Im Jahr 1994 hat Ewald Schafer in seiner Käserei im freiburgischen Cressier den ersten Laib Mont-Vully hergestellt. Heute produziert er 200 Tonnen jährlich, wovon etwa 15 Prozent in den Export gehen.
Die Dörfer in den sprachlichen Grenzregionen haben meist Doppelnamen. So wird auch das zwischen Freiburg und Murten gelegene Cressier auf Deutsch Grissach genannt. Für den Käseliebhaber wird dieses Dorf aber noch mit einem anderen Namen in Verbindung gebracht, nämlich mit dem des Mont-Vully. Dies aber nicht, weil Cressier an dem so genannten Hügelzug nördlich des Murtensees liegt, sondern weil Ewald Schafer seinen Käse so benennt.
Folgte seiner Leidenschaft
Nach der Ausbildung zum Käser und Ingenieur HTL folgte Schafer seiner Leidenschaft und übernahm 1993 die Käserei in Cressier. Damals wurde noch vorwiegend Emmentaler AOP hergestellt. Da Schafer aber einen Käse mit starkem regionalen Bezug produzieren wollte, beschloss er, einen eigenen Käse zu entwickeln, dem er den Namen Mont-Vully gab.
Bereits ein Jahr später ist der erste Laib entstanden. Das war vor 28 Jahren. Heute bietet er neben dem Mont-Vully Classique auch den Mont-Vully Réserve und den Mont-Vully Bio an.
Mit Rotwein affiniert
Das Besondere an diesem Halbhartkäse ist, dass die Laibe mit Pinot noir eingerieben werden, der von den Rebbergen des Mont-Vully stammt, der nur wenige Kilometer Luftlinie von Cressier entfernt liegt. Während der Reifung im Keller wird jeder Laib mehrmals wöchentlich mit diesem Rotwein eingerieben. «Der Wein ist dabei keine Zutat, vielmehr ein Gewürz. Die Affinage mit Rotwein fördert das Gesamtaroma und passt dann auch gut zum Produkt», erklärt Schafer.
Nach dem Abschluss der Affinage erhält der Käse dann noch einen letzten Schliff, oder besser gesagt ein Make-up. Schafer reibt seine Käse mit verschiedenen Farbstoffen ein, die ihnen eine jeweils charakteristische Farbe geben. So verleiht der Farbstoff der südamerikanischen Annatto-Pflanze dem Mont-Vully Classique seinen orangefarbigen Teint.
Schafer benutzt den Farbstoff aber nur, um die Oberfläche einzufärben. «Ich sage immer, dass wir den Käse schminken», sagt er und schmunzelt. Der Mont-Vully Reserve erhält seine dunkle Farbe durch einen Farbstoff auf Kohlebasis. Die dritte Variation, der Mont-Vully Bio, wird hellbraun eingefärbt. Dieser Biokäse macht die Hälfte seiner Produktion aus, für die er täglich 6000 Kilo silofreie Milch verarbeitet.
Geschütztes Logo
Auch einzigartig für den Mont-Vully sind die in die Käserinde eingravierten Freiburger Wappen und Trauben. Es ist diese Gravur, die den regionalen Bezug symbolisiert. Für Schafer war es bei der Übernahme des Betriebs undenkbar, weiterhin Emmentaler herzustellen.
Für ihn passte dieser Käse einfach nicht ins Freiburgerland. So erfand er den Mont-Vully und begann die Produktion langsam umzustellen. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten. Die Nachfrage nach dem Mont-Vully stieg so stark an, dass Schafer die Emmentalerproduktion bereits vier Jahre später einstellen konnte. Die Produktion des Mont-Vully wuchs zwischen 1996 und 1997 um unglaubliche 650 % auf 39 Tonnen pro Jahr.
Mit diesem Erfolg kamen aber auch die Neider, die seine Idee zu kopieren begannen. Schafer sah sich gezwungen, seinen Käse schützen zu lassen. Den Namen konnte er zwar nicht schützen, weil dieser eine Region bezeichnet, dafür aber die Gravur auf dem Käse. In den Folgejahren nahm die Produktion weiter stetig zu, bis sie sich auf den heutigen Stand von 200 Tonnen eingependelt hat.
Mit Preisen geehrt
2003 kam zum Mont-Vully Classique dann der Mont-Vully Bio und Mont-Vully Réserve hinzu. Mit diesem Trio begann Schafer dann das Fachpublikum für sich einzunehmen. 2006 wurde an den Swiss Cheese Awards erstmals ein Gesamtsieger gekürt. Es war Ewald Schafer, der mit dem Bio als erster Swiss Cheese Champion ausgezeichnet wurde.
Aber auch international fand er Anerkennung. Am grössten Käsewettbewerb in Wisconsin USA wurde der Classique 2018 in seiner Kategorie mit Silber ausgezeichnet. Der Bio holte unter allen 3400 eingereichten Käsen aus der ganzen Welt sogar die Bronzemedaille.
Auch dieses Jahr hat Schafer in Wisconsin in der Kategorie «mit Alkohol gewaschene Rinde» wieder abgeräumt. Mit seinem Mont-Vully-Trio hat er gleich den ganzen Medaillensatz gewonnen. Der 6 bis 8 Monate gereifte Réserve gewann dabei Gold.
Übrigens, der Mont-Vully wird auf Deutsch Wistenlacher genannt. Wie so oft in der Kulinarik scheint sich auch hier die französische Bezeichnung für den Namen eines genussvollen Produktes besser zu eignen.
