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Ist Tourismus wichtiger als Herdenschutz?

Beinahe jedes Berggebiet wird sowohl alpwirtschaftlich als auch touristisch genutzt. Werden auf Alpen Herdenschutzhunde eingesetzt, können diese aber unter Umständen auch Touristen verletzen. Dafür wäre dann der Bauer verantwortlich. Sperrt man deshalb aber Gebiete für den Tourismus, könnte das Geld ausbleiben. Herdenschutzhunde oder Touristen, das ist hier also die Frage.

Jetzt beginnt wieder die Zeit, während der viele Städterinnen und Städter in den Bergen neben dem umwerfenden Alpenpanorama auch die Abkühlung suchen. Sommerzeit heisst aber auch Alpzeit, während der viele Tiere auf Sömmerungsgebieten verweilen. Und diese Tiere müssen vor dem Wolf geschützt werden.

Zäune sind dabei eine Option. Doch in dem teils unwegsamen Gelände der Berggebiete können solche Schutzzäune nicht immer aufgebaut werden. In solchen Fällen die Herde zusätzlich von Hunden schützen zu lassen, würde sich als Lösung eigentlich aufdrängen, wenn da nur nicht diese Touristen wären. Die Alp Säss in Gams SG hat deshalb zu deren Schutz vor den Herdenschutzhunden ihr Sömmerungsgebiet für Wanderer und Freizeitsportlerinnen gesperrt.  

Alles Fremde ist ein Feind

Denn die Herdenschutzhunde sehen nicht nur die Wölfe als eine Gefahr für die Herde an, sondern auch Hunde, die von Spaziergängern herumgeführt werden oder unter ungünstigen Umständen gar Touristen, wenn sich diese falsch verhalten. Und sollte dann tatsächlich einmal ein «Spaziergänger-Hund» oder eine Wanderin von einem Herdenschutzhund verletzt werden, kann der Bauer oder die Bäuerin dafür verantwortlich gemacht werden.

Soll man das Weidegebiet also für Touristinnen und Wanderer sperren, um diese Verantwortlichkeit der Schafhalter ausschliessen zu können? Wanderer und Freizeitsportlerinnen aus einem touristisch erschlossenen Berggebiet auszuschliessen, könnte dann aber auch mit wirtschaftlichen Einbussen einhergehen. Soll in den Alpen also auf Herdenschutzhunde verzichtet werden, um die Touristen nicht zu gefährden? Handelt es sich dabei tatsächlich um zwei Bereiche, die einander ausschliessen und sich die Frage stellt: Herdenschutzhunde oder Tourismus? Um diese Frage zu beantworten, hat sich das «Toggenburger Tagblatt» auch auf der Alp Säss in Gams SG umgeschaut.

Alp Säss gilt nur mit Hunden als geschützt

Auf der Alp Säss in Gams SG sind seit dem 1. Juni wieder zwei Herdenschutzhunde im Einsatz, heisst es im Bericht des «Toggenburger Tagblatt». Ihre Aufgabe ist klar. Sie sollen die dort weidenden Schafe vor dem Wolf schützen. Um die oben beschriebenen möglichen Begegnungen zu vermeiden, wurde dieses Sömmerungsgebiet aus Sicherheitsgründen für Wanderer und Touristen gesperrt. Verständlich ist, dass diese Sperrung nicht von Allen gut aufgenommen wird.

Die Schafalp Säss

Die Alphütte auf 1'691 m ü. M. ist in sehr steilem Gelände unterhalb des Gätterifirsts situiert und nur mit guten Bergschuhen zu Fuss ab der Alp Loch erreichbar. Das Alpgebiet erstreckt sich bis unterhalb des Mutschens (2'121 m ü. M.) und des Gätterifirsts über den Höberg, Schofwis bis Gazolf.

Über 1'000 Schafe von verschiedenen Schafbesitzern verbringen den Sommer jeweils auf der Alp. Um die Herde vor Wolfsangriffen zu schützen, waren im Jahr 2022 erstmals zwei Herdenschutzhunde im Einsatz. Quelle: Ortsgemeinde Gams

Gemäss Sven Baumgartner, Herdenschutzverantwortlicher am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen, sei für die Alp Säss zusammen mit diesen Hunden ein gutes Schutzkonzept erarbeitet worden. Denn um als geschützt zu gelten, hätten auf der Alp Säss Zäune nicht ausgereicht. Dafür seien auch Schutzhunde notwendig gewesen, gibt Baumgartner im Bericht zu verstehen. Solche werden jedoch nur eingesetzt, wenn es vom Herdenschutzteam als notwendig erachtet wird. Mit dem Einsatz von Hunden sei man jedoch sehr zurückhaltend, heisst es weiter. Denn solange der Wolf die Zäune respektiere, würden diese ausreichend Schutz bieten. 

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Auf der Alp Säss sei jedoch eine lückenlose Einzäunung nicht möglich gewesen. Deshalb habe man zusätzlich Hunde eingesetzt. Nur so gelten die Schafe jetzt auch als geschützt und der Schafhalter würde im Falle eines Risses auch entschädigt. Doch Herdenschutzhunde können eben auch für Touristen gefährlich werden. Falls diese verletzt würden, kann der Schafhalter oder die Schafhalterin dafür verantwortlich gemacht werden.

Das von den beiden Hunden beschützte Sömmerungsgebiet auf der Alp Säss wurde deshalb für Freizeitsportlerinnen, Wanderer und Touristen gesperrt. Entsprechend sei dies so auch bei einigen online verfügbaren Karten eingezeichnet worden. Ein offizieller Wanderweg hätte dafür jedoch nicht gesperrt werden müssen. Falls eine solche Massnahme notwendig gewesen wäre, hätte es dafür eine Bewilligung der Gemeinde gebraucht. Privatpersonen dürfen also nicht einfach einen offiziellen Wanderweg sperren. 

Eine solche Sperrung käme auf den beiden grossen Alpen auf dem Flumserberg aber nicht in Frage, lässt sich dem Bericht weiter entnehmen. Dort würde man allein auf Netze, Hirten und Hilfszäune setzen. «Natürlich wäre es mit Hunden einfacher, aber da hat es so viel Tourismus, dass man lieber mit diesem im Einklang bleibt», wird Baumgartner vom «Toggenburger Tagblatt» zitiert. 

Respektlose Freizeitsportler

Was dem Herdenschutzverantwortlichen jedoch ein Dorn im Auge ist, seien die Freizeitsportler, die die Absperrungen für die Schafe nicht respektieren würden. So gebe es Sportler, die den Strom abstellen, die Zäune und Pfosten ausreissen oder die Tore nicht schliessen würden. Wenn dann aufgrund dieser Manipulationen ein Schaf gerissen werde, gelte es nicht als geschützt.

 

Baumgartner gibt im Bericht vom «Toggenburger Tagblatt» abschliessend zu bedenken, dass der Einsatz von Hunden auch immer eine Frage des gesetzlichen Spielraums sei. Dieser würde zurzeit im Herdenschutz noch fehlen. Solange das Jagdgesetz noch verabschiedet ist, seien noch einige Fragen offen, erkennt Baumgartner.

Er deutet aber an, dass in Zukunft wohl einige Wanderrouten gesperrt werden müssten, falls sich der Herdenschutzhund in einem bestimmten Gebiet als einzige Lösung anbieten würde. Dies würde dann also bedeuten, dass auch die Touristen – zum Wohle der Schafe – einige Kompromisse eingehen und ihre Routen anders planen müssten.

Kommentare (9)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Kollege | 30.06.2024
    Wolf weg, Problem weg.
  • Sylva | 27.06.2024
    Das achten der Natur muss wieder gelehrt werden nicht überall Vorbeibrausen platz für Wildtiere geben auch den weidetieren ihre ruhe erhalten wie auch die Sicherheit !
  • Brunadora | 26.06.2024
    Die Schweiz ist ein kleines Land und braucht mehr Natur ! Wiesen, Pflanzen und Tiere, auch Wölfe! Also klare Lösung: weg mit dem arroganten, rücksichtslosen, frechen Tourismus ! Dafür besseren Schutz der Tiere, der Schafe, aber auch der Wildtiere ! Der Mensch ist auf die Natur angewiesen, die Natur aber nicht auf den Menschen !!!
    • Daniela Vyas | 27.06.2024
      Der Wolf hat keinen ökologischen Nutzen; Herdentiere dagegen schon. Verbuschung ist ökologisch nicht immer sinnvoll. Im Gegenteil. Offene Weiden dienen der Artenvielfalt. Mich wundert, das man dies wieder mal außer Acht lässt. Herdenschutz beeinträchtigt zudem andere, schützenswertere Wildtiere zu stark. Der Wolf scheint das Maß aller Dinge zu sein, zuwachsen mit Wald ebenfalls. Ist es aber nicht. Ganz im Gegenteil. Und leider geht der Anteil der Lichtweiden zurück. Wir brauchen wolfsfreie Schutzzonen für unsere Alpen, denn Ihre Arbeit ist wertvoll
    • Calitry | 27.06.2024
      Ich wäre dafür die Alpen auf eigenes Risiko zu bewandern.
      Wer nicht weiss wie man sich dort verhält ist selber schuld. (Betreten auf eigene Gefahr!)
      Wer seinen Hund vor dem Herdenschutzhund zu verteidigen versucht ist selber schuld.
      Ein Haushund gehört nicht auf Wanderwege. Der Stört nur die Wildtiere durch seinen Jagd Trieb, der nicht so einfach abtrainiert werden kann (auch wenn es die Hündeler immer behaupten)

      Durch Eigenverantwortung erreicht man eher wieder etwas mehr gesunden Menschenverstand.

      (Wie im Wintersport mit den Lawinen)

      Es passiert nichts, wenn man sich nicht komplett dumm anstellt.
  • Britt | 26.06.2024
    Leider gibt es velofahrer wo kein interesse haben an rücksicht und meinen sie dürfen alles. Die natur rächt sich mehr und mehr. Man sollte die wege sperren damit die tiere ihre ruhe haben und solche leute büssen!!
  • Max Dolder | 26.06.2024
    Beinahe jede Alp wird irgendwie genutzt. Auch das Mittelland hat fast keine unberührten Flächen mehr. Der Mensch muss begreifen, dass wir Gebiete brauchen, die von uns gemieden werden. Der Natur zu liebe. Darum entfällt für mich die Frage ob Herdenschutzhunde vor Touristen kommen. Wer sich nicht anpassen kann oder will, muss sich eben anderswo vergnügen.
    • Birgit Lorenz | 26.06.2024
      Sehr guter Kommentar. Bin im Sommer gerne mit Hund im Wallis unterwegs, aber es ist für mich kein Thema, wenn Wege gesperrt sind. Man kann auf entsprechenden Karten nachschauen, wo Herdenschutzhunde eingesetzt werden.
    • Martin | 26.06.2024
      Herr Dolder, ich wohne im Mittelland, nicht gerade neben der A1 aber doch in einem ziemlich dicht besiedelten Tal. Ich lade Sie herzlich zu mir ein und ich werde Ihnen vor meiner Haustüre Gebiete zeigen, wo praktisch kein menschlicher Eingriff mehr passiert. Solche Gebiete haben in den letzten 40 Jahren massiv zugenommen, Wälder die so steil sind, dass sie nicht maschinell genutzt werden können, sind im Mittelland heute praktisch unberührt, dort geht keiner mehr hin und nutzt das Holz. Meine 85-jährigen Schwiegereltern erzählen, dass sie in Ihrer Kindheit in diesen Wäldern Holz suchen mussten und praktisch nichts fanden; alles wurde genutzt damit niemand frieren musste. Zudem viele ökolgische Ausgleichsflächen auf landwirtschaftlich schwierig nutzbaren Flächen, auch diese haben massiv (quantitativ und qualitativ) zugenommen.
      Diese Flächen sieht man natürlich nicht vor dem Bildschirm, man muss in der Natur unterwegs sein, dann sieht man wo die wahren Probleme liegen: Bei der Verbetonierung der massiv wachsenden Siedlungsfläche und dieses Problem ist nur zu stoppen mit einer Begrenzung der Zuwanderung.
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