Stolz präsentieren Ruedi und Reto Rusch das Siegertier auf dem Vorplatz der Alp «Chli Dreihöttä».
Ruedi Roth
Der Alpsommer 2024 war zuletzt schweizweit eine nasse Angelegenheit. So auch auf der Innerrhoder Potersalp. Dort steht im Stall von Familie Reto Rusch ein stattlicher Stier. Diesen kümmert das missliche Wetter allerdings wenig.
«Alpstein» heisst eigentlich Simon
Hin und wieder steht für ihn in der Herde von Ruschs Alpnachbar Arbeit an, meistens geniesst er aber im gut durchlüfteten Stall die Ruhe und bereitet sich auf seinen grossen Auftritt vor. Damit dieser dann auch einwandfrei über die grosse Bühne geht, wird er fast täglich trainiert. «Ja, genau deshalb ist der Stier hier auf der Alp. Das ruhige Spazierengehen muss für ihn eine angenehme Routine sein», erklärt sein Besitzer Reto Rusch.
Simon bei der Munitafe: (v.l.) Die Munipaten Martin Hersche und Schwingerkönig Thomas Sutter, Reto Rusch, Besitzer und Züchter von «Alpstein» sowie der Sponsorenvertreter Andreas Hablützel (Degussa Goldhandel).
zvg
Der richtige Name von «Alpstein» ist Simon. So steht es im Abstammungsausweis und auf der Stalltafel. Einer findigen Werbeagentur war es aber klar, dass «Alpstein» attraktiver tönt als Simon. Das Siegertier vom Jubiläumsschwingfest soll sich mit einem treffenden Namen für seine Herkunftsregion einsetzen. Dies alles kümmert den Stier und seinen Besitzer wenig. Die Hauptsache ist, dass er weiterhin gesund bleibt und seine grosse Ruhe behält.
Ein Auktionstier
Eine aussergewöhnliche Herkunftsgeschichte könne «Simon» schon vorweisen, meint Reto Rusch und lacht. Er verweist dabei auf dessen Mutter Simona. Diese nahm als Kalb bei einer Auktion an der Ausstellung «Tier und Technik» in St. Gallen teil. Aussergewöhnlich an ihr war ein weisser und gut erkenntlicher Spiegel auf ihrer Stirn, eine selten vorkommende Fellzeichnung. Dieses Merkmal gefiel einem damals fünfzehnjährigen Mädchen derart gut, dass es dieses Kuhkalb an der Auktion ersteigern wollte. Nicole Menet wuchs zwar nicht auf einem Bauernhof auf, verbrachte aber viel Zeit im Stall des Nachbarn Brunner in ihrer Heimatgemeinde Urnäsch.
Mit ihm war sie damals an der Auktion und ersteigerte Simona. Dabei schoss sie zwar über das vorgesehene Finanzlimit hinaus, doch die Freude an diesem Kalb war sehr gross. Längst hat sich dieses Wagnis gelohnt. Nach einigen Jahren Leben im Stall Brunner zügelte das Tier nach Weissbad. Genauso wie ihre Besitzerin Nicole Menet mit ihrem Mann Reto Rusch. Simona ist jetzt im zwölften Lebensjahr und hat bisher neunmal gekalbt. Folglich ist sie stark in der Fruchtbarkeit, weist aber auch sehr hohe Gehaltszahlen auf, und mit einer durchschnittlichen Laktationsleistung von 8000 Kilo bewegt sie sich ebenfalls über dem Schweizer Durchschnitt.
Am 8. September 2024 findet in Appenzell das Eidgenössische Jubiläums-Schwingfest (EJSF) statt. Für die Plätze 1 bis 6 gibt es einen Lebendpreis. «Alpstein» heisst der Stier, der dem Sieger überreicht wird.
Lorenz Reifler
Sennengeist
Ruedi, der Sohn von Nicole und Reto Rusch, weiss viel zu erzählen. Allerhand Begebenheiten im Stall und auf der Alp «Chlii Dreihöttä» sprudeln aus ihm heraus. Gerne würde er übrigens grad auch posieren, falls noch ein Bild vom Stier geschossen nötig sei. Der Bub ist mit Leib und Seele dabei. Ein Brown-Swiss-Stier sei der Simon. Hörner müssten die Kühe tragen. Der Vater von Simon ist Morillo.
Ganz toll sei es gewesen als «Gäässbueb» bei der Alpfahrt vor der Herde zu marschieren. «Dem Stier war es am Anfang zu streng und er kam ordentlich ins Schwitzen. Zum Glück trottete die Herde aber aussergewöhnlich langsam zur Alp hinauf, und Simon schaffte es ohne Mühe», erinnert sich Reto Rusch.
Bald ist es vorbei
Simon kam auf dem Hofvorplatz von Ruschs auf die Welt. Am Anfang herrschte Enttäuschung, dass kein Kuhkalb zur Welt kam. Doch Rusch entschloss sich bald dazu, den kleinen Stier aufzuziehen. So kam es, dass Ruschs wieder einen sprungfähigen Stier hielten. Den grossen Auftritt am Eidgenössischen Jubiläumsschwingfest in Appenzell verdankt er einem Zufall.
Ein in Hofnähe spazierendes OK-Mitglied fragte Reto Rusch, ob er eventuell über einen Stier verfüge, welcher am Schwingfest als Hauptpreis gelten könnte. So kam es, und die Familie Rusch freut sich darauf. «Der Stier weist sowohl im Exterieur als auch im Abstammungsausweis keine gravierenden Fehler auf. Ja, wir sind ein bisschen stolz, und Simon wird auf dem Schwingplatz bestimmt in aller Ruhe vorgeführt werden können!»