Während den Festtagen präsentieren wir euch in regelmässiger Folge Artikel, die 2023 auf reges Interesse gestossen sind. Dieser Artikel wurde am 17. Juli 2023 erstmals publiziert.
Seit über 35 Jahren züchtet Benjamin «Bängi» Kalbermatter aus St. Niklaus VS Eringer-Kühe. «Von Anfang an aus derselben Zuchtlinie», betont er stolz. Regelmässig nahm er mit seinen Kühen an Ringkuhkämpfen teil, an denen er schon viele Treicheln gewonnen hat.
Dreiviertelstunde Kampf
Am diesjährigen «Kantonalen», wie das nationale Ringkuhkampf-Finale umgangssprachlich oft genannt wird, wäre ihm die höchste Auszeichnung beinahe durch die Lappen gegangen. Doch dann erwies sich sein Los-Pech als Glücksfall. «Sonst hätten womöglich noch zwei Schwestern gegeneinander antreten müssen», meint Kalbermatter und schmunzelt.
Rückblick: Am nationalen Finale in Aproz VS qualifizierte sich seine Mesquinio für die Finalrunde der Kategorie III mit den leichteren Kühen. Doch dann kämpfte sie eine Dreiviertelstunde lang gegen eine einzige Gegnerin – bis sich deren Besitzer auf ein Unentschieden einigten, sodass beide ex aequo Zweitplatzierte wurden.
Das Los hat entschieden
Per Los wurde entschieden, welche der beiden um den Titel «Königin der Königinnen» kämpfen darf. Beim Finale treten noch einmal die Königinnen der Gewichtskategorien I bis III sowie die Königin der Erstmelk-Tiere gegeneinander an. Mesquinio hatte dabei das Nachsehen.
In der nächsten Kategorie II trat Mélodie an. Sie brauchte kein Los-Glück, um ihre Kategorie zu gewinnen. Obschon Mélodie nicht die schwerste Kuh war, siegte sie auch beim abschliessenden Duell und wurde die neue nationale Königin.
«Es ist schon etwas Besonderes, wenn man es bei einem so kleinen Bestand, einschliesslich Kälber nur zwölf Tiere, schafft, das Kantonale zu gewinnen», freut sich Kalbermatter. Mesquinio und Mélodie haben denselben Vater und dieselbe Mutter, sind also Vollschwestern. Mélodie ist ein Jahr älter, 2015 geboren.
Kleinst-Bergbetrieb
Kalbermatter sieht sich als Hobbybauer, obschon er für seinen knapp 6 Hektaren kleinen Betrieb auch etwas Direktzahlungen bekommt. Im Übrigen arbeitet er Vollzeit im Forst. Mehr würde in St. Niklaus, im tiefsten Tal der Schweiz mit oft sehr steilen Flächen, nicht drinliegen. Selbst für seinen Kleinstbetrieb ist er auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen.
«Hätte ich diese Unterstützung nicht, hätte ich mit 50 auf zwei Kühe reduziert», erzählt Kalbermatter, inzwischen 59-jährig. Dass er nicht reduziert hat, obschon er frühmorgens etwa eine Stunde und abends 2 bis 2½ Stunden im Stall verbringt, liegt an seinem Neffen Joey Kalbermatter und an seinem Schwiegersohn Pascal Lorenz, die beide in Vollzeit als Schichtarbeiter beim Chemiekonzern Lonza in Visp tätig sind. Beide besitzen ein grosses Interesse an den Eringern. Sie denken sogar über einen Stallneubau nach.
Tiere gehen z Alp
Gegenwärtig nutzt Kalbermatter einen alten und kleinen Anbindestall, der laufend um- und ausgebaut wurde, um sich stetig den sich ändernden Vorschriften anzupassen. Statt die Kühe zu melken, lässt Kalbermatter die Kälber am Euter ihrer Mutter saugen. «Seit ich die Kälber saugen lasse, muss ich nur noch selten den Tierarzt kommen lassen», sagt er.
Derzeit befinden sich seine Tiere auf drei Alpen im Unter- und im Oberwallis. Ein paar Kühe stehen auf einer Alp im Val d'Anniviers, die Jungtiere im Val d'Hérens, Mélodie und Mesquinio befinden sich seit Ende Mai zusammen mit einer dritten Kuh sowie vier Kühen anderer Besitzer auf der Alp Almagellerfurgge oberhalb von Saas-Almagell. Eine kleine Herde, in der sich Mélodie bereits als Alpkönigin durchgesetzt hat.
Eigene Gen-Reserve
Den Sieg am Kantonalen sieht Kalbermatter als Lohn für seine jahrelange, harte Arbeit. Ihm ist bewusst, dass ein Stierkalb von Königin Mélodie heute sehr gefragt sein könnte. Trotzdem betont er: «Den würde ich selbst behalten.» Er hat es immer schon so gehandhabt. Stiere führte er am Zuchtstiermarkt auf, der jeweils Ende Oktober in Châteauneuf stattfindet, dann liess er sie zu Hause absamen und bewahrte die Samendosen zum Teil jahrelang auf. Wenn der Besamer kommt, gibt er diesem somit den jeweils passenden Samen aus der eigenen Gen-Reserve. Weder kauft er Samen, noch verkauft er welchen. Er tausche nur manchmal mit anderen Züchtern aus.
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