Erneut droht der Berg über Brienz mit 1,2 Millionen Kubikmeter abgehendem Schuttmaterial. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schuttstrom mit über 80 km/h Geschwindigkeit Teile oder gar das ganze Dorf erreichen könnte, schliessen die Verantwortlichen des Gemeindeführungsstabs nicht aus. Das hat sie zu der angeordneten Evakuation bis am Sonntagmittag veranlasst.
1,2 Millionen Kubikmeter Schutt drohen das Dorf zu zerstören.
VBS
Für die betroffene Bevölkerung, rund 90 Personen, bedeutet das erneut eine grosse psychische Belastung. Dies umso mehr, als diese Evakuation sich bis in den Frühling 2025 erstrecken könnte.
Zwei Grossbetriebe
Für die betroffenen Landwirte, einen Bauer mit Ziegenhaltung und zwei Grossbetriebe mit insgesamt weit über hundert Stück Rindvieh und Kleinwiederkäuer, stellt sich diesmal die Situation deutlich ungünstiger dar als bei der letzten Evakuierung im Mai des letzten Jahres. War 2023 «lediglich» die Zeit von Anfang Mai bis zur Alpfahrt der Tiere Mitte Juni zu überbrücken, so gilt es diesmal, Unterbringungsmöglichkeiten für den ganzen Winter zu finden.
Die Bündner Arena in Cazis, die beim ersten Mal grosszügige Hilfe leisteten konnte, kommt dafür wegen der laufenden Aktivitäten von Handel, Markt und Ausstellungen nicht infrage.
Um die beiden Betriebe in ihren Evakuationsarbeiten zu unterstützen, haben Verantwortliche des Landwirtschaftlichen Beratungsdienstes am Plantahof den Lead bei Suche und Vorbereitung der verschiedenen Unterbringungsmöglichkeiten übernommen. Sie sind in dieser Angelegenheit auch Anlaufstelle für das grosse Medieninteresse.
Die Armee half mit, das Futter abzutransportieren.
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Leerer Stall im Rheintal
Der Abteilungsleiter Batist Spinatsch hat auch Einsitz im Gemeindeführungsstab. Damit ist der Informationsfluss sichergestellt. In der Vorbereitung der Lokalitäten werden die Betroffenen durch Personal des Gutsbetriebs Plantahof unterstützt. Die in Laktation stehenden Kühe der Familie Liesch haben auf einem Betrieb im Bündner Rheintal, der vor wenigen Wochen seine Milchproduktion aufgegeben hat, eine neue Bleibe gefunden. Anspruchsvoll gestaltet sich die Angewöhnung der Kühe an den Melkroboter.
Für die übrigen Tierkategorien, bestehend aus Jungtieren der Milchviehherde und einer Mutterkuhgruppe, konnten Unterbringungsmöglichkeiten bei Landwirten in der näheren Umgebung von Brienz gefunden werden.
Die 38 Mutterkühe mit Jungtieren und eine kleine Gruppe von Schafen mit drei Eseln haben in den leer stehenden Stallungen des Gutsbetriebs beim Schloss Marschlins Platz gefunden. Sie werden von der Tierhalterfamilie Bonifazi selbst betreut. Unterstützt werden sie dabei von ihrem Schwager. Um das ständige Pendeln zu umgehen, zügelt die Familie in eine vom Plantahof zur Verfügung gestellte Personalwohnung.
Eine Herausforderung
Eine weitere, vor allem personelle und logistische Herausforderung stellte sich den Verantwortlichen im Zusammenhang mit den Futterkonserven. So galt es auf dem Betrieb Bonifazi 1200 m3 Dürrfutter in Grossballen zu pressen und zusammen mit 100 Grassilo-Rundballen nach Landquart zu bringen.
Auch auf dem Betrieb Liesch lagerten 1000 m3 Dürrfutter. Das in Grossballen gepresste Heu und gar 400 Grassiloballen waren auf die verschiedenen neuen Unterbringungsstellen zu verteilen. Für diese Transporte konnte auch auf die Unterstützung mit Armeefahrzeugen zurückgegriffen werden.
Alle diese umfangreichen Arbeiten konnten gerade noch vor dem angesagten Wintereinbruch in Gaubünden abgeschlossen werden.
Reicht das Futter für die Tiere aus, oder sind die betroffenen Betriebe auf Futterspenden angewiesen?
Falls ja, wo könnten Betriebe, die Unterstützung anbieten möchten sich melden?