Letztendlich strich das Thurgauer Parlament den Kantonsbeitrag für den Rübenverlad deutlich, mit 71 zu 56 Stimmen bei einer Enthaltung. Noch im November zeigte sich Reto Beerli, Präsident der Zuckerrübenverladevereinigung Oberthurgau (ZRVOT), guten Mutes: «Die Hoffnung stirbt zuletzt.» Nun aber ist die Hoffnung gestorben.
Aber von vorne: Im Jahr 2011 gründete man zum Zwecke der Erhaltung der Verladestationen Bürglen TG und Oberaach TG die Zuckerrübenverladevereinigung Oberthurgau (ZRVOT). Damals investierte der Kanton in die Revision der Verladestationen, um den Transport auf der Schiene zu fördern und somit die Thurtalstrasse zu entlasten. So kommunizierte es der Verband Thurgauer Landwirtschaft.
3,50 Franken pro Tonne
Im Jahr 2021 entschied der Regierungsrat, dass der Bahnverlad der Zuckerrüben östlich von Weinfelden für weitere vier Jahre unterstützt wird. Wie der Kanton schrieb, richtete er der Zuckerrübenverladeorganisation Oberthurgau in den Jahren 2021 bis 2024 einen Förderbeitrag von 3,50 Franken pro bahnverladene Tonne aus.
Nach Ablauf der Vertragsdauer sollte die Lage neu beurteilt und über eine Weiterführung der Fördermassnahmen des Kantons verhandelt und entschieden werden. Zwischenzeitlich nutzte etwa die Hälfte der Pflanzer östlich von Weinfelden die Möglichkeit, ihre Zuckerrüben auf die Bahn zu verladen, erklärte Beerli im Oktober 2020 dem «St. Galler Tagblatt» noch . Beerli selbst steuerte jeweils die Anlage und kontrolliert das Abladen der Zuckerrüben.
Es keimte Hoffnung auf
Nun ist aber Schluss. Am 27. November 2024 wurden in Bürglen die letzten Zuckerrüben auf die Bahn verladen. Grund dafür ist das Loch in der Kantonskasse, es muss gespart werden. Der jährlich Betrag von 50’000 Franken für den Bahntransport wird gestrichen. Ohne diesen Beitrag rechne sich der Bahnverlad nicht mehr, so Reto Beerli aus Opfershofen, Präsident der ZRVOT. Er bedauert den Entscheid.
Beerli ging an die Öffentlichkeit mit dem Wunsch nach einer Reaktion aus dem Kantonsparlament. Und tatsächlich: Gemäss der «Thurgauer Zeitung» keimte an der Budgetdebatte des Grossen Rats vor einer Woche in Weinfelden zu Beerlis Überraschung doch noch einmal Hoffnung auf.
1’000 zusätzlichen Traktorfahrten
EVP-Kantonsrat Christian Stricker (Oberaach) habe beantragt, den Beitrag von 50’000 Franken wieder ins Budget aufzunehmen. «Die übereilte Budgetkürzung ist nicht reif», sagte er laut der Zeitung. Die 1’000 zusätzlichen Traktorfahrten aus dem Ober- und Mittelthurgau nach Frauenfeld, die ohne den Beitrag für den Bahnverlad anfallen würden, verbrauchen 15’000 Liter Diesel. Dies könne man sich sparen, so der EVP-Politiker.
Auch von Seiten der SP fand der Antrag Anklang: SP-Kantonsrätin Marion Sontheim (Bottighofen) unterstützte Strickers Antrag. Ihre Begründung: Der Strassentransport führe zu Zeitverlusten, provoziere riskante Überholmanöver und erhöhe dadurch das Unfallrisiko, verursache Lärm und Abgase und belaste die Strasseninfrastruktur.
Laut EVP-Kantonsrat Christian Stricker verbrauchen die 1’000 zusätzlichen Traktorfahrten aus dem Ober- und Mittelthurgau nach Frauenfeld, die ohne den Bahnverladebeitrag anfallen würden, 15’000 Liter Diesel.
Moritz Wegmann
Die SVP zeigte sich gespalten. Hans Eschenmoser (SVP, Weinfelden), in seiner Funktion als Präsident der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission des Grossen Rats, äusserte sich nicht zum Antrag – sehr wohl aber «als normaler Kantonsrat und Rübenproduzent». Er sagte: «Wirtschaftlich ist es nicht klug, so nahe an der Zuckerfabrik Bahntransport zu machen.» Der Verlad lohne sich erst ab einer Strecke von 50 Kilometern. Dem pflichtete SVP-Fraktionschef Hermann Lei (Frauenfeld) laut der «Thurgauer Zeitung» bei.
Ein Riesenproblem
Doch es gab auch Gegenstimmen innerhalb der Fraktion: Hans Stark (Neukirch an der Thur) erklärte: «Holen wir die Rüben zurück auf die Strasse, haben wir ein Riesenproblem.» Der Bahnverlad sei auch in einem ökologischen Zusammenhang zu sehen. In dieser Beziehung sei er ein Querulant in der SVP. Stark sprach sich für den Antrag aus. Auch Grünen-Kantonsrat Didi Feuerle (Arbon) unterstützte den Bahnverlad im Namen seiner Fraktion «selbstverständlich».
Stefan Leuthold (Frauenfeld), GLP-Fraktionschef, nahm die Zuckerbranche in die Pflicht: «Aus liberaler Sicht ist es richtig, die Transportkosten vollumfänglich der Branche zu überlassen», sagte Leuthold. «Die verarbeitende Industrie könnte die 50’000 Franken locker aus der Portokasse zahlen.»
Rüben auf LKW zu verladen
Das letzte Wort hatte Regierungspräsident Walter Schönholzer. Die Verladeorganisationen hätten in Aussicht gestellt, dass die Verlademengen zunehmen würden. «Das ist aber nicht passiert», hielt Schönholzer in der «Thurgauer Zeitung» fest.
So hielt er an der Streichung des Beitrags fest. «Mir tut es auch leid, wenn mehr Verkehr auf die Strassen kommt», sagte er und schlug als Alternative zu Traktorfahrten und Bahnverlad vor: «Eine Möglichkeit wäre, die Rüben vermehrt auf LKW zu verladen.»
20km Bahnstrecke, 15km anfahrt vom Feld. Die Meisten solo unterwegs.