons Solothurn hätten die Bewilligung korrekt erteilt. Die Haltung einer halbwild lebenden Wisentherde setzt gemäss Bundesgericht eine grosse, möglichst natürliche Wald- und Weidefläche voraus und ist daher auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen. Auch hätten kantonale Fachinstanzen und das Bundesamt für Umwelt (Bafu) das Vorhaben als positiv eingeschätzt.
zvg
Bauern befürchten Schäden
Die Landwirte hatten an dem Gehegen mit den Wisenten wenig Freude. Eine Beschwerde kam gemäss SRF von den Bauern. Landwirte, die direkt neben dem Gehege Land haben, befürchteten bei einer zukünftigen Auswilderung ohne Zaun, dass die Wisente dann ihr Land zerstören würden. Zudem monierten sie, dass man wegen des Zauns nicht mehr in die Waldregion komme.
Zudem sei eine Forderung der Bauern unerfüllt geblieben, berichtete die «Solothurner Zeitung» im März 2020. Wie Edgar Kupper, der die Landwirte als Wortführer der Gegnerschaft unterstützte, gegenüber der Zeitung sagte, wurde eine vom Kanton gestellte Begleitgruppe, die das Projekt unter Einbezug der Bauern und weiteren Betroffenen begleiten sollte, nicht geschaffen. «Im besten Fall wollen wir, dass die Bewilligung für das unnötige Projekt nicht gegeben wird. Wenn es aber durchgestiert wird, müssen alle Fragen geklärt und bereinigt sein», sagte Kupper damals.
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