Bange Momente für Nadine, Reto und Dario Walker (v.l.), inzwischen am Emden. Als der Waldbrand ausbrach, waren sie damit beschäftigt, Öko-Heu einzubringen.
Christian Zufferey
Es war am Montag, 17. Juli, am späteren Nachmittag. Familie Walker war damit beschäftigt, das Heu von Ökoflächen einzubringen, die erst ab dem 15. Juli gemäht werden dürfen. Das Gras war praktisch stehend dürr. Nicht weit entfernt, brannte der Wald. Der starke Wind trug dazu bei, dass sich das Feuer rasend schnell ausbreitete.
Ein einziger Funken hätte genügt, um auch noch mehrere Hektaren Wiesen in Vollbrand zu setzen. «Da sieht man deutlich, wie gefährlich Öko-Heu werden kann», sagt Reto Walker, Landwirt aus Ried-Mörel, knapp einen Monat nach dem Waldbrand oberhalb von Bitsch VS. Seine Frau, Nadine Walker, ist Co-Präsidentin der Oberwalliser Bäuerinnen.
Vorsorglich den Stall nass gespritzt
Bauern wurden von der Feuerwehr daher angewiesen, unverzüglich ihre Berieselungsanlagen in Betrieb zu nehmen, um die Wiesen mit dem noch nicht gemähten Heu nass zu spritzen. Reto Walker nahm auch den Spritzer über seinem Stall in Betrieb – mit Platz für 24 Milchkühe, die bis auf drei Tiere auf der Alp waren.
Ihr Stall befindet sich zwischen dem Dorf Ried-Mörel und dem Weiler Oberried, dessen Evakuierung schon am Nachmittag nötig wurde. Denn das Feuer breitete sich unkontrolliert und sehr rasch weiter aus und bedrohte auch bewohntes Gebiet. So hat Walker die Fassade seines Stalls nassgespritzt, und die Heubelüftung ausgeschaltet, während nur wenige 100 Meter davon entfernt ein Baum nach dem anderen Feuer fing.
«Die Hitze des Feuers war um uns herum deutlich spürbar, weil der Wind die heisse Luft regelrecht zu uns runter drückte», erinnert sich Walker. Noch um 22.00 Uhr abends dürften die Temperaturen bei gefühlten 45 Grad gelegen haben, schätzt er.
«Wir konnten uns aufeinander verlassen»
Walker, der selbst bei der Feuerwehr ist, wurde aufgeboten, den Waldbrand auch vom Boden her zu bekämpfen, was aufgrund der gefährlichen Situation nicht immer möglich war. Ausgerüstet mit Atemschutz-Masken, am ersten Abend auch noch mit Sauerstoff, weil das Atmen schwer fiel. Angst hatte Walker nicht.
«Wir sind nicht blindlings in die Gefahr hinein gerannt. Wir blieben wachsam und gingen mit Respekt an die Arbeit – und weil wir einander gut kennen, konnten wir uns aufeinander verlassen», schildert Walker seine Erlebnisse. Doch es sei eindrücklich gewesen zu beobachten, wie die Bäume von innen her verbrannten und regelrecht explodierten. «Verkohlte Baumresten fanden wir später mitten im Dorf», erzählt Walker.
Mit Wärmebildkameras unterwegs
Reto Walker erzählt weiter: «Mit Wärmebildkameras haben wir heisse Stellen aufgespürt, haben den Boden dort etwa 10 bis 20 Zentimeter tief aufgegraben und mit viel Wasser aber nicht zu viel Druck eingeschwemmt.» Nicht selten gingen einige 100 Meter weiter die nächsten Bäume in Flammen auf – die Stichflammen schossen meterweit in den Himmel. Es war nicht immer möglich, den Waldbrand vom Boden her zu bekämpfen.
Als die Tage darauf Feuerwehren aus dem Oberwallis und aus anderen Teilen der Schweiz eingetroffen waren, konnte sich Walker ab Donnerstag darum kümmern, das am Montag liegen gelassene Heu einzubringen und das noch stehende Öko-Heu rasch zu mähen.
Sperrzone eingerichtet
Inzwischen ist der Waldbrand Geschichte, aber bei vielen immer noch präsent. Die Strassen von Bitsch über Ried-Mörel nach Oberried sind seit Anfang August wieder offen. Die Wanderwege um das Riederhorn, darunter auch die Massaschlucht, bleiben allerdings gesperrt. Wer die von den Behörden eingerichtete Sperrzone im Waldbrandgebiet betritt, muss mit einer Busse rechnen. Da es jederzeit wieder brennen kann, steht ausserdem noch ein grosses Löschwasserbecken bereit.
Walkers sind inzwischen damit beschäftigt, auch das Emd einzubringen. Reto Walker spricht von viel Glück im Unglück. So wurde zwar der Brauchwald stark beschädigt oder zerstört – die Folgen dürften noch jahrzehntelang zu spüren sein. Der Schutzwald über dem Dorf blieb aber intakt. «Wäre dieser in Brand geraten, wären wir nach der Evakuation unseres Dorfes wohl nicht mehr nach Hause zurückgekehrt», meint Walker. Es ist letztlich der Wald, der das Dorf Ried-Mörel vor Steinschlag schützt.
Der «Schweizer Bauer» hat verschiedentlich über den Waldbrand im Wallis berichtet:
- Waldbrand: Armee verlängert Hilfe im Wallis
- Waldbrand Bitsch: 132 Hektaren betroffen
- Löschhelikopter im Walliser Waldbrandgebiet