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Ein tiefer Riss geht durch den Stall

 

Oberhalb vom Albulatal im Kanton Graubünden rutscht ein Dorf seit über hundert Jahren kontinuierlich hangabwärts. Die Geschwindigkeit nahm in den letzten Jahren dramatisch zu und immer mehr Risse in Haus und Stall bedrohen Existenzen.

 

Über die Festtage und den Jahreswechsel publizieren wir spannende Berichte der vergangenen Monate. Dieser Artikel erschien erstmals am 12. Mai 2021.

 

Das Bergdorf Brienz liegt oberhalb vom Albulatal und macht seit drei Jahren immer wieder Schlagzeilen. Der Brienzer Rutsch bewegt sich hangabwärts, und das immer schneller.

 

Vor 20 Jahren neuen Stall gebaut

 

Georgin Bonifazi ist in Brienz aufgewachsen und hat den Landwirtschaftsbetrieb 1990 von seinen Eltern übernommen. Heute bewirtschaftet er mit seiner Familie knapp 40 ha Land. Weil der Stall irgendwann zu klein wurde, konnte er vor 20 Jahren unterhalb vom Dorfkern einen neuen Stall für seine 25 bis 30 Mutterkühe und zirka 20 Fleischschafe bauen.

 

Schon damals war bekannt, dass sich der Boden bewegt. Aus diesem Grund gab es besondere Bauvorgaben. Der 40 Meter lange Stall wurde in drei Abschnitte unterteilt, mit Dehnungsfugen zur Sicherheit. Auch der Güllekasten unterhalb vom Hauptgebäude, wurde in zwei Kammern aufgeteilt. Bis vor drei Jahren gab es auch keine sichtbaren Bewegungen, doch das hat sich nun massiv geändert.

 

 

1,3 Meter pro Jahr

 

Georgin Bonifazi zeigt auf einen Riss, der mittlerweile über 15 cm breit ist. Dieser Riss verläuft hangparallel durch den gesamten Stall, der Heukammer entlang, durch den 25 cm dicken Betonboden, quer durch den Auslauf. «Früher rutschte es mal 2 Zentimeter und mal mehr, aber in den letzten 5 Jahren hat es rapide zugenommen», sagt Bonifazi und ergänzt, dass die Bewegungen seit dem letzten Herbst bei 1,30 Meter jährlich liegen.

 

Schaut man sich die senkrechten Pfosten im Stall an, sieht man mit blossem Auge, dass keiner von ihnen im Lot steht. Bereits vor 20 Jahren hat man sich bei der Bauplanung für eine Konstruktion entschieden, welche die Hauptlasten im unteren Teil trägt und bei der somit weniger Gewicht auf der oberen Konstruktion liegt. Doch die Kräfte unter der Erde sind gewaltig.

 

 

Boden «schwimmt» talwärts

 

Die Statik wurde vor zwei Jahren zum letzten Mal begutachtet und es kann durchaus so weit kommen, dass der Stall aus Sicherheitsgründen aufgegeben werden muss. Die Untersuchungen der Geologen haben ergeben, dass das Dorf auf einer Gleitschicht liegt, welche sich in einer Tiefe von 154 Metern befindet. Auf dieser Schicht «schwimmt» der Boden mit dem gesamten Dorf hangabwärts. Diese Bewegung bringt nicht nur die Statik von Gebäuden ans Limit, sondern auch die Felder.

 

«Am liebsten gehe ich mähen», sagt Georgin Bonifazi, doch nun sei ihm die Lust vergangen. Der Boden verändert sich so stark, dass immer wieder neue Risse auftauchen. Diese sind für Mensch und Tier eine grosse Gefahr. Denn sichtbar ist die durchwurzelte Grasschicht, die darunter liegenden Risse und Hohlräume erkennt man nicht. Das ist gefährlich, besonders wenn man mit Maschinen im Hang unterwegs ist.

 

Mit Achse im Boden hängen geblieben

 

«Im letzten Herbst bin ich mit dem Transporter mit dem Doppelrad beim Güllefahren eingesunken und dabei mit der Achse am Boden hängen geblieben», erzählt Bonifazi. Zum Glück sei nichts passiert. Familie Bonifazi möchte so lange wie möglich in Brienz bleiben. Ihr Herz und ihre Wurzeln sind hier, wo sie sich ihre Existenz aufgebaut haben. Ein Plan B kommt für sie deshalb nur zum Tragen, wenn mit verschiedenen Ämtern vernünftige Lösungen gefunden werden können.

 

Analog zur Lösung der Kantonalen Gebäudeversicherung, welche die Kosten für den Wiederaufbau der Gebäude an einem anderen Ort vollumfänglich deckt. Ob die eingeleiteten technischen Massnahmen den Rutsch rechtzeitig aufhalten können, wird sich zeigen. Bis dahin bleibt die Zukunft des Familienbetriebs Bonifazi und der anderen etwa 70 Einwohner des Dorfes Brienz/Brinzauls im Ungewissen.

 

Die Strassen um Brienz reissen auf und immer wieder rutschen grosse Felsmassen hinab. Eine Ampel warnt vor grossen Gefahren.
Monika Gerlach

Kommentare (3)

Sortieren nach:Likes|Datum
  • bernd gläßel | 13.05.2021
    wenn das schon 100 Jahre bekannt ist, warum baut man da noch was ??
  • Roland Burtschi | 12.05.2021
    Der ganze Hof geht den Berg runter und die haben probleme mit dem Wolf?
    • Peter Gredig | 30.12.2021
      Was hat das mit dem Wolf zu tun?

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