Die dritte Rhonekorrektion, wie sie bis heute vorliege, sei ein «Fünf-Sterne-Projekt», das die Sicherheitslatte «sehr, sehr hoch» anlege, aber auch «alarmistisch» sei, sagte Raphaël Mayoraz, Chef der Walliser Dienststelle für Naturgefahren, am Dienstag an einer Medienkonferenz in Sitten. Das Projekt rechne beispielsweise «mit einem Bruch aller Dämme in einem einzigen Hochwasserereignis», was seiner Meinung nach ein Schreckgespenst sei.
Der Gestaltungsplan der dritten Rhonekorrektion gehe zudem «viel weiter» als die vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) festgelegten Ziele, hielt Mayoraz weiter fest. Zusammengefasst könne man sagen, dass «unwahrscheinliche Szenarien» entwickelt und zu hohe Schäden prognostiziert worden seien. Der Kanton Wallis sei heute der Ansicht, dass das Projekt «zu ehrgeizig» und «unverhältnismässig» sei.
SVP-Staatsrat Franz Ruppen erinnerte daran, dass die Regierung 2022 aufgrund eines dringlichen Postulates im Grossen Rat eine Analyse in Auftrag gegeben hatte. Diese sollte feststellen, ob das Projekt in seiner jetzigen Form noch geeignet ist, um den aktuellen und künftigen Herausforderungen und Bedürfnissen gerecht zu werden.
Heute müsse man festhalten, dass sich das Umfeld seit der Lancierung des Projektes im Jahr 2000 und dem Beginn der Arbeiten im Jahr 2009 «stark verändert» habe, hielt der Vorsteher des Departements für Mobilität, Raumentwicklung und Umwelt fest.
Anpassungen an verändertes Umfeld
Eine Arbeitsgruppe werde nun die Aufgabe haben, die Revisionsarbeiten zu leiten und einen detaillierten Zeitplan zu erstellen, erklärte Ruppen weiter. Dabei gehe es nicht darum, auf die Fehler der Vergangenheit hinzuweisen, sondern nach vorne zu schauen.
Der Bericht sei auch kein «Stopp» für das Projekt: «Wir fangen nicht bei Null an, einige Massnahmen werden weitergeführt und andere neu ausgerichtet», fügte Mayoraz hinzu.
Die Arbeitsgruppe wurde beauftragt, die Grunddaten des Hochwasserschutzes zu aktualisieren, um das Projekt «unter Einbezug einer zeitgemässen Konzeption der Sicherung und Revitalisierung des Flusses anzupassen». Neben einer Neubewertung des Schadenpotenzials soll sich die Arbeitsgruppe einen Überblick über den aktuellen Zustand der Dämme verschaffen, dem integrierten Risikomanagement Rechnung tragen oder ökologische, sozioökonomische und finanzielle Aspekte berücksichtigen.
Was die Kosten betrifft, hält der Bericht fest, dass darin Beträge in der Grössenordnung von mehreren hundert Millionen Franken nicht enthalten sind.
Mehr als fünf Milliarden Franken nötig
Die bisher genannten Kosten für die dritte Rhonekorrektion belaufen sich auf 3,6 Milliarden Franken. «Aber in Wirklichkeit sind es mehr als fünf Milliarden», präzisierte der Chef der Dienststelle für Naturgefahren. Im Kostenvoranschlag nicht enthalten seien beispielsweise die Verbesserung des Zugangs zur Rhone für die Bevölkerung, die Dekontaminierung der verschmutzten Standorte oder auch die Ausgleichsmassnahmen für die Fruchtfolgeflächen.
Die dritte Rhonekorrektion ist das bisher grösste Hochwasserschutzprojekt der Schweiz. Das Areal erstreckt sich über 162 Kilometer von Gletsch bis zum Genfersee. Die Gesamtkosten verteilen über 30 Jahre und werden zu drei Vierteln vom Bund getragen. 2019 gewährte die Eidgenossenschaft einen Kredit von 1,022 Milliarden Franken zur Weiterführung der Arbeiten.