Bis zum 30. September konnten sich die Betroffenen für eine möglichst rasche Umsiedlung bei der Gemeinde Albula melden. Es seien mit 40 Anmeldungen mehr eingegangen als erwartet, teilte die Gemeinde am Donnerstag mit.
Diese Anmeldungen betreffen 95 Wohnungen in 45 Gebäuden. Die meisten davon sind zwar Zweitwohnungen und Ferienhäuser, die Gemeinde schätzt aber, dass auch gut 35 Bewohnerinnen und Bewohner ihre Häuser aufgeben und umsiedeln wollen.
Vor der Evakuierung im November 2024 zählte das Dorf 90 Einwohnerinnen und Einwohner. Davon sind inzwischen knapp 30 Personen definitiv weggezogen oder verstorben. Nur ein kleiner Teil der bisherigen Bevölkerung hat also noch Hoffnung, je wieder ins Dorf zurückkehren zu können.
Gebäude müssten abgebrochen werden
«Es ist schwer abzuschätzen, was es mit dem Dorf machen wird, wenn zwei Drittel der Bewohner und wohl auch der Feriengäste nicht mehr da sind», schrieb ein Sprecher der Gemeinde Albula auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Denjenigen, die in Brienz bleiben, solle ein «lebenswertes Dorf» ermöglicht werden. Was es dazu genau brauche, werde mit den Betroffenen und Fachleuten besprochen.
Die Kosten für die Umsiedlung werden zu 90 Prozent von Bund und Kanton getragen. Was mit den aufgegebenen Häusern passieren wird, ist derzeit offen. Gemäss dem Waldgesetz des Bundes müssten sie eigentlich abgebrochen werden.
Allerdings lässt der Bund für denkmalschützerisch wertvolle Gebäude eine Lücke offen. Dies könnte in Brienz zur Anwendung kommen, weil es ein Ortsbild von regionaler Bedeutung sei, führte Raumplaner Roland Tremp am Mittwoch an einem Informationsanlass für Betroffene aus. Er leitet die Arbeitsgruppe für die Umsiedlungen. Ein Entscheid darüber, wie Brienz künftig aussehen werde, könne frühestens im kommenden Frühling fallen, ergänzte Gemeindepräsident Daniel Albertin.
Evakuierung bleibt über Winter bestehen
Die Evakuierung des Dorfes bleibt weiterhin bestehen. Die Schutthalde oben stelle für das Dorf nach wie vor eine Gefahr dar, auch wenn dies von blossem Auge nicht erkennbar sei, sagte Geologe Reto Thöny am Informationsanlass.
Gemäss Computersimulationen könnte eine Fliessrutschung im ungünstigsten Fall innert 90 Sekunden bis auf die Bahnlinie und die Kantonsstrasse vorstossen. Eine Schuttlawine könnte darüber hinaus bis in den Fluss Albula reichen.
Der Gemeindeführungsstab will den Betroffenen aber auch im Winterhalbjahr so oft wie möglich den tageweisen Zutritt zum Dorf und der Landwirtschaft die Bewirtschaftung ihrer Wiesen ermöglichen. Allerdings werden wegen der kürzeren Tage die Zugangszeiten verkürzt. Ab dem 1. November ist das Betreten nur noch von 9 bis 17 Uhr erlaubt. Im Dorf zu übernachten, ist verboten.
Die Kosten für die Sicherheit des Dorfes bezeichnete ein Gemeindesprecher als «erheblich». Die Gemeinde sei jedoch bereit, diese zu tragen. Dank eines Entwässerungsstollens werde die Rutschung zudem langsamer, wodurch auch die Schäden abnehmen könnten.


