Am Bezirksgericht Arbon TG steht ab Mittwoch der 54-jährige Landwirt, dessen Hof in Hefenhofen TG wegen der dortigen Zustände im August 2017 geräumt wurde. Wegen Tierquälerei und anderer Delikte fordert der Staatsanwalt 6,5 Jahre Freiheitsentzug.
Mitbeschuldigt sind vier Personen. Zwei Metzger sollen laut Anklage mit dem Landwirt illegale Geschäfte mit gesundheitlich angeschlagenen Ferkeln gemacht haben. Mitbeschuldigt sind zudem zwei Frauen. Sie sollen dem Landwirt geholfen haben, Tiere, die auf behördliche Weisung hin beschlagnahmt werden sollten, wegzubringen und damit der Beschlagnahmung zu entziehen. Ihnen wird mehrfacher Bruch amtlicher Beschlagnahmung vorgeworfen.
Der Fall hatte im August 2017 schweizweit für Schlagzeilen gesorgt. Aufgrund der katastrophalen Zustände auf dem Hof ordneten die Behörden dessen Räumung an. Die Verhandlung ist auf mehrere Tage angelegt. Die Urteilseröffnung ist für den 21. März vorgesehen.
250 Tiere beschlagnahmt
Der Landwirt soll zwischen September 2013 und der Räumung seines Hofs in Hefenhofen TG am 7. August 2017 Pferde, Schafe, Ziegen, Hunde, Hühner, Schweine und Rinder ungenügend gepflegt, nicht artgerecht gehalten, vorschriftswidrig transportiert und getötet haben. Vorgeworfen werden ihm auch mehrfache Gefährdung des Lebens, Hausfriedensbruch, Urkunden-, Ehrverletzungs-, Strassenverkehrs- und ausländerrechtliche Delikte, wie das Gericht schreibt.
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den hauptbeschuldigten Tierhalter im März 2022 Anklage erhoben. Er soll über Jahre hinweg Tierschutzvorschriften missachtet, Anordnungen ignoriert und die Behörden genarrt haben. Im August 2017 wurden auf seinem Hof rund 250 Pferde und andere Tiere beschlagnahmt.
«Landwirt hat Tiere misshandelt»
In der Anklageschrift schildert der Staatsanwalt die Zustände. Die Tiere wurden demnach auf viel zu kleinen Flächen gehalten. Manche waren völlig verdreckt und unterernährt, konnten teils nicht ins Freie. Der Landwirt habe auch schon mal seine Tiere aktiv misshandelt. So habe er Pferden etwa Stockschlägen verabreicht, wenn sie nicht in einen Transporter einsteigen wollten.
Verletzten oder sonst gesundheitlich angeschlagenen Tiere habe er die tierärztliche Betreuung vorenthalten, so die Anklage. Der Beschuldigte habe solche Tiere nicht etwa geschont oder sie selbst gepflegt, sondern sie rücksichtslos behandelt, obwohl er gewusst habe, dass sie Schmerzen und Stress erlitten.
Der Beschuldigte war den Behörden schon lange vor der Hofräumung bekannt. Er ist vorbestraft. Dennoch konnte er jahrelang weiter Tiere halten.
Regierung räumte Fehler ein
90 Pferde wurden im Kanton Bern vom Veterinärdienst der Armee gepflegt und in mehreren Auktionen verkauft. Die Thurgauer Regierung räumte Fehler im Umgang mit dem Tierquäler ein. Sie setzte eine externe Kommission unter dem Vorsitz des Zuger alt Regierungsrats Hanspeter Uster ein.
Diese kam in ihrer Analyse zum Schluss, dass im Fall Hefenhofen durch Fehleinschätzungen und Fehlentscheide auf verschiedenen Ebenen ein wirksamer Vollzug des Tierschutz verhindert worden sei. Inzwischen hat der Kanton das Veterinäramt reorganisiert und ein neues Veterinärgesetz erlassen, um den Tierschutz zu verbessern.
Illegaler Fleischhandel
Die Ermittlerdeckten zudem einen illegalen Handel mit gesundheitlich angeschlagenen Ferkeln auf. In diesem Zusammenhang sind auch zwei Metzger der mehrfachen Tierquälerei, der mehrfachen Widerhandlung gegen das Tierseuchengesetz sowie der gewerbsmässigen Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz beschuldigt.
Sie sollen die so genannten Kümmerer am tierärztlichen Augenschein vorbei geschleust und für wenig Geld dem Landwirt übergeben haben. Nachdem die Tiere – ebenfalls unter tierquälerischen Bedingungen, so die Anklageschrift – gemästet waren, verkaufte der Bauer sie der Metzgerei zurück, die das Fleisch dann in den Handel brachte.
Auch Kantonstierarzt angeklagt
In einem separaten Prozess wird sich der frühere Thurgauer Kantonstierarzt vor dem Bezirksgericht Frauenfeld zu verantworten haben. Ihm wirft die Staatsanwaltschaft vor, er habe es versäumt, ein im Jahr 2013 angeordnetes Tierhalteverbot gegen den wiederholt beschuldigten Tierhalter aus Hefenhofen durchzusetzen.
Er soll auch weitere Massnahmen gegen den Tierquäler unterlassen, Kontrollen nur nach Vorankündigung durchgeführt und Anzeigen ignoriert haben. Mitangeklagt sind in einzelnen Punkten drei weitere Mitarbeiter des Veterinäramts. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.