Ende Juni gings auf die Alp Grosse Combe: Alena Matti (Stattermädchen), Käthi Rast, Kurt von Grünigen, Rémy und Sonja Turrian.
Vereni Müllener
Schlechte Wetteraussichten bescherten Sonja und Rémy Turrian mit ihrem Alpteam einen extrem langen und strengen Zügeltag. An einem Tag wurde alles erledigt, was ursprünglich für zwei Tage geplant war. Fürs Erste mussten die Rinder aus dem Schnee geholt werden.
Im Talbetrieb Flendruz die Melkmaschine einrichten, Weidezäune erstellen, Weidebrunnen einrichten, all diese Vorbereitungen mussten getroffen werden, bevor mit den 35 Kühen im Bruch zum zweieinhalbstündigen Alpabzug gestartet werden konnte.
70 Tiere betreut
Zusammen mit den beiden Buben Nino (3½ Jahre) und Yann (2 Jahre) verbrachte die Familie 105 Tage auf den Alpen Bruch (1558mü.M.) und Grosse Combe (1700–2030mü.M.) im Grischbachtal auf Waadtländer Boden. Mit der Hilfe von Kurt von Grünigen und Käthi Rast wurden 35 Kühe, 25 Rinder und bis zuletzt 10 Kälber betreut.
Das nasskalte Wetter im Juni forderte alle Familienmitglieder sehr. Morast war allgegenwärtig, Menschen und Tiere wurde mehr, als es gerade angenehm war, durchnässt. Die warmen Plätzchen am offenen Feuer in der Käseküche oder um den riesigen Holzkochherd der Wohnküche waren immer wieder belegt von Kleidern, Stiefeln und Schuhen, die getrocknet werden mussten.
Futter einbringen
Die Alpkäserei funktionierte von Anfang an gut. Die Arbeiten in der Sennerei können bei jedem Wetter erledigt werden und lenken den Bauern von seiner zusätzlichen Aufgabe, im Tal Heu für den Wintervorrat zu konservieren, ab. Mit der Zeit wurden die Gesichter jedoch immer länger und die Blicke auf die Wettervorhersagen nervöser, denn das Heu wurde langsam, aber sicher überreif.
Als der Sommer sich dann doch noch meldete, konnte viel Futter eingebracht werden. Damit verspätete sich der zweite Schnitt und verkürzte die Zeit für das Wachstum der Emdweide. Dank guten Wachstumsbedingungen in den letzten Wochen können sich Turrians Red-Holstein- und Holsteinkühe nach der Alpabfahrt genüsslich die Bäuche vollschlagen.
Warme Stube
Am 22. Juni wurde für sechs Wochen auf die höher gelegene Combe gezügelt. Noch einmal war es nass und kalt. Die sehr einfache Wohneinrichtung hat wohl angenehme Schlafgemache unter dem Dach, aber eine warme Stube für Kinder und andere kälteempfindliche Menschen sucht man vergebens. Alles in allem bezeichnen Turrians den vergangenen Alpsommer als sehr gut. Drei Kälber wurden geboren, ohne dass ein Tierarzt nötig wurde.
Alpabzug Familie Remy und Sonja Turrian
Vereni Müllener
Dass nicht alle Kühe wunschgemäss trächtig wurden, sieht Rémy Turrian eher als Züchterpech denn als Folge von Witterungseinflüssen. «Einen grossen Vorteil hat das nasse Wetter, es war immer und überall genügend Wasser vorhanden, sei es für die Melkanlage, die Käseküche oder für all die Tiere», betont die engagierte Bäuerin. Obwohl sie den Sommer auf der Alp jeweils sehr geniesst, freue sie sich, wenn es nach der arbeitsintensiven Zeit um sie und ihre Familie wieder ruhiger werde. Die zu erwartende geruhsamere Zeit hat dieses Jahr noch eine besondere Bedeutung, freut sich die junge Familie doch auf ihr drittes Kind.
Familienbetrieb
Das Alpteam besteht aus den Betriebsleitern Rémy und Sonja Turrian, unterstützt werden sie von Sonjas Vater Kurt, dem Eigentümer der beiden Alpen. Bereits als Schulknabe verbrachte Kurt von Grünigen jeden Sommer z Bärg und bewirtschaftete später die Senntümer auf eigene Rechnung, zusammen mit seiner Frau Bethli und ihren drei Kindern.
Nach dem unerwarteten Tod von Kurt von Grünigens Frau stand ihm seine Schwägerin Käthi Rast während sechs Sommern hilfreich zur Seite. Als die Tochter Sonja und ihre Familie vor zwei Jahren in die Fussstapfen von mittlerweile Grosspapa Kurt traten, änderten zwar die Aufgaben von Käthi Rast und Kurt von Grünigen. Die Hilfe der beiden auf dem Feld, in Stall, Küche und Haus sind nach wie vor tragende Elemente des Familienbetriebs.
Die Herde läuft durch das Dorf Rougemont
Vereni Müllener
Sechs Tonnen Käse
Mit ihrer Beziehung zueinander überbrücken Rémy und Sonja Turrian den Röstigraben zwischen den Kantonen Waadt und Bern. Ihre Betriebsflächen befinden sich in Schönried BE und Flendruz VD, wo sie ihren Wohnsitz haben. Bei der Sömmerung wird der Herkunft der beiden ebenfalls Rechnung getragen: im Bruch fertigt Rémy Turrian Etivaz-Käse, wie er es bei seinem Vater gelernt hat, in der Combe entsteht, wie in Sonjas Turrians Heimat, Berner Alpkäse AOP.
Nun reifen zirka sechs Tonnen Käse in den beiden Reifungslagern Gstaad und Etivaz zu erstklassigen Alpprodukten heran.