Der Kanton Wallis sagt Nein zu einem beschleunigten Verfahren für den Bau von grossen Solarkraftwerken in den Alpen. Das grösste dieser Projekte ist «Grengiols-Solar» . Die Stimmbevölkerung hat am Sonntag, 10. September, ein Dekret der Kantonsregierung mit 53,94 Prozent abgelehnt. Die Stimmbeteiligung lag bei knapp 36 Prozent.
Das Abstimmungsergebnis zeigt eine deutliche Spaltung entlang der Sprachgrenze. Während die französischsprachigen Unter- und Mittelwalliser das dringliche Gesetz mit über 61 Prozent der Stimmen verwarfen, nahmen es die Oberwalliser mit einem Ja-Anteil von fast 68 Prozent Ja an.
Das vom Kanton verfasste Dekret hätte bewirkt, dass es nur noch einmal möglich gewesen wäre, Einsprache zu erheben. Und auch wenn diese Einsprache eingereicht worden wäre, hätte das das Projekt trotzdem weitergehen können, bis ein definitiver Entscheid vorgelegen wäre.
Die Walliser Stimmbevölkerung hat sich nun knapp gegen dieses Dekret «über das Bewilligungsverfahren für Photovoltaik-Grossanlagen» entschieden. Die Realisierung von alpinen Solarprojekten im Wallis wird dadurch verzögert, ja vielleicht gar verhindert.
«Solarexpress» wird abgebremst
Im Kanton Wallis sind zurzeit rund ein Dutzend alpine Photovoltaik-Projekte in Planung. Ein Grund für diesen Solar-Run auf die Walliser Alpen mag auch der sein, dass der Bund bis zu 60% der Kosten für die Solaranlagen übernimmt. Die Fristen dafür sind jedoch eng gesteckt. Denn wer von den Bundesgeldern profitieren will, muss die Anlage bis Ende 2025 zumindest teilweise ans Stromnetz anschliessen.
Um auf diesen «Solarexpress» aufspringen zu können, hat das Walliser Kantonsparlament deshalb im Februar 2023 entschieden, das Bewilligungsverfahren zu beschleunigen. Gegen diesen Entscheid haben die Grünen, Umweltverbände und die Unterwalliser SVP das Referendum ergriffen.
Die Gegner des parlamentarischen Dekrets führen vor allem an, dass die Projekte zuerst gut durchdacht werden sollten, um auch den ökologischen Aspekten gerecht zu werden. «Es wird gebaut, was am schnellsten ist, nicht was am sinnvollsten für die Umwelt und das Portemonnaie ist», sagte Brigitte Wolf, Co-Präsidentin der Grün, dem «Blick». Der Kanton bringt zwar Verständnis für dieses Anliegen auf, verweist jedoch darauf, dass der Bund diese zeitlichen Vorgaben mache.
Der «Schweizer Bauer» hat im Vorfeld über das Referendum gegen das kantonale Dekret berichtet.
War es ein grundsätzliches Nein?
Bei der Abstimmung ging es nur um die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren. Es ging also nicht um die Frage, ob Solaranlagen in den Alpen grundsätzlich erlaubt oder verboten werden sollen. Das Abstimmungsresultat kann jetzt aber doch auch so interpretiert werden, dass die Walliser Stimmbevölkerung den alpinen Solarprojekten kritisch gegenübersteht. Der ökologische Aspekt scheint dabei eine Rolle zu spielen.
Trotz dem Nein bleiben die bestehenden Baugesuche weiter bestehen. Doch es sind jetzt mehr Einsprachen möglich. Die Realisierung der grossen Solarprojekte in Grengiols oder Gondo dürfte sich verzögern. Wie lange deren Realisierung verzögert wird hängt auch davon ab, wie viele Einsprachen eingehen werden. Vermutlich werden die Umweltverbände diese Möglichkeiten ausschöpfen.
Freude bei den Gegnern
Freude bei GegnernSie reagierten erfreut auf das Abstimmungsresultat. Die Grünen des Kantons Wallis schrieben auf der vormals als Twitter bekannten Plattform X, das Ergebnis sei ein «Sieg des gesunden Menschenverstandes über die Profitgier». Der Präsident der Grünen Schweiz, Balthasar Glättli, schrieb auf derselben Plattform, ein schneller und intelligenter Ausbau der Solarenergie klappe nur dann, wenn man auf und neben bestehender Infrastruktur vorwärts mache.
«Es ist ein Votum des gesunden Menschenverstandes, mit einer Interessenabwägung, welche die Behörden nicht vorgenommen haben», sagte Jérémy Savioz, Geschäftsleiter von Pro Natura Wallis, gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Kantone gehen unterschiedliche Wege
Die Abstimmung zu solchen Grossprojekten in der alpinen Landschaft fand über die Kantonsgrenzen hinaus Beachtung. Es war ein erster Test, wie die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zum «Solarexpress» des Bundes stehen.
Denn auch in weiteren Landesteilen der Schweiz dieser zu einer gesteigerten Nachfrage nach hochalpinen Standorten für Photovoltaikanlagen geführt. Die einzelnen Kantone wählen jedoch andere Wege für die Umsetzung der Solaroffensive. Im Kanton Bern zum Beispiel erarbeiten die zuständigen Ämter im Austausch mit Umweltverbänden und weiteren Interessengruppen eine Standort-Liste für alpine Solarparks.
Der Kanton Bern könnte diesbezüglich eine Vorbildrolle übernehmen, hiess es in einer Reaktion der Schweizerischen Energiestiftung (SES) auf das Abstimmungs-Nein im Wallis. Die Ablehnung des Solardekrets sei ein Zeichen dafür, dass bei der künftigen Planung von Solaranlagen im Gebirge die Umweltkriterien von zentraler Bedeutung seien.