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«Ohne Nebenjob überlebe ich nicht»

Viele Landwirtinnen und Landwirte sind auf einen Nebenjob angewiesen, um sich über Wasser zu halten. Und auch wenn sie erkennen, dass es mit einem anderen Job eigentlich viel einfacher wäre, überwiegt ihre Leidenschaft fürs Bauern. Ein Biobauer belegt diesen finanziellen Aspekt nun, indem er offenlegt, was er letztes Jahr verdient hat.

Die Forderungen der Bäuerinnen und Bauern sind zurzeit nicht zu überhören. Abbau der Bürokratie, keine weiteren Umweltauflagen, Erhöhung der Produzentenpreise, keine Kürzungen der Direktzahlungen und mehr Anerkennung und Wertschätzung. Mit den Bauernprotesten der letzten Wochen kommt zum Vorschein, was den Landwirtinnen und Landwirten schon seit längerer Zeit unter den Nägeln brennt.

Die Rahmenbedingungen, um eine landwirtschaftliche Tätigkeit auszuführen, verschlechtern sich zunehmend. Und doch geben Landwirtinnen und Landwirte ihn nur ungern auf, den «schönsten Job der Welt». Ganz ohne Zusatzverdienste könnten sich viele das Bauern heute aber nicht mehr leisten. Auch ein St. Galler Biobauer muss sein landwirtschaftliches Einkommen mit einem Nebenjob aufbessern. 

Sparen ist kaum möglich 

«20 Minuten» wollte genauer wissen, was ein Bauer verdient. Das Onlineportal hat deshalb den 34-jährigen Biobauer Philipp Schönenberger auf dem Karlshof in Rossrüti SG besucht. Er hat dem Medium seine Bücher offengelegt. 2023 erzielte Schönenberger einen Gewinn aus der Landwirtschaft von 90'000 Franken. Davon muss er jährlich noch Schulden von Hypotheken und Darlehen in der Höhe von 71'000 Franken zurückbezahlen.

Als Gewinn resultierten schliesslich 19'000 Franken, wie die Auflistung von «20 Minuten» zeigt. An Sparen sei unter diesen Bedingungen nur schwer zu denken, führt der Biobauer aus. Er verweist dabei auf eine kürzlich notwendige Investition von 100'000 Franken. Hierzu würde dann auch das Einkommen aus dem Nebenverdienst und jenes der Frau eingesetzt.  

Die Ausgaben beinhalten: 

Produktionskosten:  Futtermittel, Lohnarbeiten und diverse Kosten für Tiere.

Betriebsaufwand:  Gebäudeunterhalt, Treibstoff/Versicherung/Reparaturen Maschinen, Allg. Betriebsversicherungen, Energie & Wasser und Büroaufwand.

Personalaufwand:  Löhne von Angestellten, AHV-Beiträgen von Angestellten/Betriebsleiter und Personenversicherungen.

«Ein Bürojob wäre einfacher»

Schönenberger hat zwar einen Gewinn gemacht. Doch ohne Einkommen aus dem Nebenerwerb könne er nicht überleben, sagt er «20 Minuten». Er arbeitet in einem 50-Prozent-Pensum in einem Treuhandbüro. Auch das Einkommen seiner Frau sei wichtig, um den Betrieb weiterentwickeln zu können. Neben den durchschnittlich rund 43 Stunden Betriebsarbeit kommen wöchentlich also noch 20 Stunden im Nebenjob dazu.

Da er ausschliesslich mit einem Bürojob das Wochenende frei und erst noch 5 Wochen bezahlte Ferien hätte, wäre ein Wechsel sehr attraktiv. «Es wäre viel einfacher und weniger anstrengend», sagt Schönenberger zu «20min.ch». Die Leidenschaft Bauer zu sein, die Arbeit mit Tieren und in der Natur hält ihn aber davor zurück. Er sei ein leidenschaftlicher Bauer, sagt Schönenberger weiter. 

Meine Produkte sind im Laden schon teurer, aber der Erlös davon gelangt nicht bis zu mir.

Philipp Schönenberger, Biolandwirt

Einkommen verringert sich

Die grösste Herausforderung für ihn sei es, die Auflagen des Bundes einzuhalten. Und den zunehmenden Aufwendungen stünden gekürzte Beiträge gegenüber. Schönenberger nennt dazu ein konkretes Beispiel.

Laut der BTS-Direktzahlungsverordnung müsse sein Hof über einen weichen Liegebereich für Kühe und eingestreute Ställe verfügen. Bisher erhielt er dafür 90 Franken pro Kuh und 280 Franken pro 100 Legehennen. Diese Beiträge wurden jetzt aber auf 75 Franken pro Kuh und 235 Franken pro 100 Legehennen reduziert. Die Kosten für den Stallbau und höhere Einstreu hätte er aber trotzdem immer noch. Sein Einkommen werde dadurch aber deutlich kleiner.

Agrarpaket 2023

Damit die zunehmende Beteiligung bei den neuen Produktionssystembeiträgen im 2024 und danach finanziert werden kann, wurden Mittel von rund 101 Mio. Fr. innerhalb des Direktzahlungskredits umgelagert, unter anderem 15 Millionen BTS-Beiträge (besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme) und 18 Millionen Beiträge für die längere Nutzungsdauer von Kühen. Das bedeutet konkret, dass es seit 1. Januar 2024 bei den Rindern pro Grossvieheinheit (GVE) nur noch 75 Franken BTS-Beitrag statt 90 Franken pro Jahr gibt. Das verschlechtert nachträglich manche Investitionsrechnung für neue Laufställe für Milchvieh negativ.

Ausserdem wurden Beiträge in der Höhe 18 Millionen Franken für die längere Nutzungsdauer von Kühen innerhalb der Produktionssystembeiträge umgelagert. Der maximale Beitrag für die längere Nutzungsdauer beträgt nicht mehr 200, sondern mit 100 Fr./GVE. Diese Reduktion bringt rund 18 Mio. Fr. weniger Ausgaben pro Jahr. Der neue Beitrag wurde per 1. Januar 2024 eingeführt. blu

Seiner Meinung nach gehe der Markt in eine andere Richtung, als die Politik vorgibt. Dasselbe gelte für Vorschriften des Umweltamtes. Er erwähnt dabei die umweltschonendere Schleppschlauch-Pflicht. Ein neuer Schleppschlauch koste ihn 30’000 Franken, die er selbst berappen müsse.

Konsumenten sind gefordert

Die Frage, ob er denn die Mindereinnahmen nicht einfach durch höhere Verkaufspreise an die Konsumenten abwälzen könne, verneinte er. Denn als Bauer könne er den Milchpreis nicht selbst bestimmen. Und sein Abnehmer könne ihm nicht den Betrag bezahlen, den er für den Aufwand eigentlich erhalten müsste. Bei den teureren Produkten würde der Mehrerlös nicht bis zu ihm gelangen.

Schönenberger störe sich auch daran, dass Konsumentinnen und Konsumenten leider bei den Lebensmitteln sparen würden. Sie wählten jeweils das günstigste und nicht das tier- und umweltfreundlichste Produkt. Philipp Schönenberger schliesst sein Interview mit einem beeindruckenden Appell an die Konsumenten:

«Kauft regionale Schweizer Produkte, um die Schweizer Landwirtschaft, wie ihr sie gerne haben möchtet, zu unterstützen».

Kommentare (16)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • Biopuur | 16.03.2024
    Schliesse mich SJ an: Aussagekräftiger wäre gewesen, wenn er anstatt eines Gewinnes seinen Anspruch für die geleistete Arbeit beziffert hätte. Zudem wäre die Tilgung seiner Schulden ebenfalls als Teil seines Arbeitsverdienstes (oder aber als Zinsanspruch für das investierte Kapital) zu bezeichnen gewesen. Je nach Arbeitsaufwand und eingesetztem Ansatz pro geleistete Arbeitseinheit würde möglicherweise anstatt eines Gewinnes ein Verlust resultieren, auch wenn eine Eigenkapital gebildet werden kann.
  • Bischofberger | 16.03.2024
    Wist Ihr warum jeder Bauer nebst einem Mercedes noch ein Mofa besitzt? Dass Rr au noch auf den Feldwegen herumjammern kann !!!
  • Fridu | 15.03.2024
    Interessant ist, dass ein Treuhandmitarbeiter lediglich so pauschale Zahlen ausweist. Darlehensrückzahlungen gehören nicht ins LE! Wie hoch ist das Landwirtschaftliche Einkommen? Wie hoch sind die Abschreibungen? Wie sieht eine Vollkostenrechnung aus?
    Jedenfalls ist die Legehennenhaltung sicherlich interessant (siehe Bericht vor einer Woche). Die Personalkosten sind merkwürdig hoch.....
  • Bauer mit Familie | 15.03.2024
    Also ich zahle auch im Jahr 55000.- an IK und Zinsen aber arbeite nicht auswärts meine Frau aber mit einem kleinen Pensum. Da wir noch 4 schulpflichtige Kinder haben.
    Ja Ferien liegen auch 11 Tage im Jahr drin, wo gegen 6000.- kosten.
    Plus jemand wo in dieser Zeit denn stall macht.
    Bewirtschafteten einen kleinen Betrieb mit knapp 10ha. Haben Mutterkühe und Zucht Schweine zusammen gut 50 gve. Und ja wir haben fülle Abnahme Verträge bevor es heisst zuviele Tiere für unsere Flächen. Alles geregelt.
    Und wir sind eigentlich zufrieden wie es uns geht können uns wirklich nicht beklagen.

    Wohnen im Luzerner Hinterland Hügel Gebiet. Aber sehr gut eingerichtet.
    Und wir können uns jetzt wirklich nicht beklagen. Was das finanzielle angeht.
  • Flühler | 15.03.2024
    So wie Herr Schönberger sagt ist es ein Hobby das mit öffentlichen Gelder unterstützt wir und Herr Schönberg sogar noch Geld verdienen kann.
    Es gibt Bergbauern die 10 Hektaren haben und den Lebensuterhalt mit dem Bauern verdienen. Weil sie sehr viel Handarbeit haben, können Sie keinen Job auswärts annehmen, und müssen leben von dem was der Betrieb hergibt.
  • Holsteinkuh | 15.03.2024
    Über 70000 Rückzahlung von Schulden ? Dazu bräuchte es noch einige Angaben , weil diese Invetitionen müsste eigentlich mehr abwerfen
  • Lisa | 15.03.2024
    Was ich nicht verstehe ist: Warum braucht ein jeder Landwirt alle Maschinen inkl. Riesen Traktor auf dem Hof? Es gibt heute genügend Lohnunternehmen die fahren. Es gibt auch die Möglichkeit die Maschine anzumieten, und selber zu fahren.
    In meinen Augen seid ihr Bauern zu stur, zu eitel (?), zu wenig flexibel in eurer Denkweise.
    Und ja, der Büro- Subventions-Dschungel ist ein riesen Ärgernis. Da bin ich einverstanden!
    • Adrian Raschle | 15.03.2024
      Hallo Lisa
      Das fahren eines grossen Traktors hat nichts mit eitelkeit zu tun. Klar besteht die möglichkeitnder Miete oder eines Lohnunternehmers. Aber unter den Strich sind diese Mögllichkeiten meist viel teurer. Ausserdem sind landwirtschaftluche arbeiten wetterbedingt nicht taggenau planbar. In den kurzen Schönwetterperioden noch schnell einen geeigneten Traktor zu mieten ist beinahe unmöglich. Da traktoren verschiedener Hersteller meist ausstattungsmässig stark diverieren bekommst du schnell Probleme, dass deine Anbaugeräte nicht passen oder abgeändert werden müssen. Für diesen Aufand hast du schlichtweg keine Zeit.
    • Martin | 15.03.2024

      Was ich nicht verstehe ist: Warum fährt Ihr Arbeiter alle alleine in Euren grossen SUV zur Arbeit? Und warum betreut jede Mutter ihr Kind alleine? Es gibt doch die Möglichkeit das Auto zusammen mit dem Nachbar anzuschaffen oder Fahrgemeinschaften zu bilden. Und auch das Kind der Nachbarin zu hüten, damit diese arbeiten gehen kann. In meinen Augen sind die Arbeiter und die Mütter zu stur, zu eitel (?), zu wenig flexibel in ihrer Denkweise.

    • Bäuerin | 15.03.2024
      Die Traktoren braucht man mehrmals täglich da ist es nicht so einfach einen zu mieten, da er bereit stehen muss! Lohnunternehmen kosten viel Geld und sie haben nicht immer Zeit dann wenn man sie braucht, schliesslich möchte nicht nur 1 Bauer an einem Schönen Tag die Jauche ausbringen. Und ausserdem fragen sie den Bürolisten auch ob jeder seinen eigenen PC braucht? Oder den Gärtner? Wiso sollte es daher nicht möglich sein den Maschinenpark zur Verfügung zu haben welchen man für seine Arbeit/Land braucht?
    • Joller | 16.03.2024

      Liebe Lisa


      Was du sagst haben Bauern schon längst umgesetzt. Aber mit einem Spielzeug kann auch nicht rationell wirtschaften.


      Es wäre entfehlenswert wenn du eine


      Ladwirtschaftsbetrieb führen würdest


      und dann würdest du Realität sehen.

    • Bauer | 16.03.2024
      Hallo Lisa,

      Würde dir gerne die Landwirtschaft näher bringen und allfällige fragen gerne beantworten.
  • Arbeiter | 15.03.2024
    Unglaublich für 6 Stunden Täglich arbeiten auf dem Bauernhof 90`000 Fr. Einkommen , und dann noch jammern....
    Dann noch Zeit haben für 4 Stunden auf Treuhandbüro zu arbeiten 40`000 Fr. Einkommen , und dann
    noch das Nebeneinkommen der Frau . 40`000 Fr. Einkommen ,
    gibt Gesamteinkommen von 170`000 Fr. Gesamteinkommen dann noch jammern ....
    Die Rückzahlung von Hypothek und Darlehen von 71`000 Fr. sind Einkommensneutral , es verändert das Landwirtschaftliche
    Einkommen nicht . Entweder bleibt das Geld auf dem Sparkonto dann nimmt das Vermögen zu oder du zahlst Hypotek oder
    Darlehen zurück dann nehmen die Schulden ab .
    • SJ | 15.03.2024
      Ihr Kommentar hat seine Berechtigung, ist aber nicht zu Ende gedacht. Die Darstellung zeigt aus meiner Sicht den operativen Geldfluss des Betriebes und nicht die Erfolgsrechnung, da nirgends von Abschreibungen und Rückstellungen die Rede ist, diese wären dann sehr wohl erfolgswirksam. Hier ist der Bericht zu wenig präzise und verwendet m.M.n. den Begriff Gewinn falsch.
      Es ist halt Realität, dass auf einem Betrieb mit laufenden Investitionen kaum Geld für die Familie bleibt und dieses mit dem Nebeneinkommen verdient wird.
    • Landwirt | 15.03.2024
      Ich sehe es nicht als jammern, vielmehr als mutig von einem jungen Landwirt seine Zahlen offen zu legen. Andere jammern nur, aber Herr Schönenberger ist aktiv und informiert die Bevölkerung aktiv. Hut ab und herzlichen Dank an ihn, einer der sich einsetzt - schon länger! Weiter so! Man vergleiche diese mit andern Branchen (Informatik: 250.-/h, Sozialberatung 230.-/h, Bankwesen: sicher auch hoch... ;)
    • Mech97 | 17.03.2024
      Was haben denn sie für Fantasien? In jeder Firma wird Ebenfalls Gewinn gemacht und schulden abgezahlt welche niemandem an den Verdienst angerechnet werden und bei den Bauern soll man das machen oder wie,? Schlussendlich hat er genau bon diesen 41000 Personalaufwand etwas davon jedoch ist das auch Brutto und dan Netto nicht mehr so viel für 40 stunden +die Woche. Die 19000 Gewinn werden fortlaufend wieder Investiert in den Betrieb für allfällige reparaturen oder eben 30000 für den Schleppschlauch welcher pflicht ist aber kein Geld einbringt. Und von jammern darf man auch nicht reden es ist viel mehr ein Weckruf an die Bevölkerung wenn ihr für die Umwelt was tun wollt könnte man die CH Produkte kaufen statt beim Flug den,co2 ausgleich zahlen um sein gewissen zu kaufen und sich als Umweltsorger zu betiteln aber im Laden die billig eier aus Deutschland kaufen und das Fleisch aus Argentinien.
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